Europa League 2010/11 - Runde der 32, Hinspiel
San Paolo - 17.2.2011
Napoli - Villarreal
0:0
Tore: keine

Napoli vs Villareal – Ungeduld kostet Punkte

Die Europa League ist in ihrer K.O.-Phase. Österreichische Klubs sind zwar keine mehr dabei, aber wenn der aktuelle Zweite der Serie A gegen den Vierten der Primera Division antritt, sollte man trotzdem hinsehen. Napoli kämpft in Italien um die Meisterschaft, Villarreal weiß schon jetzt ziemlich sicher, dass man nächste Saison in der Champions League-Quali startet. An diesem Abend ging es aber vorerst um den kleineren europäischen Pokal.

Napoli - Villarreal: Startformationen

Napoli startete mit einem bekannten 3-4-1-2 in die Partie, eines das sich Kenny Dalglish für sein neues Liverpool-Modell wahrscheinlich angesehen hat. Dem gegenüber machte sich das 4-4-2 von Villarreal fast schon bieder traditionell aus, obwohl es durchaus seine Eigenheiten hatte.

Eine wesentliche Reibingsfläche bot sich im Duell zwischen den beiden Wingbacks von Napoli und den Mittelfeld-Außenspielern von Villarreal. Während Dossena und Maggio naturgemäß den Lauf der Seitenlinie entlang suchten, wollten Valero und Cazorla eigentlich zur Unterstützung ihrer beiden Stürmer zur Mitte ziehen. Die Frage des Abends war also, wem die Mitspieler die Verwirklichung ihrer Idee besser ermöglichten.

Und abgesehen von einigen wenigen Phasen war das eher Napoli. Deren kompakten Zentrale sorgte dafür, dass die Gast-Avancen durch die Mitte meist genau dort verendeten – nicht selten um einen Konter über die Flügel einzuleiten. Das wäre berechenbar gewesen, hätte vorne hinter den hellblauen Spitzen Lavezzi nicht in der Rolle der zentralen Spielfigur brilliert. Der 25-jährige Argentinier sorgte mit seinem allgegenwärtigen Treiben für das unberechenbare Moment im Spiel der Gastgeber. Gerne kombinierte er über links mit dem ebenfalls starken Dossena, oft auch über rechts mit Maggio, ab und zu sogar durch die Mitte mit versuchten Vorlagen für Cavani.

Gut gepresst

Beide Mannschaften spielten diszipliniertes Pressing. Napoli lauerte ab der Mittellinie, um im Fall eines zu schlechten Passes in der gelben Verteidigung auch schon mal blitzschnell dort für Druck zu sorgen. Villarreal setzte schon tiefer in der Hälfte der Italiener an. So entwickelte sich ein recht hohes Spieltempo.

In der Defensivbewegung zeigte Napoli sich wesentlich kompakter. Die defensive 5er-Zentrale die um die beiden Wingbacks ergänzt wurde, ließ gegen die etwas in der Luft hängenden beiden Spitzen nichts anbrennen. Trotz numerischer Unterlegenheit in dieser Region versuchte Villarreal es quasi 90 Minuten lang ausschließlich dort. Meist war das mäßig effektiv, ab und zu kam man dann aber doch durch. Nilmar scheiterte etwa in der 14. Minute am italienischen Schlussmann.

Villarreal hingegen hatte wesentlich mehr Mühe mit den Napoli-Angriffen. Napoli kam sehr breit angedonnert, was in Kombination mit dem permanenten Anbohren der Verteidigung über die Flügel dazu führte, dass beim „Gelben Uboot“ die letzten beiden Abwehrreihen nahezu auf eine Linie gedrückt wurden. In der Mitte hielt die Innenverteidigung trotzdem die meiste Zeit über dicht. Wenn Cavani doch einmal freigspielt wurde, rettete entweder Lopez (22.) oder die verlorene Orientierung des Stürmers (43.).

Abfall

Obwohl die Torszenen sich rar hielten und Tore gleich ganz ausblieben, war die erste Hälfte von ziemlich attraktiven, schnellen Fußball geprägt. Zu Beginn der zweiten Hälfte änderte sich dies drastisch. Vor allem die bis dahin doch dominanten Gastgeber erhöhten ihre Fehlpassquote. Über 10 Minuten ging am Platz so ziemlich gar nichts.

Villarreal blieb vorerst einfach harmlos, aber Napoli wurde ungeduldig. Immer wieder versuchte man es mit der Brechstange mitten durch die Abwehr oder nagelte gleich aus der Distanz über das Tor (Yebda 56., Lavezzi 58,). Auch das Publikum zeigte sich bald als unruhig. Ohne Not gab das Heimteam das Heft etwas aus der Hand.

Was hatte sich geändert? Villarreal machte die Abwehrarbeit vor der Innenverteidigung etwas besser, was Lavezzi zu noch weiteren Wegen zwang. Nilmar rutschte außerdem etwas zurück und überließ Rossi mehr die Solospitze. So (4-4-1-1) kam Villarreal zu etwas mehr Gewicht im offensiven Mittelfeld (mit den beiden zur Mitte ziehenden Cazorla und Valero zusammen) und zwang die Wingbacks von Napoli zu mehr Defensivarbeit.

Wechsel

Die Trainer reagierten auf die Schlacht vor den Abwehrreihen. Marchana ersetzte Senna bei Villarreal. Napoli-Trainer Mazzarri nahm den farblosen Mascara vom Platz und brachte den ohnehin überraschend nicht von Beginn spielenden Slowaken Hamsik (beide Wechsel in der 61.). Der spielte nun rechts hinter Cavani dieselbe Rolle wie Lavezzi auf der linken Seite (3-4-2-1). Weniger Einfluss hatte der Tausch von Yebda gegen Pazienza, der eher dieselbe Rolle mit frischen Beinen übernahm.

In dieser neuen Kooperation der hängenden Stürmer schlug es auch bald ein. Hamsik fand Lavezzi, der hob in wundervoller Manier über die Abwehr auf Cavanis Kopf, und der traf ins Netz. Wunderbar, doch dieses Tor in der 73. Minute sollte korrekterweise wegen Abseits aberkannt werden. Nur eine Minute später hätte Lavezzi seine Leistung beinahe selbst gekrönt, doch nach einem weiten Zuckerpass von Maggio wurde er in letzter Sekunde gestoppt.

Das war es dann allerdings auch vom Heimteam. Die Schlussviertelstunde gehörte tendentiell Villarreal. Keine taktische Finesse sondern Einzelaktionen machten den Unterschied. Immer wieder versuchten die Offensivspieler der Spanier es mit Dribblings und kamen damit entweder zu Chancen, wurden gefoult oder sorgten zumindest für Druck. Die besten Möglichkeiten fanden Nilmar (76., nach Pass von Rossi) aus spitzem Winkel und Valero (89., nach Dribbling per Weitschuss) vor. Das waren auch die besseren Gelben am Platz, während Dossena, Cribari und vor allem Lavezzi in Blau besonders herausstachen.

Was dem Spiel etwas fehlte war das Feuer. Exemplarisch konnte man sich das in der 94. Minute ansehen, als Aronica Sekunden vor dem Schlusspfiff mit einer Gelb-Roten vom Platz flog, weil er per Foul eine Konterchance von Nilmar verhinderte. Niemand auf dem Platz schien dies mit irgendeiner Emotion zu würdigen.

Fazit

Nur in Ansätzen war an diesem Abend zu sehen, dass hier zwei Top-Teams aus Italien und Spanien die Klingen kreuzten. Auf eine spielerisch gute und interessante ersten Hälfte, der vor allem Napoli den Stempel aufdrückte, folgte eine eher zerfahrene zweite. Bei Napoli darf man bedauern, dass die früh einsetzende Ungeduld den Schwung aus dem Spiel genommen hat. Villarreal sollte mit dem Ergebnis zufriedener als mit der Leistung sein. Das Rückspiel in einer Woche hat bei dieser Ausgangslage immerhin durchaus das Potential interessant zu werden. (tsc)

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