Mit dem Bus vorm Tor

Der russische Meister Rubin Kasan war sich im Heimspiel gegen Barcelona nicht zu blöd, die Katalanen mit einem 6-2-2 (!) zermürben zu wollen. Mit Erfolg: Mit nur 25% Ballbesitz ermauerten sich die Russen ein 1:1 und waren nur durch einen Strafstoß zu bezwingen.

Rubin Kasan - FC Barcelona 1:1

Als Mainz letztes Jahr noch ein Aufsteiger war, und kein Tabellenführer, meinte Trainer Tuchel vorm Spiel gegen die übermächtig scheinenden Bayern scherzhaft: „Wir haben nur eine Chance, wenn wir den Mannschaftsbus vor unserem Tor parken!“  Kasan-Trainer Kurban Berdiev bediente sich gegen den FC Barcelona genau dieser Taktik: Den Bus vorm Tor parken. Mit exakt dieser Herangehensweise hat er schon letztes Jahr einen sensationellen 2:1-Sieg im Camp Nou erringen können.

„Der Bus“ war heute eine Sechs-Mann-Abwehrkette, bestehend aus den Innenverteidigern Návas und Bochetti, den vermeintlichen Außenverteidigern Salukvadze (rechts) und Ansaldi (links) – bis auf gelegentliche Vorstöße von Ansaldi blieben beide aber immer brav hinten -, und den vermeintlichen Mittelfeld-Außen Riasantsev (rechts) und Kaleshin (links), die aber in Wahrheit wie ganz normale Außenverteidiger spielten. Also nach vorne im Ballbesitz (Kaleshin etwas mehr), gegen den Ball zurück in die Abwehrkette. Im Mittelfeld waren somit zumeist nur Murawski und Kapitän Noboa zu finden, vorne warteten Kornilenko und Gökdeniz auf Konter – die aber selten waren.

Während also Auxerre gestern noch klassisch mit zwei Viererketten plus einem Sechser verteidigte, war sich der Meister der russischen Liga – europaweit fallen in dieser mit Abstand die wenigsten Tore – nicht zu blöd, mit einer Sechs-Mann-Kette Barcelona zu zwingen, wie beim Handball rund um den Strafraum zu spielen. Die Katalanen kamen nominell mit einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute daher, in der Praxis war es aber mehr ein 3-4-1-2. Also mit Piqué (zumeist) hinten mit Puyol, und Mascherano als Quasi-Libero; davor Busquets und Xavi (die oft rochierten) zentral, Dani Alves und Maxwell praktisch nie hinter der Mittellinie auf den Außen, Iniesta als Freigeist, und Villa und Pedro als Außenstürmer, die in die Mitte zogen. Guardiola verzichtete auf einen Mittelstürmer, wohl weil er wusste, dass dieser alleine gegen vier Innenverteidiger spielen hätte müsen.

Im Endeffekt hatte Barcelona so zwar 75% Ballbesitz, schaffte es aber 90 Minuten lang so gut wie gar nicht, mit spielerischen Mitteln vor das gegnerische Tor zu kommen. Am gefärhlichsten waren oftmals nur hohe Diagonalpässe auf Villa, der es zumeist mit Salukvadze zu tun bekam. Dieses Geduldsspiel wurde umso intensiver, als Rubin nach einer halben Stunde mit dem Elfmetertor zur 1:0-Führung den Spielverlauf vollends auf den Kopf gestellt hatte. Kein Durchkommen für die Barça-Offensive.

Nach etwa einer Stunde brachte Guardiola dann den halbwegs genesenen Messi für den vor der Abwehr absolut beschäftigungslosen Mascherano. Messi orientierte sich in die Sturmspitze, Villa etwas weiter auf den Flügel. Aber gegen die vielbeinige Rubin-Abwehr wäre wohl dennoch kein Tor mehr gelungen, wenn nicht Iniesta einen Rempler im Strafraum (nicht zufällig von Salukvadze) dankend angenommen hätte und Villa den fälligen Elfmeter zum 1:1-Ausgleich über die Linie zitterte.

Berdiev wechselte daraufhin seine beiden Stürmer aus und brachte dafür Sechser Sibaya und Angreifer Martins, somit wurde aus seiner Formation ein 6-3-1. Zweifellos wollte der Rubin-Trainer so etwas mehr Manpower in die Mittelfeldzentrale bringen, um auf die Einwechslung von Messi zu reagieren. Gerade Obafemi Martins hatte in seiner halben Stunde deutlich mehr zu bieten als Gökdeniz und Kornilenko zusammen vor deren Auswechslung: Der Nigerianer sorgte aus Kontern immer wieder für Gefahr, konnte Busquets (der nun die Mascherano-Rolle übernahm) weiter hinten binden und hätte fünf Minuten vor Schluss beinahe sogar noch für den Siegtreffer der Russen gesorgt. So blieb’s aber beim 1:1.

Fazit: Rubin suchte sein Heil von Beginn an in der Defensive und überließ Barcelona bereitwillig den Ballbesitz. Das war kein Problem, weil die massierte Defensive der Russen so gut wie nichts zuließ und schlussendlich nur durch einen harten Elfmeter zu bezwingen war. Der russische Meister zeigte somit einmal mehr die Schwäche des FC Barcelona auf: Es gibt keinen Plan B zum Kurzpass-Kombinationsspiel.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.