Nach fast sechs Jahren gewinnt die Austria mal wieder ein europäisches Gruppenspiel. Dabei wurde ein mehr aufgrund höherer Klasse als besserer Spielanlage herausgespielter 2:0-Vorsprung mutwillig durch seltsame Umstellungen in der Schlussphase beinahe noch hergeschenkt.
Tomas Jun wurde nicht rechtzeitig fit – das hatte eine kleine Umstellung in der Mannschaft der Wiener Austria zur Folge. Alex Gorgon kam in die Mannschaft und übernahm die linke Seite, dafür rückte Nacer Barazite in die Mitte. Und er war dort das absolute Um und Auf bei den Violetten, also Mischung aus Zehner, hängender Spitze und Mädchen für alles im Mittelfeld.
Nichts außergewöhnliches bei den Schweden
Beim kürzlich entthronten schwedischen Meister aus Malmö stellte sich das System als klassischen 4-4-2 dar, das auch nicht besonders sophisticated angelegt war: Hoch aufrückende Abwehrkette, wenig Raum zwischen Vierteidigung und Angriff, und mit langen Bällen auf die beiden Spitzen Larsson und Ranegi. Erstaunlicherweise hatte die Austria in den Anfangsminuten gerade mit den zahlreichen, äußerst simplen, langen Pässen auf die beiden Stürmer von Malmö einige Probleme.
Die Schweden versuchten, den beiden Spieleröffnern Mader und Grünwald wenig Zeit am Ball zu lassen und Barazite so gut es ging zu isolieren. Was Malmö aber hauptsächlich in die Karten spielte, waren Leichtsinnigkeiten bei der Austria und das ungeheuerlich langsame Umschalten der Wiener von Defensive auf Offensive. Genau das nämlich machten die Gastgeber viel gedankenschneller und zwingender.
Malmö schaltet schnell um
Was sich in einigen Situationen zeigte, vor allem aber bei den zahlreichen unvorsichtigen Ballverlusten der Austria in der Vorwärtsbewegung. Sobald Malmö den Ball hatte, lief nicht nur der eine Spieler, der die Kugel erobert hatte, auf das Austria-Tor zu, sondern zumindest vier Mitspieler sprinteten ebenso Richtung gegnerischer Grundlinie, um die Austria-Abwehr zusätzlich unter Druck zu setzen und auf mögliche Abpraller gefasst zu sein.
Ganz anders bei der Austria: Kam Violett in Ballbesitz, wurde das Spiel erst einmal verschleppt, langsam gemacht; gewartet, bis sich die Mitspieler halbwegs in Position gebracht hatten. Was logischerweise dazu führte, dass dann längst auch die Schweden wieder gut gestaffelt standen und mit kurzen Pässen nicht mehr viel auszurichten war. Komisch, dass die Austria das beste Mittel gegen eine dicht gestaffelte, aber hoch stenden Abwehr viel zu selten versuchte: Steilpässe in den Lauf.
Zwei richtige Aktionen, zwei Tore
Es war bald klar, dass man sich durch den wenigen Platz im Zentrum nicht durchkombinieren kann. Aber mit Linz und auch Junuzovic auf der rechten Seite gab es durchaus schnelle Leute, die man steil in den Rücken der Viererkette schicken hätte können. Schnelle Pässe in den Raum gab es bei der Austria in der ganzen ersten Hälfte im Grunde nur in zwei Situationen – und genau das waren die beiden Tore zur 2:0-Halbzeitführung.
Erst wurde Junuzovic in den Raum hinter der Abwehr geschickt, sein Schussversuch wurde vor die Füße von Barazite geblockt und dieser zog trocken ab; dann sah Gorgon auf der anderen Seite Klein mit Tempo durchgehen, bediente ihn, und Alex Grünwald verwertete die Flanke zum zweiten Tor. Eine Führung, die sich angesichts des Spielverlaufs nicht wirklich abgezeichnet hatte, aber deutlich machte, dass die Austria an sich die klar bessere Mannschaft ist.
Denn es gab keinerlei Pressing, so konnte auch die Überzahl im Zentrum nicht genützt werden, es gab kaum Bälle in die Spitze, und doch eine 2:0-Führung. Auch, weil man sich man sich schnell auf die eher eindimensionale Spielgestaltung von Malmö einstellen konnte, kaum mehr als Weitschüsse zuließ und es den Schweden trotz guten Umschaltens immer seltener gelang, die Austria in Verlegenheit zu bringen.
Souveränes Verwalten, bis…
Und mit dem 2:0 hatte man nach Wiederanpfiff so ein wenig den Eindruck, dass die Austria das Spiel schon gewonnen hat, denn bei Malmö zeigte sich nun das klassische Problem mit einem 4-4-2: Wenn man nicht klar besser besetzt ist als ein im 4-2-3-1 oder 4-4-1-1 agierender Gegner (und das ist Malmö gegenüber der Austria ganz sicher nicht), kann man kein Spiel gestalten. Die Schweden versuchten nun durch intensiveres Pressing, der Austria den Ballbesitz zu nehmen.
Nur: Hatte die Heimmannschaft den Ball erobert, wusste sie nichts damit anzufangen. Die Austria hingegen stellte sich gut darauf ein, blieb mit sechs Mann hinten und stellte dort den Raum zu, während die vier Offensiven auf die sich immer wieder bietende Chance zu Kontern durch die nun einigermaßen entblößte Zentrale der Schweden lauerte. Die Austria spielte diese alles andere als konsequent aus, aber Malmö blieb ebenso harmlos.
…Malmö richtig wechselt und die Austria falsch
Alles deutete also auf ein souveränes Verwalten den 2:0-Vorsprungs hin, aber Malmö-Trainer Rikard Norling gab sich noch nicht geschlagen und stellte zwanzig Minuten vor Schluss auf ein 4-3-3 um – kurioserweise war es Innenverteidiger Pontus Jansson, der nun als Rechtsverteidiger spielte, ihn ersetzte der Finne Halsti im Abwehrzentrum. Ein logischer Wechsel, denn so konnte die Austria-Viererkette auseinander gezogen werden und gleichzeitig stellte man einen numerisches Gleichgewicht im Zentrum her.
Umso seltsamer war der folgende Wechsel von Karl Daxbacher: Für Roland Linz brachte er Petr Hlinka, stellte also somit das Zentrum defensiv zu. Das ginge, wenn man das Zentrum des Gegners anpresst und unter Druck setzt, genau das passierte aber gar nicht – und nur mit Raum zustellen geht’s heutzutage auch gegen einen an sich schwächeren Gegner auf internationaler Ebene nicht.
Alex Grünwald sollte nun etwas vorgerückt spielen, aber es fehlte nun so ein wenig das Bindeglied zwischen Defensive und Offensive; Barazite war nun Solo-Spitze. Nun rannte Malmö die Austria über die Flanken nieder, riss Löcher und bekam das Spiel komplett in den Griff. Der 1:2-Anschlusstreffer durch Ranégie zehn Minuten vor Schluss war logisch.
Die Austria packte danach endgültig die Angst, eine Partie noch herzugeben, die man komplett im Griff gehabt hatte; Malmö drückte, wenn auch mehr mit der Brechstange als noch wirklich durchdacht, auf den Ausgleich. Wie blank die Nerven bei der Austria lagen, dokumentiert auch der eher kuriose Ausschluss von Alex Grünwald, der sich bei seiner Auswechslung wohl etwas gar viel Zeit gelassen hatte. Aber es reichte.
Fazit: Mutwillig einen sicheren Sieg fast hergeschenkt
Inhaltlich war Malmö schon in der ersten Hälfte eigentlich die patentere Mannschaft, aber die individuelle Klasse war auf Seiten der Austria und so fiel die Spielanlage, die gegen einen stärker besetzten Gegner mit gleicher Ausrichtung garantiert nicht zum Erfolg geführt hätte, nicht allzu sehr ins Gewicht. Ja, durch zwei der wenigen tauglichen Angriffsaktionen kam man zu einer recht komfortablen 2:0-Führung, die in der zweiten Halbzeit souverän zu halten gewesen sein schien.
Aber die äußerst feige und auch nicht wirklich sinnbringende Reaktion der Austria, gegen ein flügelorientiertes 4-3-3, auf das Malmö in der 70. Minute umstellte, das Zentrum zuzustellen, hätte beinahe noch den Sieg gekostet. Letztlich war es einer Portion Glück zu verdanken, dass eine aufgrund der höheren Klasse souveräne Führung nicht noch auf recht patscherte Art und Weise verdaddelt wurde.
(phe)