P3 – Mit offenem Visier

Südafrika 2010 – Spiel um Platz 3 | Groß war der Druck nicht mehr – was das Kleine Finale zum großen Unterhaltungswert verhalf. In einer flotten Partie holte sich das DFB-Team mit dem 3:2-Erfolg über Uruguay den Bronze-Platz, zufrieden mit dem Turnier können aber sicherlich beide sein.

Deutschland – Uruguay 3:2 (1:1)

Deutschland - Uruguay 3:2

Man merkte es den Beteiligten zunächst an: So richtig der allerletzte Drive fehlte zu Beginn, es ging nicht mehr um alles. Was sich auch in der deutschen Formation manifestierte: Ja, Lahm und Klose konnten vergrippt nicht teilnehmen, aber etwa der Einsatz von Marcell Jansen (statt Podolski) und Jörg Butt (statt Manuel Neuer) zeigte, dass Löw auch Spielern aus der zweiten Reihe eine Chance geben wollte.

Nicht alle jedoch nützten diese. Dennis Aogo etwa, der als Linksverteidiger zum Einsatz kam, kassierte eine frühe Verwarnung und war in der Folge keinen Deut besser als Boateng (diesmal rechts) im Semifinale. So musste Marcell Jansen vor ihm gegen die im Laufe des Spiels immer fleißigeren Maxi Pereira und Fucile mehr Arbeit als geplant. Auf der anderen Seite hatte Thomas Müller, nach seiner Gelbsperre zurück, einen guten Start ins Spiel (unter anderem mit seinem Abstauber zum 1:0), wie Robben litt aber auch er unter der konsequenten Deckung von Martín Cáceres.

So ging im Zentrum Sami Khedira weiter nach vorne, um Özil (der wiederum oft auf die Seiten auswich) gegen den humorlosen Riegel Pérez/Arévalo im Zentrum den Uru-Mittelfelds zu unterstützen; Schweinsteiger blieb als einziger echte Sechser zurück – und die Uruguayer nützten den vermehrten Platz im Mittelfeld offensiv immer wieder zu schnellen Gegenstößen – aus einem solchen resultierte auch der Ausgleich durch Cavani.

Bei Uruguay kam Cavani, wie schon gegen Ghana, als verkappter Linksaußen im Mittelfeld zum Einsatz, wurde aber nicht so gut gestört wie von den Afrikanern im Viertelfinale. Forlán war wieder eher Spielgestalter, der zurück gekehrte Suárez (der wenig überraschend konsequent ausgebuht wurde, das war sogar durch den Vuvuzela-Sound zu hören) nominell echter Stürmer, aber auch er ließ sich oft in die große Schnittstelle zwischen deutscher Abwehr- und Mittelfeldkette fallen. So war er oft eine gute Anspielstation für Konter.

Als kurz nach der Pause Forlán mit einem wunderbaren Tor das 2:1 für Uruguay erzielte – nach Vorarbeit von Pérez über Aogo, der sich danach aber fing – war dies nicht einmal unverdient. Doch die junge deutsche Mannschaft ließ sich nicht hängen, schaltete nun einen Gang nach oben und eroberte die Kontrolle über das Mittelfeld zurück. Khedira rückte wieder etwas weiter zurück, Marcell Jansen kümmerte sich nun nicht mehr so viel um Aogo wie zuvor und über seine Seite kamen nun vermehrt gute Aktionen nach vorne. Seine linke Seite war vor allem nach der Pause die wesentlich aktivere. So gesehen etwas erstaunlich, dass der Ausgleich (natürlich von Jansen) über einen weiten Flankenball von der rechten Seite (boateng) eingeleitet wurde.

Das Spiel hatte nun seine beste Phase, beide Mannschaften agierten nun mit offenem Visier. Beide Teams suchten nun die Entscheidung möglichst schon in der regulären Spielzeit, hatten aber keine panische Angst vor einer Niederlage – so wogte das Spiel hin und her, mit mehr Ballbesitz für Deutschland und mehr Geradlinigkeit auf Seiten der Südamerikaner. Je mehr sich das Spiel dem Schlusspfiff näherte, desto bestimmender wurden die Deutschen, die vor allem im Mittelfeld über die größere individuelle Klasse Verfügung und auch mehr Luft zu haben schienen.

Zudem wirkte sich die Einwechslung von Kroos (für Jansen) und die damit einhergehende Umstellung auf 4-4-2 (Müller nach vorne zum sehr willigen und aktiven Kießling, der für Cacau gekommen war; Özil auf rechts, Kroos auf links) sehr positiv auf das deutsche Spiel aus. Der Druck resultierte letztlich im verdienten 3:2 durch Khedira. Damit war das Spiel zwar noch nicht ganz entschieden – Forlán holzte in der Nachspielzeit einen Freistoß an die Latte – aber der Grundstein zum Sieg war gelegt.

Fazit: Vor allem nach der Pause war die Regenschlacht von Port Elizabeth ein äußerst unterhaltsames Spiel, in dem beide Mannschaften auf Sieg spielten. Der nicht mehr allzu große Druck wirkte sich positiv auf die Partie aus, die mit dem DFB-Team einen letztlich verdienten Sieger gefunden hat. Die Uruguayer sollten aber nicht zu traurig sein, für die Celeste war es dennoch ein sehr erfreuliches Turnier.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.