Napoli ein Spitzenteam? (Noch) nicht.

Der Überraschungs-Zweite der Serie A gegen das Team, dass in Spanien um den Titel „Best of the Rest“ kämpft, Teil zwei: Im Hinspiel neutralisierten sich Napoli und Villarreal. Beim 2:1-Sieg der Spanier im Rückspiel zeigte sich vor allem, dass die Italiener zwar ein gutes Team stellen – aber keine Spitzenmannschaft.

Villarreal CF - SSC Napoli 2:1

Walter Mazzarri änderte sein Team gegenüber dem Hinspiel nur auf einzelnen Position, nicht aber seine bewährte Grundformation des 3-4-2-1; wobei die wohl wichtigste Änderung Edinson Cavani betraf: Er saß zunächst auf der Bank und José Ernesto Sosa begann. Bei Villarreal standen bis auf Senna (für ihn rückte Valero ins Team) die selben Spieler in der Startelf wie beim 0:0 im Hinspiel letzte Woche. Was auch hieß: Die Partie verlief auch sehr ähnlich dem von vor sieben Tagen.

Villarreal versuchte sich an der Spielgestaltung, was vom konsequenten und frühen Pressing der Italiener aber erfolgreich gestört. Selbst lief sich der aktuelle Zweite der Serie A aber nach Ballgewinnen praktisch immer in der schnell wieder dicht gestaffelten Abwehr der Spanier fest. Kam Villarreal doch einmal in die Nähe des Napoli-Strafraums, gab es dort ob der systembedingten Unterzahl kein Durchkommen. So war das Tempo des Spiels hoch, genauso die Intesität, aber Torszenen blieben aus.

Eminent wichtig waren im taktischen Duell natürlich vor allem beim Aufeinandertreffen des 4-4-2 von Villarreal mit dem 3-4-2-1 von Napoli die Kämpfe um die Flanken. Hier setzten sich über das Spiel gesehen die Spanier durch: Cani und Gaspar schafften es, dass Dossena zu keinem Zeitpunkt ernsthaft ins Spiel kam. Die linke Seite von Napoli war somit völlig aus dem Spiel.

Die andere Seite beackerte Zuniga mit etwas mehr Erfolg. Er hielt zum einen Cazorla gut ruhig und ging auch immer wieder beherzt nach vorne, konnt aber andererseits nicht verhindern, dass Weltmeister Capdevila oftmals tief in der Napoli-Hälfte auftauchte. Aber wenn bei Napoli was ging, dann über Zunigas Seite.

Logische Folge: Führung aus einem Eckball

So war es beinahe logisch, dass das 1:0 für Napoli aus einer Standardsituation entstand: Eine kurz abgespielte Ecke von rechts, eine Flanke vor das Tor und Hamsík köpft (wenn auch aus schwer abseitsverdächtiger Position) zum 1:0 für die Italiener ein. Was die mitgereisten Fans so heftig bejubelten, dass der Zaun zwischen Tribüne und Platz kollabierte und ein Dutzend Fans aufs Feld purzelten…

Ein Tor, das seine Wirkung nicht verfehlte – denn nun konnte sich Napoli etwas zurück ziehen und Villarreal etwas defensiver erwarten; schließlich brauchten die Hausherren nun schon zwei Tore. Angesichts der Tatsache, dass Zuniga und Dossena sich nun also normale Außenverteidiger verhalten konnten und die Seiten defensiv gut zumachten, standen dann immer noch drei Innenverteidiger und zwei defensive Mittelfeldspieler zur Verfüngung, die Villarreal auch noch umkurven musste. Kein Wunder, dass die Angriffsversuche der Spanier immer hilfloser wurden und das Tempo alsbald komplett aus ihrem Spiel wich. Napoli hatte alles fest im Griff, und als Lavezzi aus einem Konter ganz alleine auf Keeper Diego Lopez zulief, hätte es schon die Vorentscheidung sein müssen – aber der Villarreal-Goalie parierte (27.).

Zwei Fehler, zwei Gegentore

Es sah bei Napoli alles bombensicher aus, aber dann passte in der 42. Minute für einmal doch die Zuordnung nicht: Cribari grätschte daneben, ein schneller Steilpass vor das Tor, und Nilmar setzte sich gegen den zurückgeeilten Hamsik (!) durch – der Ausgleich. Und ehe es sich die Italiener versahen, lagen sie noch vor dem Pausenpfiff sogar im Rückstand: Ballverlust in der Vorwärtsbewegung, schneller Ball auf Giuseppe Rossi, und dessen Schuss wird für Napoli-Schlussmann Morgan de Sanctis unhaltbar abgefälscht.

Den doppelten Nackenschlag konnte Napoli nicht so ohne Weiteres verarbeiten, wie die Anfangsphase der zweiten Hälfte deutlich zeigte. Es häuften sich nun die Fehlpässe, die Abwehr (die mit Cannavaro und Aronica ja gleich ohne zwei Stammverteidiger spielte) begann zu schwimmen. Zudem war das Spiel der Italiener weiterhin sehr eindimensional rechtslastig.

Mit Cavani kommt Schwung, aber auch Planlosigkeit

In der 53. Minute brachte Mazzarri dann mit Edinson Cavani seinen Superstar in der Spitze statt des unauffälligen Sosa. Mit dem Uruguayer kam zwar sofort Schwung in das Spiel der Italiener: Cavani hatte sofort die erste Kopfball-Chance (55.), traf den Pfosten (66.) und setzte einen Fallrückzieher über das Tor (72.).

Doch in gleichem Maße wich das durchdachten Spiel der ersten Hälfte immer mehr einem eher planlosen Angriffsspiel nach dem Motto „Gib den Ball einem der drei da vorne, die werden schon was draus machen“. Natürlich kann man einen wie Cavani nie ganz ausschalten, aber Villarreal machte einen guten Job, das so gefährliche Angriffstrio Cavani/Lavezzi/Hamsik (die 33 von Napolis 41 Serie-A-Toren erzielt haben) aus der unmittelbaren Gefahrenzone fern zu halten.

Daran änderte sich auch nichts, als Mazzarri zehn Minuten vor Schluss Innenverteidiger Cribari vom Platz nahm und mir Mascara einen weiteren Stürmer brachte. Im Gegenteil – Villarreal hatte im Konter sogar noch diverse Chancen, mit einem dritten Tor das Spiel zu entscheiden.

Fazit: Der kühlere Kopf gewinnt

Eigentlich hatte Napoli ja den besseren Matchplan: Frühes Pressing, hinten gut zumachen, vorne auf die individuelle Klasse bauen. So hatten die Italiener Villarreal in der ersten halben Stunde voll im Griff. Nach der Führung aber ließen sie die Zügel zu schnell schleifen und die Spanier nützten zwei Fehler gnadenlos aus. Nach der Pause fehlte es Napoli an der Ruhe, wieder zum eigenen Spiel zurück zu kehren und die Spanier brachten den Sieg über die Zeit.

Im größeren Kontext sagt dieses Spiel mehr über Napoli aus, als über Villarreal. Die zweite Halbzeit hat gezeigt, dass es beim Zweiten der Serie A noch an der Klasse fehlt, gegen einen qualitiativ wirklich guten Gegner Rückschläge zu verarbeiten und die Ruhe zu bewahren, wenn es darauf ankommt. Das unterscheidet eine gute Mannschaft von einem Spitzenteam – und letzteres ist Napoli dann doch (noch) nicht.

(phe)

Lest auch die Analyse des Hinspiels auf ballverliebt

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.