Im Abschieds-Match von Rekord-Spielerin Nina Burger zeigten die ÖFB-Frauen gegen den Olympia-Zweiten Schweden eine Stunde lang eine starke Leistung, nach einem hochgradig vermeidbaren Gegentor konnte aber Schweden nachsetzen und Österreich gut kontrollieren. Am Ende steht für Österreich eine 0:2-Niederlage, die nicht sein hätte müssen.
Personal und Formationen
Bei Österreich gab Nina Burger ihre Abschiedsvorstellung, die bekam als Solo-Spitze nach rund 20 Minuten für Billa den gebührenden Abschieds-Applaus. Österreich spiele in Ballbesitz in einem 4-3-3. Zadrazil und Feiersinger agierten im Mittelfeld auf der Acht, die junge Julia Hickelsberger absolvierte auf der rechten Außenbahn ihr erstes Heimspiel; Dunst durfte links ran.
Schweden pendelte in der WM-Quali zwischen 4-4-2 und 3-4-3, in diesem Spiel stellte Peter Gerhardsson ein 4-2-3-1 auf – wohl auch, weil ihm die Stürmerinnen Rolfö, Larsson und Blackstenius krank bzw. verletzt fehlten. Ganz vorne bekam die junge Anvegård den Einsatz, Asllani spielte auf der Zehn und die Jubilarin Jakobsson in ihrem 100. Länderspiel auf der linken Außenbahn.
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Was bei Österreich auffiel
Schnelles Umschalten. Da die Schwäche Schwedens im Mittelfeld ein weithin bekannter Umstand ist, legten die ÖFB-Frauen den Fokus auf diesen Bereich. Hier wurden die Bälle gewonnen und auch schnell vertikal abgespielt. Man wollte sich gar nicht lange im Mittelfeld aufhalten, sondern die fehlende Kompaktheit bei Schweden nützen und die Tempo-Vorteile der eigenen Offensivkräfte ausnützen. Das funktionierte vor allem in der ersten halben Stunde hervorragend.
Defensiv andere Formation. In den seltenen Fällen, in denen Schweden längere Ballbesitzphasen hatte, stellte sich Österreich in einem klaren 4-4-2 entgegen, mit Burger bzw. Billa und Feiersinger an vorderster Front. Situativ rückte auch Puntigam vom Mittelfeld in die Abwehrkette. Es fehlte Schweden an Spielwitz, durch die beiden engen Ketten durchzukommen.
Probleme nach dem Rückstand. Nach dem in seiner Entstehen recht ärgerlichen Gegentor bekamen die ÖFB-Frauen zunehmend Probleme. Es wäre aber zu billig, das rein auf einen psychischen Knacks zu schieben. Schweden agierte nach einigen Wechseln höher und dank der relativ jungen Zigiotti (im Zentrum) und Janogy (auf Außen) auch viel flinker als zuvor. Allerdings: Auch die eigenen Gegenstöße wurden wesentlich weniger genau und weniger schnell vorgetragen wie noch vor dem Gegentor.
In der Abwehr wurde es luftig. Schon in der ersten Halbzeit profitierte die ÖFB-Abwehr einige Male davon, dass Schweden ungenau und umständlich agierte. Nach dem Gegentor wurde es in der Defensive aber zuweilen besorgniserregend luftig. In den letzten ein, zwei Jahren gab es diverse Gegentore, die man sich eher selbst machte. Das war auch beim 0:1 gegen Schweden so und gerade in der Schlussphase ließ man zunehmend die Struktur vermissen. So entstand das 0:2, so hätte Janogy in der Nachspielzeit sogar beinahe noch das 0:3 erzielt.
Was bei Schweden auffiel
Null Zugriff im Mittelfeld. Wie schon bei 1:2 gegen Deutschland ein paar Tage zuvor war auch diesmal das Mittelfeld der deutlich schlechteste Mannschaftsteil bei Schweden. Es gelang überhaupt nicht, irgendeine Form von Zugriff zu bekommen. Ballverluste gegen die giftigen Österreicherinnen können immer passieren. Aber es wurde der Ballführenden auch nie geholfen, entgegen gegangen, auch gab es kein Gegenpressing und kein nennenswertes defensives Umschalten. Hier verlorene Bälle waren sofort in Strafraumnähe – mit Tempovorteilen bei Feiersinger gegenüber Fischer.
Null Abstimmung im Mittelfeld. Dass im Mittelfeld nichts ging, galt aber auch in der Gegenrichtung. Wer immer bei Schweden hier den Ball hatte, war oft arm – es gab kein Freilaufen, fast immer versteckten sich die Mitspielerinnen im Deckungsschatten und es mussten Risiko- oder Zauberpässe her, um nach vorne zu kommen.
Kompakt hinten und schnell vorne. Sobald Schweden im Strafraum verteidigen konnte, fühlte man sich sichtlich wohler. Hier wurde schnell Überzahl in Ballnähe hergestellt und zugemacht. Sobald man Österreich abgebremst hatte, war die Situation schnell bereinigt. Im Angriff konnten Asllani – die einzige, die so etwas wie Spielkultur ins schwedische Team bringt – und Jakobsson ihre höhere Grundschnelligkeit gegenüber Kirchberger und Wenninger ausspielen. Der letzte Pass war aber zumeist ungenau.
Heißt: Am besten ist dieses schwedische Team wohl in Pia Sundhages Olympia-2016-Modus, als man mit destruktivem Anti-Fußball und schnellen Kontern die Silbermedaille abstauben konnte.
Spielverlauf und Umstellungen
Österreich begann mit zwei großen Chancen für Nina Burger und hatte auch in der Folge das Mittelfeld im Griff, nach einer halben Stunde verzog Nici Billa eine weitere Chance zur Führung. Schweden blieb aus Einzelaktionen von Asllani und Jakobsson situativ gefährlich, agierte in Tornähe aber zu umständlich.
Gerhardsson nahm in der Halbzeit Asllani und Seger heraus und wechselte innerhalb des Systems, Österreich verzeichnete durch Umschaltsituationen zwei Halbchancen, ehe Schweden in der 58. Minute in Führung ging: Wieder zog Jakobsson mit Tempo auf das österreichische Tor, Zinsberger kam heraus und wurde umkurve, auch Aschauer konnte nicht klären und so traf Jakobsson zum 1:0.
Im österreichischen Spiel war ein spürbarer Bruch zu erkennen, Schweden wurde ballsicherer, presste zuweilen und brachte auch mehr Spielerinnen nach vorne. In der 73. Minute traf die eingewechselte Janogy (die von der linken Außenbahn kräftig Zug zum Tor zeigte) den Pfosten für die Gäste. Kurz vor Schluss erhöhte die ebenfalls eingewechselte Björn nach einem schlechten Klärungsversuch zum 2:0-Endstand.
Fazit: Ärgerliche Niederlage mit positiven Eindrücken
Eine Stunde lang war Österreich um nichts schlechter als das stolze schwedische Team. Man ließ dieses ähnlich hölzern aussehen wie Deutschland einige Tage zuvor, hatte diverse Chancen um schon 1:0 oder 2:0 in Führung zu liegen – und das wäre alles andere als unverdient gewesen. Nach dem Gegentor aber wandelte sich das Bild komplett: In den letzten 30 Minuten hätte alleine Janogy die schwedische Führung auf 2:0 oder 3:0 ausbauen können.
Was bleibt, ist eine ärgerliche Niederlage durch ein dummes Gegentor, dass eigentlich fast als Eigentor zu verbuchen ist und eine Schluss-Viertelstunde, in der man ziemlich neben sich stand. Schweden konnte mehr Qualität von der Bank bringen und ist eben doch routinierter. Die sind halt bei jedem Turnier dabei und spielen auch in Top-Ligen wie der eigenen, der deutschen und der englischen.
Man kann positiv in die im Spätsommer startende EM-Qualifikation blicken, hat aber auch vor Augen geführt bekommen, dass man Stärkephasen gegen höherklassige Teams schon entsprechend auf das Scoreboard bringen sollte.