Die erste Runde der Gruppenphase der Champions League 2016/17 ist gespielt und insbesondere nach der Ankündigung der beschlossenen, umstrittenen, zukünftigen Reform des Bewerbs sorgten einige besonders klare Ergebnisse für Frust unter Fans.
Dass Klubs der Top-Nationen mehrere Schützenfeste feiern konnten und sich dann über eine künftige Reform noch mehr Geld sichern wollen, das ist verständlicherweise ein ziemlicher Abturner. Viele wünschten sich auf unserer Facebook-Seite eine einfachere, dem Gefühl nach gerechtere Zeit zurück, als die Champions League noch ein Bewerb für Landesmeister war.
Aber ist das die Lösung? Wir haben uns einfach mal angeschaut, wie ein solcher Bewerb heute aussehen würde.
Champions League der Meister im aktuellen Modus
Wir nehmen einfach mal an, dass sich die Meister der 32 besten Nationen für die Gruppenphase qualifiziert hätten und gemäß ihrer Reihung auf eine sportlich gerechte Weise in Gruppen gesetzt würden (bei einer Auslosung würden die Gruppen natürlich etwas anders aussetzen, aber die Töpfe gleich). Eine solche Champions League-Gruppenphase würde heute so aussehen:
Man sieht: Ein solcher Modus würde für ziemlich klare Verhältnisse sorgen. Es ist schwer vorstellbar, dass da nicht auch ein paar klar zweistellige Ergebnisse zum Standardrepertoire einer Saison gehören würden. Vaduz oder Zagreb gegen Barcelona? Giurgiu, Legia und Trencin gegen Bayern? Und auch für Platz 2 gäbe es fast überall ein ziemlich klar favorisiertes Team.
Seid ehrlich: Für wie viele Spiele dieser Gruppenphase würdet ihr tatsächlich um gutes Geld ins Stadion gehen oder auch nur den Fernseher anmachen? Würde Bayern gegen Girugiu das Stadion vollkriegen? Oder Salzburg gegen Vaduz? PSV ggen Karabach? ODer Norrköping gegeb Astana. So einen Bewerb will niemand sehen und man versteht schnell, weshalb.
Champions League der Meister mit 16 Teams
Ändern wir deshalb den Modus und machen unsere kleine Champions League der Meister etwas elitärer. Nur noch 16 Teams dürfen dazu, um attraktivere Spiele zu bieten:
Die Gruppen sind jetzt wesentlich ausgeglichener (einige Kantersiege trotzdem zu erwarten) und von ein paar Spielen abgesehen sollte hier auch jede Begegnung vor vollem Haus stattfinden. Noch immer besteht sicher kaum Zweifel daran, dass die Gruppenköpfe aus den Top-Nationen weiterkommen würden. Um Rang zwei würde möglicherweise aber mehr Gerangel entstehen (wobei: mehr als jetzt in der Realität? Eher nicht.). Dem Fernsehpublikum entgehen in der Form aber natürlich trotzdem ziemlich viele Top-Spiele. Während sich derzeit im Wochentakt Top-Teams matchen, wären in einer 16er-Meister-Champions-League ein Match zwischen Juve gegen Paris (also die auf Platz 4 und 5 gesetzten Teams) ein rares Highlight.
Wenn man die CL zu einem reinen Meisterbewerb machen würde, würde um diesen Modus kein Weg herumführen. Wie schon im aktuellen Modus würden sich auch hier spätestens ab dem Viertelfinale die Top-Nationen die Plätze ausmachen. Es ist deshalb durchaus zu hinterfragen, was damit nun eigentlich gewonnen wäre.
Champions League der Meister im K.O.-Modus
Man stelle sich zu guter Letzt vor, die Champions League würde wieder zu einem K.O.-Bewerb umfunktioniert. In diesem Fall würde die Setzliste die folgenden Spiele hervorbringen (ab der zweiten Runde haben wir das besser gesetzte Team gewinnen lassen, was nur in einer handvoll Begegnungen nicht der vollkommen klaren, derzeitig realistischen Ausgangslage entsprechen würde.
Mit den 55 UEFA-Verbänden kann man fünf volle Runden spielen. Das sind also 9 Spiele für die Finalisten (weniger als Brügge allein in diesem Herbst haben wird). Von diesen 9 Spielen wären je nach Los 4 bis 6 sportlich gänzlich uninteressant. Das sieht man am Beispiel des Meisterpokals von 1991. Damals gab es zum letzten Mal ein K.O.-System. In der ersten Runde endeten 3 von 15 Duellen mit einem zweistelligen Score für den Sieger. In 9 weiteren Duellen erzielte der Sieger 5 oder mehr Tore. Das ist sportlich schlicht kein interessanter Wettbwerb.
Im Viertelfinale sind die Großen wieder unter sich, davor gibt es so gut wie keine hochklassigen Begegnungen. Die Saison hätte extrem wenige Spiele, der Modus wäre weder attraktiv noch spannend und alle Beteiligten würden schlicht auf viel Geld verzichten, ohne dass irgendjemand etwas gewinnen könnte. Er ist komplett zum Vergessen.
Statt die Wahl zu haben, sich an einem Mittwochabend Real gegen Sporting anzusehen (die beide nicht Meister geworden sind) und davon möglicherweise nach vielen Jahren Champions League gelangweilt zu sein, würde man sich einfach bis zum Viertelfinale so gut wie kein Spiel ansehen wollen.
Der Modus der Champions League ist nicht das Problem
Es wird im Fußball wohl immer so sein, dass sich die großen Nationen und ihre Top-Klubs auf europäischer Ebene die Titel sichern. Das war schon vor der Einführung der Champions League so und es ist kein sportlicher Modus vorstellbar, der das verhindert (Und warum sollte er auch? Im Sport geht es darum, dass die besten gewinnen.).
Das Problem der Champions League ist nicht der aktuelle Modus und die Lösung für das scheinbar wachsende Desinteresse der Fans ist deshalb auch nicht der Rückschritt in die 80er-Jahre (den die Großklubs sowieso nicht mitmachen würden).
Was selbst Kritiker und Skeptiker akzeptieren müssen: Die Champions League ist deshalb so erfolgreich, weil sie die besten Teams des Kontinents (und damit der Welt) in einen Wettbewerb steckt. Und das sind eben nicht nur die Meister jeder noch so verdüdelten Dödelliga, sondern auch andere Top-Klubs aus den großen Ligen. Das spricht viel mehr Menschen an, als der alte Meisterpokal. Deshalb wachsen die Fernsehgelder in den Himmel, deshalb steigen die Preisgelder stetig an, deshalb sind die Stadien voll, deshalb wollen dort alle Klubs spielen. Der Modus ist gut, deshalb ist er erfolgreich.
Drei Punkte für eine bessere Champions League
Die UEFA muss in meinen Augen aber vor allem auf drei Dinge achten.
1. Kleinere Ligen müssen eine Chance auf den Eintritt in dieses Konzert behalten. Der aktuelle Modus ist dafür ein ziemlich guter Kompromiss, der auch bei Fans prinzipiell lange akzeptiert wurde. Jeder weiß, dass österreichische Klubs einfach besser in der Europa League aufgehoben sind, wenn sie schon an BATE oder Zagreb scheitern. Diesen Zustand muss die UEFA verteidigen.
2. Das Prinzip der Attraktivität beruht aber eben auch auf sportlichen Werten. Die angekündigte Reform (so sie nicht tatsächlich neu verhandelt wird), die den Top 4-Nationen jeweils vier Plätze sichert, beginnt diese Prinzipien zu überreizen. Natürlich bezweifelt niemand, dass englische Vertolger wettbewerbsfähiger sind und attraktiveren Fußball zeigen als die Meister aus Österreich, Weißrussland und Schweden.
Insbesondere England, Spanien und Deutschland bringen seit längerem ohne großes Murren meist vier Teams in die CL-Gruppenphase. Normalerweise sind die Teams, die durch die Nichtmeister-Quali kommen durchaus Anwärter auf den Aufstieg ins Achtelfinale. Aber schon jetzt hat es kein drittes italienisches Team durch die Qualifikation geschafft (auch Villarreal scheiterte als vierter Spanier) und aus der Gruppenphase schafften es zuletzt auch höchstens 1-2 Italiener. Es ist sportlich nicht so eindeutig zu rechtfertigen, weshalb Italien (oder auch Frankreich) nun plötzlich vier Fixplätze beanspruchen sollten. Es ist auch unnötig den jeweiligen vierten Teams der anderen Top-Ligen eine Qualirunde zu ersparen. Hier geht es nur um Macht und Geld und es ist ein Schritt zuviel, der den Fans stinkt. Die UEFA muss diese Reform absagen
Und sie kann es auch. Denn es mag sein, dass strauchelnde Großklubs die Champions League brauchen, um ihren Status einzuzementieren, die Champions League kann auf ein strauchelndes Manchester United, Inter Mailand, Valencia oder Schalke aber durchaus verzichten. Der Traditionsbonus bei der Qualifikation und Setzliste ist Bullshit.
3. Die UEFA sollte (wie auch die nationalen Ligen) darüber nachdenken, den Bewerb zu straffen. K.O.-Runden (oder auch Ligarunden), die sich über vier Abende ziehen, sind nicht nötig. Momentan läuft an gefühlt 340 von 365 Tagen im Jahr Spitzenfußball im TV (weil auch die Länderspiel-„Pausen“ mit der „Week of Football“ ins Unerträgliche gestreckt werden). Für jede einzelne Streckung mag es wirtschaftlich sinnvolle Gründe und sogar Zuseherinteresse geben. Aber in der Gesamtheit bringt dieses Überangebot vor allem begeisterte Fans (wie mich) an den Rande des Fußball-Burnouts, der nur durch bewusst erzwungenem Verzicht abzuwenden ist. Den Frust darüber bekommt meiner Ansicht nach auch die Champions League ab. Vielleicht sollte der europäische Verband Initiativen starten, um den Freitag und/oder Montag wieder frei zu bekommen.
Wir machen auch einen Podcast zur Champions League
Diese Dinge werden wir sicher auch in unserem kommenden Podcast über die Champions League-Saison (verpasst auch die aktuellen zur neuen Bundesliga– und Premier League-Saison nicht) ansprechen. Gerne greifen wir dabei auch wie immer Diskussionen oder Fragen von euch auf. Also lasst uns welche hier! :)