Was macht eigentlich Thomas Flögel? Antwort: Der frühere Teamspieler trainiert den Wiener Vertreter in der ÖFB-Frauenliga, den USC Landhaus. Und ließ seine Mannschaft beim Spiel in Linz mit Löchern in der Raumaufteilung spielen, die mehr als nur Besorgnis erregend waren. Erst nach einem hochverdienten 0:2-Rückstand stellte er um. Und die intelligenten Laufwege von Kapitänin Fiedler retteten seinem Team den Hintern.
In der ersten Halbzeit ging für Landhaus überhaupt nichts – was vor allem mit der äußerst kuriosen Raumaufteilung im 4-4-2 zusammen hängt. Die Abwehr-Kette klebte zumeist eisern zusammen, spielte sehr eng und bewachte den Strafraum. Ausflüge von den Außenverteidigerinnen waren sehr selten, im Gegenteil, immer wieder agierten sie sogar noch tiefer als das IV-Duo.
Dem trug das Mittelfeld allerdings in keinster Weise Rechnung. Die Flügelspielerinnen spielten extrem hoch und verließen die Außenlinien beide de facto nicht – dabei schien es egal, was sich zwischen ihnen abspielte. Denn die beiden Spielerinnen im zentralen Mittelfeld standen üblicherweise sehr tief mit einem relativ kleinen Abstand. Diese beiden verschoben gemeinsam. Dumm nur: Weil die Kolleginnen am Flügel eben dort blieben, bildeten sich unfassbare Löcher hinter und neben den Mittelfeld-Außen.
Die beiden Stürmerinnen, Roziaková und Kuyucaklioglu, waren völlig isoliert. Sie ließen sich kaum einmal ins Mittelfeld fallen, um zu helfen und die Löcher zu stopfen. Besonders auffällig war zudem, dass bei Standards gegen Landhaus acht Wienerinnen am eigenen Strafraum tummelten, das Sturm-Duo aber 40m von jeglicher Mitspielerin entfernt am Mittelkreis standen und auf Befreiungsschläge lauerten. Darauf kann sich natürlich jede gegnerische Abwehr problemlos einstellen.
Die Linzerinnen machen’s gut
Die Außenverteidigerinnen aus Linz wetzten zwar auch nicht wild die Seitenlinien auf und ab, boten sich aber deutlich mehr als Option an als jene aus Wien. Das isolierte die Mittelfeld-Außen von Landhaus zusätzlich. Zudem bot Kleinmünchen (weil die etatmäßige Spielgestalterin Beric verletzt ist) mit Viktoria Madl eine gelernte Strürmerin im zentralen Mittelfeld auf, was der Balance im Spiel gut tat. Die Mittelfeld-Außen rückten auch mal ein (vor allem Mares), die Raumaufteilung passte deutlich besser als bei Landhaus.
Vor allem aber pressten die Stürmerinnen auf die Abwehr-Kette von Landhaus. Durch den riesigen Abstand zum Mittelfeld (vor allem eben auf den Flügeln) waren Watzinger und vor allem Hudecocá immer wieder zu überhasteten und damit ungenauen Zuspielen nach vorne gezwungen, die logischerweise nur in den seltensten Fällen ankamen. Was aber immer noch das geringere Übel war, denn zweimal eroberte Kleinmünchen durch den ausgeübten Druck zentral vor dem Tor den Ball. Die Folge: Erst das 1:0, kurz darauf ein Elfer-Foul und so das 2:0.
Neue Rolle für Fiedler dreht das Spiel
Der Pausen-Rückstand von 0:2 war mehr als verdient; die Spielanlage weit davon entfernt, auch nur im Ansatz zu funktionieren. Für die zweite Hälfte wechselte Flögel zweimal aus – für die am rande einer gelb-roten Karten wandelnde LV Hudecová kam mit Katrin Obermann eine neue Verteidigerin; und für die unsichtbare Stürmerin Kuyucaklioglu kam Adriana Stockinger für’s zentrale Mittelfeld. Das hieß, dass Kapitänin Gabi Fiedler von dort nach vorne in den Angriff rückte.
Ein Goldgriff – denn obwohl die Abstände zwischen den Mannschafts-Teilen immer noch besorgniserregend groß waren, bewegte sich Fiedler vorne extrem gut und zeigte auf, was vor der Pause eklatant fehlte. Sie ließ sich immer wieder auch zurückfallen, war immer anspielbar, und vor allem brachte sie eines ins Spiel: Ein extrem intelligentes Bespielen der Abseitslinie.
Ihr Timing beim Starten in den Rücken der Linzer Abwehr war extrem stark, die Pässe in die Tiefe kamen nun praktisch im Minuten-Takt – und damit auch die Tore. Innerhalb von 20 Minuten hatte Landhaus aus dem 0:2-Rückstand eine 4:2-Führung gemacht. Damit war das Spiel im Grunde gelaufen.
Die Linzerinnen waren durch den Spielverlauf natürlich völlig durch den Wind, man brachte Fiedler in ihrer neuen Rolle nie unter Kontrolle, und auch der Druck auf die immer noch recht statische Abwehrkette ließ nach – was aber auch daran liegen kann, dass Strauchs vor der Pause einen heftigen Tritt an den Knöchel bekam. Sie hielt zwar noch bis zur 70. Minute durch, entfachte aber keine Wirkung mehr. Das Tor zum 5:2-Endstand quasi mit dem Schlusspfiff hatte nur noch statistischen wert.
Fazit: Solche Löcher! So wird’s für den Europacup kaum reichen
Ein seltsames Spiel. Vor der Pause passte beim Team von Thomas Flögel praktisch gar nichts, nach der Pause rettete die neue Rolle für Fiedler, welche diese Rolle auch extrem intelligent ausfüllte, ihrem Team den letztlich klaren Sieg. Damit konnte Landhaus das Team aus Kleinmünchen überrumpeln und nach vier (von 18) Spielen auf den zweiten Platz hinter Neulengbach hüpfen.
Das Team aus Kleinmünchen – dessen Saisonziel in erster Linie der Klassenerhalt ist – ließ sich auf dem falschen Fuß erwischen. Dass Spratzern und Innsbruck die unglaublichen Löcher in der Raumaufteilung im Kampf um Platz zwei hinter Abo-Meister Neulengbach – und damit den Platz im Europacup – hinter sich zu lassen sind, ist aber mehr als zweifelhaft. Gegen Vizemeister Spratzern gab’s zuletzt jedenfalls schon eine 0:4-Abreibung.
(phe)
PS: Das 4-4-2 ist in der ÖFB-Frauenliga das alles dominierende System – eine der wenigen Ausnahmen war in der jüngeren Vergangenheit gerade Landhaus. Unter Flögels Vorgänger Andreas Janotta wurde in einem 4-2-3-1 gespielt. Unter anderem auch beim Spiel in Linz. Das Resultat war letzten Oktober sehr ähnlich (Landhaus gewann 5:1), es brauchte aber keine Aufholjagd in der zweiten Hälfte. Allerdings eine ziemlich grobe Umstellung, weil Tina Charwat nach einer Viertelstunde verletzt raus musste – da drehte Janotta die Formation kräftig durch, behielt aber das 4-2-3-1 bei.
Im Übrigen hat Landhaus im Sommer mit Katja Trödthandl einen wichtigen Teil des Teams verloren – die Nationalspielerin ist zu Valencia gewechselt. Das fehlen einer zentralen Spielerin im Spiel nach vorne war beim aktuellen Spiel vor allem im Aufbau evident. Auch die Linzerinnen haben seither eine Spielerin ans Ausland verloren: Leni Jakober ging zu Jena.