Joe Ledley zerstört Österreichs Spiel fast im Alleingang – Wales gewinnt mit 2:1

Ein fahriger Veli Kavlak, den sich die Waliser ins Fadenkreuz genommen hatten. Eine ungewohnt schwache Leistung von David Alaba. Nach vorne de facto nicht vorhandene Außenverteidiger. Und der Waliser Joe Ledley, der das österrechische Mittelfeld-Zentrum und damit das rot-weiß-rote Spiel fast im Alleingang erledigt hat. Das waren die Zutaten der 1:2-Niederlage von Marcel Kollers Team im ersten Länderspiel des Jahres – weil ein starker Marko Arnautovic alleine das alles nicht ausgleichen kann.

Wales - Österreich 2:1 (1:0)
Wales – Österreich 2:1 (1:0)

Zwar schoss Gareth Bale ein Tor selbst und bereitete das zweite vor – aber der entscheidende Mann für die Waliser war dennoch ganz eindeutig Joe Ledley von Celtic. Er machte vor allem in der zweiten Hälfte Veli Kavlak das Leben zur Hölle und zerstörte damit das zuvor schon wackelige Spiel der Österreicher vollends.

Das Schlüssel-Duell: Veli Kavlak…

Dazu muss gesagt werden, dass im rot-weiß-roten Konzept schon von Beginn an Kavlak der Schwachpunkt war. Wie gewohnt pressten Ivanschitz und Janko auf die gegnerische Spieleröffnung. Das klappte defensiv nicht so schlecht, aber aus dem Mittelfeld wurde nie in ausreichendem Maße nachgerückt. Daher gelang es Österreich auch nicht, Ballverluste so zu provozieren, dass man mit Druck von hinten die walisische Abwehr in Verlegenheit bringen hätte können – vor allem Kavlak ließ oft ein gar großes Loch zwischen sich und Ivanschitz. Alaba alleine war zum Auffüllen zu wenig.

Andererseits verabsäumte es Kavlak aber, weit genug zurück zu rücken, wenn die Waliser nach vorne kamen oder wenn Prödl und Pogatetz einen Empfänger für die Spieleröffnung suchten. Kavlak wirkte etwas gestrandet, machte weder nach vorne noch nach hinten konsequent mit. Das wurde in der ersten Halbzeit noch dadurch aufgefangen, dass erstens Alaba wieder die Aufgaben von drei im Mittelfeld zu übernehmen bereit war und vor allem auch deshalb, weil da oft das Duo die Seiten tauschte – also Alaba im rechten und Kavlak im linken Halbfeld agierte.

…gegen Joe Ledley

Start zur 2. Hälfte: Kavlak blieb nun permanenter Gegenspieler von Ledley
Start zur 2. Hälfte: Kavlak blieb nun permanenter Gegenspieler von Ledley

Nach dem Seitenwechsel war Kavlak dann permanent halblinks aufgestellt und dort der unmittelbare Gegenspieler von Joe Ledley. Zweifelsohne hat auch der walisische Teamchef Chris Coleman den fahrigen Besiktas-Legionär als Schwachpunkt ausgemacht und die Order ausgegeben: Presst auf den Kerl, was das Zeug hält!

Vor allem war es hier eben an Ledley, diese Vorgabe umzusetzen – er orientierte sich deutlich höher und machte aus dem System so sogar beinahe ein 4-4-2. Es war sofort extrem auffällig, dass Kavlak mit voller Macht angegangen wurde, sobald er den Ball hatte. Das zerstörte den eh schon verunsicherten Kavlak komplett und es hatte zur Folge, dass der österreichische Spielaufbau komplett kollabierte und de facto zu einer Solo-Show von Marko Arnautovic wurde.

Denn Prödl und Pogatetz hatten nun endgültig keine Optionen mehr in der Spieleröffnung. Ivanschitz versäumte es, sich fallen zu lassen und im Zentrum mehr in den Aufbau einzugreifen. Und Alaba hatte schlicht einen schlechten Tag und konnte das Zentrum gegen King und vor allem den enorm pass-sicheren Joe Allen nicht alleine zusammen halten.

Frühe Dominanz

Dabei fing Österreich zu Beginn der Partie durchaus vielversprechend an. Mit dem bereits erwähnten und bereits gewohnten hohen Pressing wurden die Waliser früh hinten festgenagelt und ein geordneter Spielaufbau des Heimteams unterbunden. Allerdings hatten es die Waliser offenbar ohnehin nicht auf eigene Gestaltung angelegt – schließlich agierten die Außenverteidiger Davies und Matthews extrem passiv, überquerten so gut wie nie die Mittellinie und sorgten so auch für wenig Gefahr.

Der einzige, der bei Wales wirklich presste, war mit Craig Bellamy die Sturmspitze im 4-3-3 von Chris Coleman. Der rannte dafür alles an, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Sinnbildlich die Szene nach rund 10 Minuten, als Österreich nach einer eigenen Ecke im Rückwärtsgang war und Bellamy jeden einzelnen Österreicher so unter Druck setzte, dass Prödl den Ball letztlich halb panisch wegdrosch.

Respekt vor Österreichs Flügeln

Sie machten zwar wenig nach vorne, dafür hatten Davies und Matthews die Aufgabe, Österreichs Flügelstürmer nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Das war nicht besonders schwer, weil sie sich voll auf Weimann und Arnautovic konzentrieren konnten – weil sie von Österreichs Außenverteidigern Klein und Suttner absolut nichts zu befürchten hatten. Hier fehlte es Österreich eindeutig an Spielzügen, um die defensiv orientierten AV der Waliser auszuhebeln, zumal die Außenstürmer Collison und Bale in der Rückwärtsbewegung sehr fleißig waren.

Im Gegenzug hieß das, dass Bale und Collison nach vorne wenig Unterstützung hatten und eher auf Zuspiele aus der Mitte angewiesen waren, vor allem von Joe Allen. Da Allens kurze Pässe zwar äußerst sicher waren, aber die langen auf die Außen zunächst nicht wie gewünscht ankamen, war Collison nach vorne gar nicht und Bale kaum involviert.

Problemzone Außenverteidiger

Dass dann doch mal ein lange Ball von Allen in den Lauf von Bale ankam und Suttner nicht mehr hinterher kam, musste man einkalkulieren – über 90 Minuten (bzw. 60, wie diesmal) kann man einen Bale einfach nicht an der kurzen Leine halten. Wesentlich bedenklicher müssen einen da schon die eklatanten Schwächen von Österreichs Zweitbesetzung auf den Außenverteidiger-Positionen stimmen.

Weimann und Arnautovic hatten auch deshalb Probleme, ins Spiel zu kommen, weil von hinten einfach keine taugliche Unterstützung kam. Als Suttner nach einer halben Stunde zum ersten Mal überhaupt Arnautovic ernsthaft und mit Tempo hinterlief, war sofort Unruhe in der walisischen Abwehr und Platz für Arnautovic, weil Ricketts und Matthews beide zögerten. Solche Szenen gab es von Suttner überhaupt nicht – obwohl durch den oft sehr tief agierenden Bale durchaus die Notwendigkeit gegeben war, selbst aufzurücken. Hätte Suttner an der Mittellinie auf Bale gewartet, hätte der Tottenham-Star eine deutlich bessere Figur gemacht.

Keine Frage, Suttner ist noch der beste österreichische Außenverteidiger in der heimischen Liga. Einer Liga, in der vor allem ein Faktum viele Spiele mühsam werden lässt: Die absolute Unfähigkeit, vernünftige Flanken in den Strafraum zu bringen. Wales merkte recht schnell, dass man Klein bedenkenlos flanken lassen konnte, weil im Gegensatz zu seinen Versuchen jede Schrotflinte ein Präzisionsgewehr ist. Und wohlgemerkt: Klein ist auf der RV-Position in der Ö-Liga weitgehend konkurrenzlos.

Nur Arnautovic sticht heraus

Es lag aber keineswegs nur an den Außenverteidigern – das zweite Gegentor etwa war eine formidable Gruppenarbeit. Erst ein eher unmotivierter und schon im Ansatz gefährlicher Cross von Alaba, dem Weimann nicht entgegen ging. Es folgte ein weiter Ball auf Bale, den Suttner unbedrängt flanken ließ, während Kavlak – mal wieder – nicht konsequent zurück rückte, und dann ging auch noch Prödl recht halbherzig ins Kopfball-Duell mit Vokes.

Der einzige Österreicher, dem man ein wirklich gutes Spiel unterstellen kann, ist Marko Arnautovic. Er bewegte sich ungemein viel, arbeitete auch gut defensiv (indem er etwa Matthews von Bale abzuschneiden versuchte), bot sich immer an. Er verschob bis hin zur Spielfeldmitte, wenn der Ball mal auf der anderen Seite war, er suchte 1-gegen-1-Situationen. Natürlich gelang auch ihm nicht alles, aber er war mit deutlichem Abstand der beste Österreicher auf dem Feld – und bereitete mit einer Top-Flanke (zu der die AV offenbar nicht in der Lage waren) das Anschluss-Tor von Marc Janko vor.

Warum war Hosiner mit?

Und man muss auch sagen, dass nicht alle Entscheidungen von Marcel Koller wirklich einen sinnvollen Eindruck machten. Sein Doppelwechsel nach einer Stunde (Junuzovic und Jantscher für den zu hoch stehenden Ivanschitz und den glücklosen Weimann) war absolut richtig, auch wenn er keinen wirklichen positiven Effekt auf das Spiel hatte. Was im Falle von Jantscher auch daran lag, dass Arnautovic, der nach der 60. Minute keine Augen mehr auf Bale haben musste, das Spiel komplett an sich riss.

Aber warum Kavlak bis zur 75. Minute spielen durfte, ist etwa ein Rätsel. Er war in der ersten Hälfte schon der schwächste Österreicher, wurde danach komplett zerstört – allerspätestens nach 55 Minute hätte er, leider, raus müssen. Vor allem aber hinterlässt einen die Personale Hosiner mit einem dicken Fragezeichen auf der Stirn. Warum genau war Philipp Hosiner mit? Der taktisch kluge Austria-Stürmer saß 90 Minuten auf der Bank, obwohl es offensichtlich war, dass ein Strafraum-Stürmer wie Janko ewig auf brauchbare Flanken waren konnte.

Und wann sollte man einen wie Hosiner ausprobieren, wenn nicht in einem Testspiel, in dem das Resultat im Grunde komplett wurscht ist?

Fazit: Ein Fehlstart, aus dem man schlau werden kann

Aber wenn es schon auf die Frage, ob Hosiner eine taugliche Variante ist, keine Antwort gab – man kann durchaus einige Erkenntnisse aus dieser 1:2-Niederlage ziehen. Etwa, dass es überhaupt keine Alternative zu einem Fuchs in halbwegs brauchbarer Form gibt, vor allem offensiv. Dass Garics zwar heftigen Leistungsschwankungen unterliegt, aber selbst ein wackliger Garics bringt noch mehr als ein Klein, dessen Flanken ein Desaster waren.

Man kann auch mitnehmen, dass Veli Kavlak – der zwar in einem guten türkischen Team spielt, aber eben in der nicht so guten türkischen Liga – nicht gut auf Pressing reagiert. Ein Julian Baumgartlinger, der diese Spielweise aus Deutschland kennt, dürfte da wohl resistenter sein. Es wurde auch deutlich, dass es Prödl und vor allem Pogatetz sichtbar an der Phantasie für eine sinnvollen Spieleröffnung fehlt, Aleks Dragovic stünde aber Gewehr bei Fuß.

Die deutlichste Erkenntnis von allen ist aber alles andere als neu: Österreich kann einen grundsätzlich defensiv ausgerichteten Gegner nicht knacken. Bedenklicherweise häufen sich in jüngster Zeit die schwachen Länderspiel-Leistungen, wie beim 0:0 in Astana oder beim 0:3 gegen die Ivorer. Mit solchen Performances wird in Irland und gegen Schweden wenig herausschauen.

Und nicht vergessen: Auch die Färinger können kompakt verteidigen und dem Gegner das Toreschießen schwer machen.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.