Haas und Brunmayr erinnern sich: „Haben gesehen, dass wir mit der Spitze mithalten können!“

Es ist nicht das erste Mal, dass sich eine österreichische Mannschaft für die U-17-EM qualifiziert. Alltäglich ist es aber auch nicht, so wie die aktuelle Generation den Sprung zur Endrunde zu schaffen. 2004 ist das gelungen, 2003 wurde man Dritter, 1997 ging’s sogar ins Finale, 1994 war man auch vertreten. Und 1991 – aus dieser Generation hat Ballverliebt mit zwei prominenten Vertretern gesprochen. Über das Turnier und was man daraus mitnehmen kann.

Mario Haas und Ronnie Brunmayr über die U-16-EM 1991 in der Schweiz:

Brunmayr:„Wenn ich daran zurückdenke, dann mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem lachenden, weil wir in unserer Gruppe eigentlich die beste Mannschaft waren, gegen Deutschland, Bulgarien und Schweden. Und mit einem weinenden, weil wir es so unglücklich nicht ins Halbfinale geschafft haben!“

Haas: „Das war eine sehr positive Erfahrung, wir haben uns sehr gut verkauft. Dass wir überhaupt dabei waren, war schon eine kleine Sensation, weil Österreich im Jugendbereich damals eigentlich kaum vorhanden war. Als Mannschaft waren wir sehr gefestigt. Wir sind gelaufen ohne Ende, haben als Team gekämpft. Das erste Spiel gegen Deutschland ist sehr gut verlaufen. Wie sind schnell in Führung gegangen, haben dann das 2:0 nachgelegt. Vom Anschlusstor, das der Carsten Jancker geschossen hat, haben wir uns zwar etwas beeindrucken lassen, sind ein wenig ins Zittern gekommen. Aber mit unserem 3:1 war alles klar.““

Brunmayr:„Wir haben in der Vorbereitung zweimal Dänemark geschlagen, darum haben wir gewusst, dass wir nicht so schlecht dabei sein würden. Das hat sich im ersten Spiel gegen die Deutschen dann auch bestätigt – die waren nach dem Zusammenschluss mit der DDR die großen Favoriten. Wir haben die Deutschen aber 3:1 geschlagen – unser Gegentor hat damals der Carsten Jancker geschossen.“

Haas: „Was super war, war das Interesse von den Zuschauern in der Schweiz. Das erste Spiel war im damaligen Erstliga-Stadion von St. Gallen, da waren schon so 1.000 oder 1.500 Zuschauer da. Als 16-Jähriger spielst du ja normal nie vor so einer Kulisse. Das war schon cool.“

Brunmayr: „Das zweite Spiel war gegen Bulgarien. Das haben wir auch gewonnen, mit 2:1. Damit waren wir vorm letzten Spiel Tabellenführer und haben gewusst: Wenn wir einen Punkt holen, sind wir fix im Halbfinale. Denn damals gab’s vier Gruppen, aus denen jeweils nur der Sieger weitergekommen ist!“

Haas: „Bei Bulgarien waren auch einige talentierte Spieler dabei. Wenn man sich den Spielberichts-Bogen angeschaut hat: Alle bei Levski Sofia, bei ZSKA Sofia, ausgebildet bei Top-Klubs. Gerade die Spieler aus den Ostblock-Ländern waren ja vor allem technisch sensationell gut ausgebildet. Trotzdem haben wir 2:1 gewonnen. Wichtig, weil das hieß: Bei einem Unentschieden gegen Schweden sind wir auf jeden Fall im Halbfinale. Und auch eine knappe Niederlage würde reichen, wenn Deutschland nicht gleichzeitig die Bulgaren allzu arg vernichten würden.“

Brunmayr: „Schweden war auch keine schlechte Truppe damals. Da war der Jörgen Pettersson dabei, der später so lange in der deutschen Bundesliga gespielt hat. Das war ein unglückliches Spiel für uns – wir waren klar spielbestimmend, die Schweden haben im ganzen Spiel nur zweimal auf’s Tor geschossen. Aber wir haben mit 0:1 verloren.“

Haas: „Gegen Schweden waren wir super motiviert, weil wir wussten, was wir können. Nach den zwei Siegen waren wir mit Selbstvertrauen vollgepumpt, und waren voll auf Sieg eingestellt – denn auf ein Remis zu spielen, geht nicht, das geht meistens schief. Die Schweden waren echt stark, aber wir haben sie kontrolliert. Leider sind wir einmal in einen Konter gelaufen und haben 0:1 verloren…“

Brunmayr:„Wir haben während des Spiels gegen Schweden schon gewusst, dass die Deutschen gegen Bulgarien hoch führen. Als wir dann nach dem Abpfiff erfahren haben, dass sie 5:0 gewonnen haben und wir damit wegen der Tordifferenz ausgeschieden sind, war das hart. Wir waren alle 15, 16 Jahre alt, natürlich sind da die Tränen geflossen. Da gewinnst 3:1 gegen die Deutschen, schlägst auch die Bulgaren und scheidest trotzdem aus. Das war brutal. Aber durch solche Erlebnisse lernt man auch, mit Niederlagen umzugehen.“

Haas: „Dass Deutschland gegen Bulgarien vorne war, hatten wir mitbekommen. Aber nicht, wie hoch. So haben wir uns schon über den Halbfinal-Einzug gefreut. Bis durchgesickert ist, dass Deutschland 5:0 gewonnen hat! Das war dramatisch, wie ein Keulenschlag.“

Brunmayr:„Man nimmt von so einem Turnier sooo viel mit. Eine Woche gemeinsam im Hotel, weg von daheim – mit 15, 16 Jahren war das etwas völlig Neues. Dazu das ganze Drumherum, einfach das Erlebnis eines solchen Turniers. Außerdem haben wir gesehen, dass wir auch mit Deutschland und Schweden, mit der absoluten Spitze, mithalten können. Das gibt dir einen unglaublichen Schub, weil du weißt: Wenn du hart weiter arbeitest, bist du gut genug, in ein paar Jahren Profi zu sein.

Haas: „Das war ein Top-Truppe damals. Unser Team-Leader war der Jürgen Kauz, auch der Michi Wagner war dabei. Wie gut der Kader damals war, sieht man auch daran, wie viele sich später in der Bundesliga durchgesetzt haben.“

Brunmayr:„Da waren einige richtig gute Leute dabei, damals. Der Jürgen Kauz war fußballerisch wohl der beste von uns, auch der Robert Steiger von Mödling war stark. Der Mario Haas ist mit seiner Schnelligkeit damals schon allen davongelaufen. Und in der Abwehr hat der Michael Leitner gespielt, von Sturm Graz. Ein Pflock von einem Kerl. Leider hat er seine Karriere wegen Verletzungen früh beenden müssen.“

Haas: „Natürlich können es nie alle schaffen. Einige hatten auch Pech mit Verletzungen. Aber der Quote der Spieler, wie den Durchbruch geschafft haben, war schon recht hoch.“

Brunmayr:„Teamchef Paul Gludovatz war eine totale Respektsperson. Er hat uns wie Erwachsene behandelt – für ihn waren wir vollwertige Fußballer, er hat aber natürlich auch dementsprechend was von uns verlangt. Das Glück für unsere Mannschaft damals war, dass es zu dieser Zeit in der Bundesliga einen ziemlichen Umbruch gegeben hat, einen Generationswechsel. Dadurch sind viele von uns recht früh reingekommen.“

Haas: „Die Erfahrung von dieser Endrunde hat extrem weitergeholfen. Was man da mitnimmt, das gibt’s in dem Alter sonst nicht, das ist etwas ganz Besonderes. Da muss mal alles aufsaugen, was irgendwie möglich ist. Und ganz wichtig ist, nicht zu glauben, dass es das war. Man muss sich klar sein: Jetzt geht’s erst so richtig los. Dafür muss man hart arbeiten.“

Brunmayr: „Die EM wird die Burschen prägen und es wird auch ein Erlebnis sein. Wir haben damals extrem viel mitgenommen. Das wird bei denen, die jetzt dabei sind, sicher nicht anders sein!“

Haas: „Es wird für die Burschen jetzt in der Slowakei nicht einfach, aber es ist alles zu schaffen. Und sollten sie sich für die WM qualifizieren, wäre das alleine schon eine Super-Sache!“

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Ronnie Brunmayr, geboren 1975 in Steyr, absolvierte 311 Bundesliga-Spiele für den FC Linz, die Austria, Ried, den GAK und Sturm Graz, erzielte dabei 111 Tore und war in der Saison 2001/02 Torschützenkönig. Im Nationalteam lief er acht Mal auf. Heute ist er Trainer der U-15-Mannschaft der Akademie Linz.

Mario Haas, geboren 1974 in Graz, absolvierte 416 Bundesliga-Spiele für Sturm Graz (145 Tore, drei Meistertitel), versuchte sich auch in Strasbourg und bei JEF United. Im Nationalteam war er 43 Mal aktiv, darunter bei allen drei Auftritten bei der WM 1998 in Frankreich. Heute ist er Teammanager und Sponsoring-Verantwortlicher bei Sturm Graz.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.