Das Ergebnis, ein 1:1 gegen Uruguay, sieht gut aus. Die erste Halbzeit, in der Österreich den amtierenden Südamerika-Meister an die Wand spielte, sah ebenfalls sehr gut aus. Dass es auf die logischen Änderungen beim Gegner für die zweite Hälfte aber keinerlei nennenswerte Reaktion gab, sah gar nicht gut aus. Ein Test mit durchaus Licht, aber auch mit einigem Schatten.
Kein Cavani bei Uruguay – kein Nachteil für Österreich. Ohne den PSG-Stürmer brachte Tabárez ein 4-4-2 auf’s Feld, das einen ganz großen Nachteil gegenüber dem durchaus spritzigen ÖFB-Team hatte: Die ungeheure Langsamkeit der teil massiv in die Jahre gekommenen Akteure.
Österreich im 3-gegen-1-Vorteil
Das auffälligste bei Österreich war, neben dem nennenswerten Offensiv-Pressing der vier vorderen Spieler, vor allem die geschickte Art und Weise, wie im Mittelfeld Überzahl geschaffen wurde. Dabei hatte Österreich natürlich den Vorteil der numerischen Überlegenheit im Zentrum (systembedingt), außerdem hielt sich Diego Pérez fast ausschließlich in der Nähe von Alaba auf. Das ging doppelt daneben: Zum einen war Alaba dennoch der unumstrittene Boss auf dem Feld, zum anderen entstanden so noch größere Löcher im uruguayischen Zentrum.
So gelang es Österreich fast immer, wenn Uruguay den Ball nach vorne tragen wollte, den Ballführenden zu stellen. Und zwar nicht nur mit 2-gegen-1-Situationen, sondern oft sogar mit 3-gegen-1. Die Abstände zwischen den Spielern und das fehlende Tempo dieser Spieler machte es Uruguay unmöglich, auf diese Weise vor das Tor von Robert Almer zu kommen. Suárez hing in der Luft und war in der ersten Hälfte kaum ein Faktor.
Nach Ballgewinn schnell und direkt
Dass das österreichische Offensiv-Pressing bald nachließ, hatte einen simplen Grund: Wenn man selbst zwei Drittel Ballbesitz hat, gibt es einfach keinen Gegner mit Ball, den man anpressen könnte. Gegen die in der Defensive durchaus kompakt stehenden Urus tat sich Österreich mit dem eigenen Aufbau allerdings durchaus schwer. Von hinten heraus erfolgte die Spieleröffnung zumeist über Hinteregger, und da oft über lange Diagonalpässe. In puncto körperlicher Robustheit hat Uruguay allerdings einen Vorteil, so taten sich Arnautovic und Harnik recht schwer. Auch, weil die Außenverteidiger Suttner und Garics (später Klein) sehr vorsichtig begannen und erst nach und nach ein wenig auftauten.
Deutlich besser klappte es bei Österreich, wenn man in den erwähnten Überzahl-Situationen im Mittelfeld den Ball eroberte und schnell umschalten konnte. Dann ging es mit schnellen, direkten Vertikalpässen innerhalb kürzester Zeit in den gegnerischen Strafraum. Dass Maxi Pereira der Ball vor dem 1:0 für Österreich verspringt, konnte man nicht einkalkulieren, aber dass aus genau so einer Situation das Tor fiel, ist logisch und alles andere als Zufall. Wie es auch kein Zufall war, dass das österreichische Team – das wann immer möglich den Abschluss suchte – bis zur Pause noch einige weitere gute Torgelegenheiten hatte.
Tabárez stellt um…
Großmeister Tabárez erkannte die Probleme natürlich und reagierte entsprechend. Er nahm den gegen Alaba untergehenden Pérez raus (positionsgetreu kam Gargano) und, noch wichtiger, er ließ den unsichtbaren Forlán draußen und brachte quasi gemeinsam mit Gastón Ramírez von Southampton ein neues System – ein 4-1-4-1. Damit hatte er die massive Unterlegenheit im Zentrum zahlenmäßig schon einmal ausgeglichen. Weil Gargano ein weiter gestreutes Betätigungsfeld hatte als nur Alaba nachzulaufen.
Und, weil Ramírez seinen Part sehr giftig spielte und so die pure Körperlichkeit von vor der Pause in ein gezieltes Angehen der Österreicher umgewandelt wurde. Inhaltlich ganz simpel: Nun schaffte es Uruguay besser, im Zentrum Überzahl-Situationen in Ballnähe herzustellen, damit bekam die Celeste das ganze Spiel besser in den Griff. Nun wirkte es sich auch noch mehr aus, dass den österreichischen Flügelspielern (nun Arnautovic rechts und Ivanschitz links) nicht so viel gelang – obwohl zumindest Arnautovic, der negativen Körpersprache zum Trotz, viel versuchte und nie aufsteckte. Für den Maestro das Signal, die Daumenschrauben weiter anzuziehen: Es kamen Álvaro Pereira und Nico Lodeiro.
…und zieht die Daumenschrauben an
Der ob der sich klar geänderten Kräfteverhaltnisse war das 1:1, obwohl im speziellen Fall es eine patschert verteidigte Ecke und kein taktischer Geniestreich war, folgerichtig. Wie auch, dass Uruguay nun mit zwei offensiv denkenden zentralen Mittelfeld-Leuten (neben Ramírez eben Lodeiro) das Geschehen auch weiterhin im Griff behielt.
Weil Ivanschitz gegen Aushilfs-Rechtsverteidiger Gargano (ein Duell zweier eigentlich Zentral-Spieler auf der Seite, auch nicht uninteressant) keinen Stich machte und die Wechsel von Koller zwar das Personal änderten (Kavlak für Leitgeb, dann Hinterseer für Junuzovic), aber nicht so sehr die Raumaufteilung. Einem möglichen Siegtreffer war nun Uruguay deutlich näher, von Österreich kam keine nennenswerte Reaktion mehr.
Fazit: Erst super, dann ohne Reaktion – wie in Schweden
Es erinnerte bei Österreich sehr viel an das entscheidende WM-Quali-Spiel in Stockholm: Eine großartige erste Halbzeit, in der die Marschrichtung passte und von den Spielern sehr gut umgesetzt wurde, ehe der Gegner in der Pause umstellt, das Heft in den Hand bekommt – und von Österreich aber keine Reaktion mehr kommt. So sehr man sich über die funktionierende Taktik zu Beginn freuen darf, so sehr muss man sich über ausbleibende Adaptierungen nach solchen des Gegners wundern.
Das Ergebnis, ein 1:1 gegen den amtierenden Südamerika-Meister, ist sehr respektabel, wiewohl natürlich allen klar sein muss, dass diese Mannschaft aus Uruguay ihren Zenit schon ganz deutlich überschritten hat. Österreich hat gezeigt, dass man sich auch vor Teams aus der erweiterten Weltspitze nicht fürchten muss. Eher schon davor, dass man guten Änderungen beim Gegenüber noch immer hilflos gegenüber steht.
Das darf sich ruhig ändern.
(phe)