Österreich ist mit einem enttäuschenden 0:1 in die Nations League gestartet. In Bosnien konnte das Team von Franco Foda in dessen erstem Pflichtspiel nicht viel zeigen, das nach Wunsch funktioniert hätte.
Österreich ging wie erwartet mit einem 3-4-3 in die Partie. Die einzige echte Überraschung am Feld war das zentrale Aufgebot von Michael Gregoritsch, der Marko Arnautovic auf den Flügel verdrängte. Wie schon beim Testspiel gegen Schweden interpretierte Arnautovic die Rolle dort ein wenig offenisver als sein Gegenüber am rechten Flügel. Wenn Bosnien aufrückte blieb er eher neben Gregoritsch vorne, während Lazaro mit nach hinten lief.
Bosnien empfing Österreich mit einem 4-1-4-1 in dem Duljevic oder Visca sich immer wieder zurückfallen ließ und die Verteidigungslinie spontan gegen Vorstöße von Lainer und Alaba zu erweitern.
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Pressing ohne Abstimmung
Das ÖFB-Team begann die Partie mit dem Versuch, den Gegner früh anzupressen. „Das mögen die Bosnier nicht“, war das Mantra. Und immer wieder zeigte sich, dass das tatsächlich stimmt. Die limitierten Gastgeber wussten mit dem Ball unter Druck wenig anzufangen und konnten ihr Spiel nicht aufbauen. Was dem Foda-Team allerdings nicht gelang, war den Ball in diesen Situation auch zu gewinnen um in die Gegenstöße zu kommen. Einzig einmal, als man Todorovic zu einem Abspielfehler zwang, folgte zumindest ein Abschluss (14., Arnautovic aus über zwanzig Metern).
Die mangelnde Effektivität mag daran gelegen haben, dass das Pressing zwar aggressiv, aber im Detail nicht wirklich abgestimmt schien und dadurch doch immer wieder zumindest Notausgänge offen ließ. Insbesondere Gregoritsch schien mit seinen Läufen oft auf verlorenem Posten.
Österreich hatte selbst zu Beginn einige Ansätze für Möglichkeiten, die aber rein über die individuelle Klasse von Arnautovic gespielt wurden. Über einen kontrollierten Aufbau kam man nicht gefährlich vor das Tor. Das laufen zwischen die Linien war zwar in Ansätzen zu sehen, aber darüber hinaus schien das Spiel doch zu fehleranfällig.
Fehlende Alternativen
Im Rückblick ist es leicht zu vergessen, aber trotz allenfalls durchschnittlicher Anfangsphase schien es nach 25 Minuten fast unmöglich, dass Österreich das Spiel verliert. Das ÖFB-Team kontrollierte das Spiel und wackelte nur ganz selten bei bosnischen Verzweiflungsangriffen.
Aber dann kippte das Spiel. „Weiß auch nicht wieso“, sagte der Teamchef im Anschluss beim ORF-Interview etwas ratlos. Plötzlich verloren seine Mannen schon beim Rausspielen aus der Verteidigung und im defensiven Mittelfeld die Bälle. Einen einfachen, alles erklärenden Grund zu finden, gelang mir auch nicht. Ja, die Bosnier spielten natürlich körperbetont und vielleicht begann das die Österreicher zu irritieren, obwohl die Gegner das von Beginn weg taten.
Aber was auch ein Erklärungsansatz wäre: Die Bosnier ließen ihre Mittelfeldreihe anscheinend etwas höher stehen und dem defensiven Mittelfeld der Österreicher damit weniger Platz. Es konnte nicht mehr so einfach angespielt werden und Zulj und Grillitsch sich nicht mehr so ruhig ihre Optionen aussuchen. Darauf schien die Mannschaft keine Antwort zu haben. Die Unterstützung bei Bällen zwischen die Linien war nicht mehr da, gegebenenfalls waren auch die Außenverteidiger dafür zu hoch aufgerückt und zu weit vom Geschehen entfernt. Auch hier mangelt es an der Detailarbeit.
Ein alternativer Weg nach vorne war nicht zu finden. Einerseits weil die Spieler für hohe Bälle einfach fehlten. In den letzten Jahren ließ sich immer noch ein hoher Ball in Richtung Janko (oder auch Harnik) schlagen, der diesen schon zu verteilen wusste. Diese Option gibt es derzeit im Team nicht. Andererseits wurde auch wenig über ein klassisches Flügelspiel probiert. Alaba und Lainer wirkten in diesem System wie extrem gewöhnliche Spieler und nicht wie Bayern-Star und Europa League-Halbfinalist.
Die aus den Problemen entstandene Verunsicherung ließ die ebenfalls nicht gut spielenden Bosnier aufkommen, die ein paar Tage vorher schon in Nordirland nicht genau wussten, wie sie zu ihrem Sieg gekommen sind. Eine grauenvoll verteidigte Ecke und eine Riesenchance von Dzeko nach Duljevic-Vorarbeit blieben vor der Pause aber ungenützt.
Umstellung zur Pause ohne Wechsel
Foda brachte zur Pause kein neues Personal, aber er reagierte durchaus. Arnautovic rückte nun doch in die Mittelstürmerposition, in der er bei West Ham derzeit brilliert. Gregoritsch spielte hinter Arnautovic in einer Zehnerposition (wo er gegen den Ball einfach zum Manndecker von Pjanic wurde), Lazaro spielte rechts und Zuljs links vom Augsburger, Lainer und Alaba rückten in diese Linie ebenfalls immer wieder mit auf. Grillitsch war nun also der alleinige Mann im defensiven Mittelfeld vor der Dreierkette. Österreich spielte bei Ballbesitz eine Art 3-1-5-1.
Das zeigte tatsächlich Wirkung. Da im Aufbau zwischen den Linien wohl mehr Anspielstationen da waren, trauten sich die Bosnier nicht mehr so hoch zu attackieren- ließen sich sogar vom ballführenden Spieler gelegentlich wegfallen. Die Aufbauspieler (Grillitsch, Hinteregger, Ilsanker) hatten nun wieder Zeit, um das Spiel unter Kontrolle zu bekommen. Abgesehen von einer haarsträubenden Aktion von Lindner beim gescheiterten Wegboxen einer Freistoßflanke fand Bosnien nicht mehr statt. In dem Sinn war die Umstellung von Foda durchaus geschickt.
Was sie aber nicht korrigieren konnte, war dass Österreich selbst nie den Eindruck vermittelte, dass ein Rädchen ins andere greift. Foda machte nach dem Spiel Fehlpässe und falsche Entscheidungen dafür verantwortlich und natürlich hatten ein paar Spieler sicher auch einfach einen schlechten Tag erwischt. Wenn man es so sehen will, ist es einfach blöd gelaufen.
Ungeglücktes Improvisationstheater
Aber Fehlpässe und falsche Entscheidungen sind oft auch das Ergebnis von mangelnder Detailarbeit in der Vorbereitung – wenn in der Situation deshalb zu oft improvisiert werden muss. Dass das 3-1-5-1 unter Foda bereits einmal gespielt wurde, wäre mir nicht in Erinnerung. Automatismen waren nicht zu erkennen und Ratlosigkeit im Spiel nach vorne machte sich breit.
Eine Zufallsaktion auf Gregoritsch wurde zurecht abgepfifen (64.), ein Lazaro-Distanzschuss war sonst die einzige Möglichkeit der Österreicher (66.). Auch zahlreiche Unsicherheiten von Gegner-Keeper Sehic (wieso Prosinecki bei solchen Alternativen mutwillig auf Begovic verzichtet, weiß man auch nicht) konnten sie nicht nutzen: Arnautovic wurde von einem durchgelassenen Ball völlig überrascht (58.), Lazaro verwertete zwar einen anderen Durchrutscher, davor stand aber Alaba haarscharf im Abseits (70.).
Es funktionierte fast nichts in diesem schmerzlichsten Pflichtspiel seit Jahren – trotzdem schien es wegen der harmlosen Gastgeber aber wieder fast unmöglich, dass Österreich die Partie verliert. Nach 72 Minuten reagierte Foda ziemlich spät auch personell auf die völlig vermurkste Vorstellung und brachte Sabitzer für den überfälligen Gregoritsch.
Die Ratlosigkeit führt zum Gegentor
Ein 0:0 wäre unter diesen Bedingungen okay gewesen. Doch nur ein paar Minuten später kam der Rückschlag. Die Führung für Bosnien war nicht wirklich verdient, aus der Gastgeber-Taktik heraus nicht schlüssig erklärbar und fiel nicht wirklich logisch aus dem Spielverlauf heraus. Das einzige Folgerichtige an diesem Treffer war, dass er aus einer Situation völliger Ratlosigkeit der Österreicher heraus entstand.
Die Szene ging mit einem fragwürdigen hohen Ball von Hinteregger ins Zentrum los, der kaum einem einstudierten Spielzug entstammen konnte. Arnautovic versuchte das fehlende oder fehlerhafte Konzept (wie schon das ganze Spiel über) mit seinem Ausnahmetalent zu kompensieren und mit der Ferse weiterzuleiten um irgendetwas aus dieser Vorlage zu retten. Der Ball sprang aber laut Prödl seinem Gegenspieler auf den Arm, was aber weder Kamera noch Schiri erkannte und ein Gegenstoß enstand. Ilsanker attackierte als Innenverteidiger unnötig aggressiv und rutschte an Ball und Gegner vorbei, sodass Prödl in ein Laufduell mit Dzeko musste. Der bei Watford aktuell nicht gesetzte Verteidiger zögerte mit seiner Attacke gegen Dzeko etwas zu lange und Lindner hatte bei dessen Abschluss schließlich keine Chance.
Chaos am Ende
Foda stellte wieder um – und zwar noch mehrmals. Burgstaller kam für Grillitsch und Ilsanker rückte auf die Sechserposition. Österreich spielte ein paar Minuten lang ein bisher ebenfalls nicht gesehenes 4-4-2 mit einer sehr breiten Raute. Dann ersetzte Schaub auch noch Ilsanker und Zulj musste plötzlich auch noch den Solosechser spielen. Am Schluss probierte Foda dann auch noch ein Hail Mary-System mit Prödl im Sturm. War die Leistung bis dahin schlecht und ratlos, wirkte sie nun auch noch wirr und verzweifelt. Weil Fußball aber chaotisch sein kann und Bosnien alles andere als souverän gespielt hat, kam Österreich trotzdem noch zur großen Ausgleichschance. Schaub kam nach einem Lainer-Cross aber knapp nicht an den Ball.
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Fazit
Wie ein Team das etwas in der ersten Leistungsstufe der Nations League verloren hat, wirkten an diesem Abend beide nicht. Falls Nordirland in Bosnien keinen Punkt holt, braucht Österreich für den Aufstieg drei Siege aus den drei verbleibenden Spielen. Das ÖFB-Team hat von allen Teams der Gruppe das größte Potential. Man muss sich eine dramatische Steigerung erwarten können. Die Vorbereitung unter dem neuen Teamchef war lang und mit guten Ergebnisse hat man sich einigen Kredit erspielt Aber noch so ein uninspirierter Auftritt und er wäre auch schon wieder verspielt.