Brav gespielt, den Gegner eine Zeitlang wirklich geärgert, aber gegen das übermächtige Team aus Frankreich letztlich natürlich verdient 1:3 verloren: So lief das letzte WM-Quali-Spiel der ÖFB-Frauen in diesem Kalenderjahr. In dem man bis zum französischen Doppelschlag nach etwa einer Viertelstunde zeigte, dass man auch vor diesem Gegner keine Angst hat. Aber Frankreich danach ausspielte, individuell deutlich besser zu sein.
Neuer Teamchef (Bergeroo statt Bini), neues System (4-4-2 statt 4-2-3-1), neue Besetzung (Delannoy statt George, Henry statt Soubeyrand, Houara statt Franco), mit Cammy Abily fehlte der etatmäßige Boss am Feld mit einer Knöchelverletzung – und es gibt eine neue Position für Louisa Nécib (links im Mittelfeld statt auf der Zehn): Bei Frankreich hat sich seit dem Viertelfinal-Aus bei der EM vieles verändert. Was sich nicht verändert hat: Dass das neben Deutschland die beste Mannschaft Europas ist.
Couragierter österreichischer Beginn
Das Österreich davon, trotz der massiven Fortschritte in den letzten zwei Jahren, ein schönes Stück entfernt ist, ist ganz klar. Und doch versteckte sich das ÖFB-Team in der Anfangsphase überhaupt nicht. Es wurde in der eigenen Hälfte auf die ballführende Französin gepresst, wenn möglich wurde auch gedoppelt. Hinzu kam, dass die Gäste in 1-gegen-1-Situationen oft schlampig und eindimenstional agierten, dadurch oft hängen blieben – vor allem an Schnaderbeck und Puntigam.
Diese beiden staffelten sich diesmal horizontal. Wenn Österreich das Spiel selbst macht, kippt in der Regel eine von den beiden ab, gegen den Gruppenfavoriten war aber defensive Stabilität gefragt. So staffelten sich bei Österreich die zwei Viererketten, in denen der Ball gewonnen werden sollte, um dann die beiden Spitzen Burger (zumeist hängend) und Makas (zumeist vorne) bedient werden sollten.
Das ÖFB-Team wurde in der Anfangsphase zwar selbst nicht gefährlich, neutralisierte aber den Gegner so gut es ging. In der ersten Viertelstunde kam Frankreich nur zu einer echten Tormöglichkeit. Ganz offenbar hatte Frankreich nicht damit gerechnet, so frech vom Außenseiter angegangen zu werden.
Doppelschlag und französische Assymetrie
Nach einer Viertelstunde tanzte die aufgerückte Boulleau Österreichs RV Manhart aus, gab zur Mitte und Nécib verwertete zum 1:0, zwei Minuten später rückten die Gastgeber bei einem Freistoß nicht heraus und Amandine Henry schoss aus 20 Metern zum 2:0 ein. Mit diesem Doppelschlag war das Spiel für Frankreich dann doch auf Schiene und bei Österreich war ein ziemlicher Bruch zu sehen. Die Courage war schlagartig gewichen, man agierte passiver, ließ Frankreich mehr gewähren.
Die Gäste spielten in der Folge immer assymetrischer. Nécib auf der linken Seite zog viel in Richtung ihrer gewohnten Position in der Mitte, überließ die Außenbahn LV Boulleau (die deutlich mehr nach vorne tat als RV Houara). Doch obwohl Heike Manhart mit den beiden überhaupt nicht zurecht kam und weder dem schnellen Giftzwerg Boulleau noch der techisch versierten Nécib (bei der zudem ihre üblichen, aus allzu großer Lässigkeit entstehenden Schlampigkeiten nicht Überhand nahmen) viel entgegen setzen konnte, konzentrierte sich das französische Angriffsspiel vor allem auf die andere Seite.
Wo sich Frankreichs RM Élodie Thomis ganz an der Seitenlinie postierte, während die österreichischen Ketten sich sehr zentral zusammen zogen und Frankreich so nach außen drängten. Durch ihr extremes Tempo und ihr gutes Timis war Thomis der größte Gefahrenherd. Aschauer versuchte nach Kräften, Thomis nach ihren Vertikalläufen am Flanken zu hindern, zumeist gelang ihr das auch. Nur nach vorne war so natürlich wenig möglich.
Österreich linkslastig, Frankreich individuell überlegen
Was ein wenig erstaunte: Obwohl Nécib viel einrückte und über Laura Feiersinger eigentlich mehr Platz gewesen wäre, konzentrierten sich Österreichs Offensiv-Bemühungen vor allem auf die andere, die linke Seite. Vor allem Lisa Makas – die oftmals auf diese Außenbahn auswich – versuchte, sich anspielbar zu machen und Bälle zu halten. Das Risiko im Aufbau über diese Seite war aber natürlich, dass bei Ballverlust sofort Thomis ihren Turbo zünden konnte.
Was Frankreich sehr gut machte: Die überlegene individuelle Klasse ausspielen. Sieben in der Startformation spielen bei CL-Final-Dauergast Lyon, die restlichen vier beim Top-Klub Paris St. Germain, das ist eine andere Liga. Da wurde stark antizipiert, im richtigen Moment der Körper reingestellt oder auch mal der Ellbogen ausgefahren. In Defensiv-Zweikämpfen brannte überhaupt nichts an und wenn Österreich mit längeren Bällen die Spitzen in Szene setzen wollte, war die extrem schnelle Delannoy zur Stelle und lief diese ab. Sogar gegen die wirklich nicht langsame Lisa Makas.
Gäste schalten zurück
Frankreich verlegte sich immer mehr auf’s verwalten und bohrte nach dem Seitenwechsel auch zunehmend die Seite von Heike Manhart an. Die Folge waren diverse Freistöße aus dem Halbfeld, die Nécib in den Strafraum chippte – bei einer dieser Situationen war nach einer Stunde dann die 1.85m große Wendie Renard zur Stelle und nickte zum 3:0 ein. Wenn eine so große Spielerin, die noch dazu Kopfball-Spezialistin ist, mit einem Freistoß genau in ihren Lauf gefüttert wird, ist sie ganz einfach nicht zu verteidigen.
Dass Carina Wenninger nur wenige Minuten später nach einer Freistoß-Flanke von Feiersinger das 1:3 erzielte, schien Frankreich kaum zu beunruhigen, gab aber Österreich noch einmal Auftrieb. Zumal mit Nicole Billa (statt Makas) in der Spitze und Lokalmatadorin Jenny Pöltl für die linke Seite (statt Puntigam, Prohaska ging ins Zentrum) noch zusätzlicher Schwung kam. Besonders imponieren war etwa, wie die 17-jährige Billa, mit der geballten Länderspiel-Erfahrung von zwölf Minuten aus dem Ungarn-Spiel, die um anderthalb Köpfe größere Renard austanzte.
Die beste Chance für Österreich hatte in der Schlussphase dann noch Burger, die allerdings nach ihrem Lauf in den Rücken der französischen Abwehr den Moment für das Abspiel oder den Abschluss verpasst hat. So verwaltete Frankreich das 3:1 trocken über die Zeit.
Fazit: Frankreich spielte die Klasse aus
Letztlich war es ein Spiel, das man so erwarten konnte: Österreich hält couragiert und frech dagegen, bis Frankreich in Führung geht und den Sieg routiniert über die Zeit schaukelt. Bei den Gästen war es Dienst nach Vorschrift, nicht mehr – hinfahren, gewinnen, wieder heimfahren.
Dabei wurden natürlich die Unterschiede in puncto individueller Klasse deutlich, vor allem gegen Nécib war das ÖFB-Team zumeist machtlos. Es gab zwei, drei eher halbherzige Versuche, eine Mittelfelspielerin zwischen die IV fallen zu lassen und so das Spiel mit sieben Spielerinnen vor dem Ball in die französische Hälfte zu schieben; Teamchef Thalhammer deutete seinem Team immer wieder an – auch bei 0:2 bzw. 1:3 – gegen den Favoriten konsequenter herauszurücken.
Wobei aber nach dem Doppelschlag in den Minuten 16 und 18 klar war: Frankreich wird dieses Spiel gewinnen. Dieses Team ist einfach zu gut, um sich so etwas gegen ein aufstrebendes Mittelklasse-Team wie Österreich noch nehmen zu lassen.
(phe)
PS: Im Parallelspiel gewann Finnland daheim gegen Kasachstan erstaunlich knapp mit 1:0, ist damit nun Gruppenerster. Das 4:0 von Ungarn gegen Bulgarien hat schon nur noch statistischen Wert. Für Österreich ist der Länderspiel-Herbst damit vorbei, Frankreich absolviert im November noch beide Spiele gegen Bulgarien, dazu empfängt Ungarn Kasachstan. Im April geht’s für Österreich dann nach Bulgarien und nach Frankreich.