Geheimfavorit Senegal? Naja. Gegen den gefährlichen Außenseiter Sambia strauchelten die Senegalesen nicht nur, sie fielen der Länge nach auf die Nase. Weil es nach guten Umstellungen nur noch den Anschlusstreffer gab! Womit der Druck auf Senegal steigt, weil der nächste Gegner, Co-Gastgeber Äquatorialguinea, sein erstes Spiel gegen Libyen knapp gewonnen hat.
Senegal – Sambia 1:2 (0:2). 0-1 Mayuka 12′ / 0-2 Kalaba 21′ / 1-2 Ndoye 74′
Im Spiel der Senegalesen passte nicht viel zusammen. Einerseits agierte die Abwehrkette sehr hoch, andererseits fehlte aber weiter vorne jegliches Pressing und jedes Defensiv-Verständnis im Mittelfeld, um das auch ausnützen zu können, ohne permanent in die Gefahr zu Laufen, ausgekontert zu werden. Dann stand Moussa Sow als nomineller Rechtsaußen im 4-3-3 so hoch und so weit innen, dass es Sambia keinerlei Problem war, ihn aus dem Spiel zu nehmen, während Mamadou Niang auf der anderen Seite so tief stand und auch nicht einrückte, dass sein Linksverteidiger Mbengue auch kaum sinnvoll hinterlaufen konnte.
Sambia war’s nur recht
Den Sambiern war das alles nur recht. Ihr französischer Trainer Hervé Renard – unter dem es vor zwei Jahren schon ein sehr gutes Turnier gab und der vor Kurzem wieder zurückgeholt wurde – verpasste dem Team ein Konzept, das auf stark organisierter Defensive aufbaute und nach Ballgewinn überfallsartige Konter lief. Mit einem Wort: Die hohe Verteidigungslinie und der behäbige Spielaufbau der Senegalese spielte Sambia voll in die Hände.
Weil mit Nathan Sinkala und Rainford Kalaba das Duo im zentralen Mittelfeld des flachen 4-4-2 einen extrem guten Job machte, wenn es darum ging, dass allzu sehr auf das Zentrum konzentrierte Spiel der Senegalesen zu stören und dem Mittelfeld-Trio zwar nicht mit aggressivem Pressing, aber doch mit einigem Druck auf den Ballführenden die Zeit zu nehmen, sinnvoll aufzubauen. Und gleichzeitig provozierten sie Ballverluste, aus denen die Kapital schlagen konnten – das 1:0 nach einem Freistoß wurde so eingeleitet, das 2:0 fiel direkt aus einem schnellen Konter.
Senegal reagiert richtig
Amara Traoré, der senegalesische Teamchef, nahm schon nach einer halben Stunde den besonders schwachen Rémi Gomis rauf und brachte mit Dame Ndoye einen offensiveren Mann. Der Spieler vom FC Kopenhagen blieb zunächst bis zur Pause im Mittelfeld – er sollte dort direkteres und schnelleres Spiel nach vorne bringen, es ging aber immer noch zu viel durch die Mitte. Eben auch, weil sich Sow und Niang selbst ein wenig aus dem Spiel nahmen.
Für die zweite Hälfte stellte Traoré dann gröber um, und zwar de facto auf ein 4-2-4: Niang blieb in der Kabine, dafür kam Issiar Dia neu in die Mannschaft. Dia ging nach rechts, womit die Flanke dort endlich ordentlich besetzt war, Ndoye beackerte die linke Seite. Die Rolle von Moussa Sow blieb dafür etwas unklar – wohl auch ihm selbst. Zweite Spitze? Hoch stehende Nummer zehn? Oder doch weiter eher über rechts kommend, wo er mitunter Dia auf den Füßen stand?
Über die Flügel geht’s gut
So oder so: Senegal verlegte das Spiel nun endlich raus aus dem Zentrum, das Sambia in der ersten Hälfte unter Kontrolle gehabt hat, und versuchten, ihre Flügel im Rücken der sambischen Mittelfeld-Außen ins Spiel zu bringen. Dort konnten die Senegalesen ihre individuelle Überlegenheit viel besser ausspielen als im kompromisslos zugemachten Zentrum und sie diktierten das Spiel nun nach belieben.
Umso mehr, als Papiss Cissé für Sow neu in die Partie kam und sofort einen sehr gefährlichen Eindruck machte. Das Anschlusstor, dass Ndoye eine Viertelstunde vor Schluss gelang, war nur noch eine Frage der Zeit und die europäischen Fußball gewohnten Senegalesen hatten in der Schlussphase auch ganz deutliche Kräftevorteile. Wie K.o. Sambia war, zeigte sich bei einem äußerst halbherzig gespielten und letztlich leichtfertig verschlampten Konter kurz vor Schluss. Der aber nicht mehr machte, weil dem Senegal der Ausgleich, der verdient gewesen wäre, nicht mehr gelang.
Fazit: Das sind die zwei Viertelfinalisten
Was kann das Team aus dem Senegal also mitnehmen, wenn schon keine Punkte? Die Erkenntnis, dass mit der richtigen Umstellung und konsequentem Flügelspiel die Partie total unter Kontrolle gebracht werden konnte. Aber auch, dass der pomadige Halbgas-Fußball aus der ersten Hälfte, gepaart mit unglaublichen defensiven Nachlässigkeiten im Mittelfeld bestraft wird. Keine Frage, gegen die beiden verbleibenden Gruppengegner muss Senegal ohne Wenn und Aber den Viertelfinal-Einzug fixieren.
Weil aber auch Sambia klar über die beiden anderen Teams zu stellen und und nun die drei Punkte auf dem Konto hat, könnte diese Niederlage für Senegal noch sehr teuer werden, weil es nun im Viertelfinale höchstwahrscheinlich gegen die Ivorer geht. Bei den Sambiern muss sich in den verbleibenden Gruppenspielen zeigen, wie gut das Team ein Spiel selbst aufziehen kann. Denn hier mussten sie das nicht tun und Verteidigen und auf Konter spielen, das wurde nun sehr deutlich, kann der Viertelfinalist von vor zwei Jahren ganz vorzüglich.
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Äquatorialguinea – Libyen 1:0 (0:0). 1-0 Balboa 87′
Davor gab’s schon das Eröffnungsspiel dieses Afrika-Cups: Mit Co-Gastgeber Äquatorialguinea und Libyen trafen die beiden Gruppen-Außenseiter aufeinander. Viel Schönes gab’s beim 1:0-Sieg der Heimischen aber nicht zu sehen. Im Gegenteil: Die beiden Teams zeigten das wahrscheinlich schlechteste Spiel des ganzen Turniers. Hoffenlich.
Die Gastgeber, bei denen erst zwei Wochen vor dem Turnier mit Gilson Paulo ein neuer Teamchef installiert worden war, traten in einem 4-2-3-1 an, das aber auf den Außenpositionen sehr unterschiedlich interpretiert wurde: Während Randy Iyanga auf der linken Seite viel Wirbel machte und immer wieder auch mit guter Technik zur Grundlinie durchging, rückte Portugal-Legionär Balboa auf der rechten Seite immer wieder weit ein.
Das erlaubte Rabea Akoubaker, dem libyschen Linksverteidiger, vor allem in der Anfangsphase, weit nach vorne aufzurücken und Ahmed Saad Osman, der seinerseits vorne früh nach innen rückte, zu unterstützen. Gerade über diese linke Seite dominierten die Libyer das Spiel zunächst.
Die „Ritter vom Mittelmeer“, von denen einige selbst im Krieg kämpften und deren Qualifikation angesichts der Umstände eine unglaubliche Sensation ist, konnten ihren Schwung aber nicht mitnehmen. Nach etwa einer Viertelstunde attackierten die Äquatoguineaner früher, versuchten sich an schnellem Spiel nach vorne und kamen so auch zu guten Chancen – einem Pfostenschuss und einem Tor, das wegen (vermeintlichem?) Abseits aber nicht gegeben wurde.
Niveau sinkt
Je länger die erste Halbzeit ging, desto weiter sank aber das Niveau in den Keller. Iyanga auf der linken Seite gewann zwar viele Zweikämpfe, seine Zuspiele waren aber eine Katastrophe; die Außenverteidiger rückten immer weniger auf (bei den Gastgebern machten sie das ohnehin nie, die Libyer wurden immer vorsichtiger), und in der Mitte standen sich praktisch alle auf den Füßen und keiner schaffte es, öffnende Pässe auch an den Mann zu bringen.
Zudem war das Tempo äußerst überschaubar und bei beiden Teams nicht wirklich eine Strategie erkennbar, an die sich die Teams hielten. Das änderte sich auch in der zweiten Hälfte nicht, nachdem Libyen brasilianischer Teamchef Marcos Paqueta von einem Hybrid aus 4-1-4-1 und 4-2-3-1 auf ein recht klares 4-2-3-1 umstellte, indem er Esnani zurückbeorderte. So war Balboa besser unter Kontrolle und das Spiel verlor sich ohne Linie endgültig in einem eher planlosen Mittelfeldgeplänkel.
Später Siegtreffer
Dass es am Ende doch die Gastgeber waren, die die Oberhand behielten, liegt daran, dass sie dennoch die leicht höhere Kreativität an den Tag legten und in der 87. Minute ein feiner Lochpass den genau rechtzeitig in den freien Raum hinter der erstaunlich weit aufgerückten libyschen Abwehr gestarteten Balboa fand und jener Spieler, der sich bei Real und Benfica nicht durchsetzen konnte und nun beim Portugiesischen Mittelständler Beira-Mar spielt, cool abschloss. Kurz danach schoss der eingewechselte Ekedo sogar nochmal an die Latte.
So holt Co-Gastgeber Äquatorialguinea in einem alles andere als hochklassigen Spiel einen nicht unverdienten Sieg, weil man sich trotz einer überschauberen Leistung, was Tempo, Strategie und Zusammenspiel angeht, dennoch als geradlinigere Mannschaft präsentierte. Für einen Viertelfinaleinzug reicht es so aber nicht.
(phe)