Alkmaars Spielanlage kommt der Austria entgegen – aber es reicht nicht ganz

Lange Zeit sah es so aus, als sollte die Austria beim holländischen Spitzenteam AZ Alkmaar einen überraschenden Sieg einfahren. Damit klappte es nicht ganz, aber die Erkenntnis bleibt, dass die Spielanlage der Holländer dem System und den Stärken der Austria durchaus entgegen kam.

AZ Alkmaar - Austria Wien 2:2

Was muss man tun, um gegen AZ zu bestehen? Erstens, sich von der sehr variabel ausgerichteten Abwehrkette, aus der immer einer aufrückt – auch die Innenverteidiger – nicht verwirren lassen. Und Spieleröffner und -gestalter Rasmus Elm aus dem Spiel nehmen.

Rezept gegen Alkmaar

Beides machte die Austria in Alkmaar recht gut. Allerdings nicht, indem die Violetten so massiv aus Elm pressten. Sondern, in dem sie den Schweden selbst eher in Ruhe ließen, ihm aber durch geschicktes Stellungsspiel und gute Laufarbeit die Anspielstationen nahmen. Vor allem die beiden Flügel Gudmundsson und Beerens wurden relativ heftig unter Druck gesetzt, sodass die Holländer über die Flügel praktisch gar keine Gefahr erzeugen konnten.

In der Mittelfeld-Zentrale hatten Mader und vor allem Hlinka einen dezidiert defensiven Job, sie nahmen Maher und Wernbloom gut auf. Vor allem Wernbloom wich immer wieder auf die Flanke aus, stand dort aber eher Beerens auf den Füßen, anstatt konstruktiv nach vorne zu spielen.

Austria fühlt sich wohl…

Was die Austria vor allem in diesem Bereich des Platzes sehr gut machten, war das Gewinnen des Balles gegen eine nicht gerade passsichere Mannschaft aus Holland und das flinke Umschalten vor allem von Jun und Barazite. Gerade Letzterer arbeitete sehr viel auch nach hinten, bot sich immer an und war gegen den im defensiven Mittelfeld nach Ballverlusten relativ einsamen Elm nicht selten in der besseren Position.

Die Austria fühlte sich in ihrer Rolle, das Spiel nicht machen zu müssen sondern Fehler der Gegner zu provozieren und ausnützen zu können, sichtlich wohl. Das hieß, dass die Außenverteidiger nicht allzu viel nach vorne machen mussten, darin in ja schließlich vor allem Klein nicht gerade ein Meister. Sie schalteten die gegnerischen Flügel aus, während Gorgon und Junuzovic vor ihnen bei Ballgewinn ausschwärmten.

…und nützt die Chancen

Vorne kam Alkmaar somit nicht richtig durch und hinten ergaben sich immer wieder Lücken, welche die Austria – deren Chancenverwertung schon in Malmö sehr stark war – gnadenlos ausnützten. Erst lenkte Rechtsverteidiger Dick Marcellis einen Eckball zwischen Barazite und Ortlechner ins eigene Tor ab, dann nützte Gorgon eine Unstimmigkeit in der AZ-Abwehr – und die Favoritener führten beim Favoriten mit 2:0.

Was nicht unverdient war, schließlich kam vor allem Barazite immer wieder zu Halbchancen. Auf der anderen Seite konnte Alkmaar das Tor von Pascal Grünwald praktisch gar nicht unter Beschuss nehmen, daran änderten auch die diversen Vorstöße von Innenverteidiger Ragnar Klavan nichts. Im Gegenteil: Im Raum rund um Elm und vor der Dann-noch-Dreierkette breiteten sich Jun und Barazite mit Genuss aus.

Adjustierungen von Verbeek

Alkmaar-Trainer Geert-Jan Verbeek reagierte, indem er in der zweiten Halbzeit Linksaußen Gudmunsson und Beerens die Seiten tauschen ließ, die jeweils weiter ins Zentrum zog und Simon Poulsen sowie Dick Marcellis dafür deutlich mehr Verantwortung im Spiel nach vorne übernahmen mussten. Das hatte den sicherlich erwünschten Effekt, dass Gorgon und Junuzovic  nun komplett in der Defensive gebunden waren und das Flügelspiel der Austria nun tot war.

Es sorgte aber nicht für mehr Esprit im Spiel nach vorne und nicht für deutlich mehr Torgefahr. Weiterhin ging zu viel über die Mitte, wo die sehr gut gegen den Ball arbeitende Austria zumeist allem im Griff hatte. AZ schaffte es nicht, ein wirksames Flügelspiel zu etablieren, es wurde zu wenig hinterlaufen, die Abwehr der Austria zu wenig in die Breite gezogen.

Umstellung der Holländer…

Immerhin, Alkmaar kam in dieser Phase nie in die Gefahr, ein endgültig entscheidendes drittes Gegentor zu kassieren – erst in der 70. Minute hatten die Gäste nach einem Eckball die erste echte Torchance in der zweiten Hälfte, bei der der vermeintliche Torschütze Jun jedoch deutlich im Abseits stand. Kurz darauf stellte Verbeek um: Mit Altidore kam statt Maher eine echte zweite Spitze – es war nun ein sehr flüssiges 4-4-2.

Das bot der Austria zwar im nun deutlich entzerrten Mittelfeld-Zentrum Räume, um nach Ballgewinnen kontern zu können. Das bedeutete aber andererseits, dass die Holländer nun eine zweite Anspielstation im Zentrum hatten, die sie mit ihren oftmals etwas längeren Bällen bedienen konnten. Vor allem der für die rechte Seite eingewechselte Lewis machte Suttner große Probleme.

…macht sich bezahlt

Uns Lewis war es auch, der zehn Minuten vor Schluss den Anschlusstreffer für die Holländer vorbereitete: Eine seiner Flanken lenkte Petr Hlinka ins eigene Tor ab. Bitter, aber ein Treffer wäre es ohnehin geworden, weil hinter im Altidore einschussbereit stand. Und weil Alkmaar merkte, dass die Austria bei knapp vor das Tor gezogenen Flanken anfällig war, wurde die nächste Ecke genauso gebracht, und Wernbloom verwertete zum 2:2-Ausgleich. Daxbacher brachte daraufhin Linz für den müde gelaufenen Barazite – Unterschied machte es keinen mehr. Ebenso wenig wie der Ausschluss von AZ-Kapitän Moisander in der Nachspielzeit.

Fazit: Spielverlauf lässt 2:2 wie Niederlage anfühlen

Die Austria machte es gegen den nominell stärkeren Gegner lange Zeit sehr gut: Die Flügelstürmer aus dem Spiel nehmen, die Spitze isolieren, die Spieler im Halbfeld angehen und Taktgeber Elm die Anspielstationen nehmen. Das Mittelding aus 4-1-4-1 und 4-3-3, das Alkmaar 75 Minuten lang spielte, kam den Stärken und dem System der Austria sehr entgegen. Die Violetten nützten dazu ihre Chancen stark aus und blickten einem überraschenden Sieg entgegen.

Erst die Umstellung von Verbeek mit einer zweiten Anspielstation im Sturmzentrum und der Neubelebung der rechten Flanke mit Lewis statt Beerens (und in der 2. Halbzeit Gudmundsson) brachte das spielerische Übergewicht der Gastgeber auch auf das Scoreboard. Bitter für die Austria, dass es im Grunde zweimal das gleiche Tor war, das ihnen die Punkte raubte – jeweils eine kurz vor das Tor gezogene Flanke.

So fühlt sich das 2:2, das zweifellos für sich betrachtet ein wunderbares Ergebnis ist, tatsächlich eher wie eine Niederlage an.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.