Live vor Ort: Sturm Graz – FC Zürich 1:1 (2:4 n.E.)

Der Sturmlauf auf die UEFA-Cup-Hauptrunde ist gestoppt, die österreichische Zukunftshoffnung ist draußen. Gestern abend hat Sturm Graz in der UPC-Arena vor ausverkauften Haus im Elfmeterschießen gegen den FC Zürich verloren. Gescheitert ist die Mannschaft vorrangig an sich selbst.

Der Gegner war sicher der unangenehmste der Österreicher-Kontrahenten, aber nicht unschlagbar. Sturm bot gestern allerdings die womöglich schwächste Performance in dieser Saison. Mit Fabian Lamotte, Marko Stankovic und Samur Muratovic hatten gleich drei Sturm-Spieler einen rabenschwarzen Tag erwischt. Mehrere andere waren zwar nicht nur schlecht, machten aber einfach auch zu viele Fehler.

Agiler FCZ

Das ansonsten für seine Dynamik so bekannte Spiel von Sturm präsentierte sich in statischer Starrheit. Ganz anders der Gegner. Die Schweizer agierten mit einer im Angriff extrem stark rotierenden 4-3-3-Variante, zollten dem allerdings auch mit einem hohen Kraftverschleiss Tribut. Nach 90 Minuten wirkte die Mannschaft stehend KO. Leider kam auch bei den Grazern nicht viel später das Ende der Kräfte, sodass die Schlussoffensive nicht den letzten Kick brachte.

[ad#bv_test]Franco Foda schickte zu Beginn ein 4-4-2 auf das Feld, mit einer zurückhängenden Spitze und einer Raute im Mittelfeld. Rein systematisch änderte er hier immer wieder ein bisschen. Er ließ es zeitweise aussehen wie Karel Brückner die österreichische Mannschaft gegen Italien, indem er einen in meinen Augen stark spielenden Petr Hlinka als Spieleröffner und Löcherstopfer hinter eine Kette aus vier Mittelfeldspielern (Muratovic ließ sich da zurückfallen) stellte. Der Effekt war auch ganz ähnlich: Mario Haas war als einzige Spitze (nicht nur) in diesen Phasen vorne zu allein.

Haas allein im Sturm

Das Spiel war augenscheinlich auf seine Schnelligkeit ausgerichtet, aber die Schweizer hüteten sich, in die angestrebten Konter zu laufen. Dafür hat ihnen der frühe Führungstreffer (5′, Abdi) in der nervösen Sturm-Anfangsphase wohl auch zuviel Bequemlichkeit mitgegeben. Auch wenn Hölzl mit einem Hammer-Weitschuss recht schnell ausgleichen konnte, war so das Auswärtstor quasi egalisiert – jeder andere Treffer hätte FC Zürich dann in die nächste Runde gebracht, da in dieser ausgeglichenen Partie nicht mit zwei weiteren Sturm-Toren zu rechnen war. Während die 15.000 Fans die Mannschaft also enthusiastisch anfeuerten, konnte die nicht mit dem vielleicht von vielen erwarteten Offensivspiel dienen.

In den Ansätzen wurde das auch von einem Schiedsrichter unterbunden, der zumindest soweit man das im Stadion erkennen konnte eine immer schlechter werdende Leistung ablieferte. Nach einem souveränen Beginn wurden seine Pfiffe kleinlicher, seine Entscheidungen zweifelhafter.

Positiver Ausblick

Was mir aber trotz der fehlenden Dynamik im Sturm Spiel (soll heißen: die Spieler blieben zu starr auf ihren Positionen, konnten den Gegner nicht vor die Aufgabe stellen, sich neu einzurichten) in den offensiven Momenten auffiel war erfreulich. Sturm versucht den Fußball zu imitieren, der auf internationaler Ebene zunehmend zu Erfolg führt und zum Beispiel Spanien den Europameisterschaftstitel brachte. Über die Flügel (Stankovic (schwach, unkonzentriert), Jantscher (gut) bzw. Hölzl (engagiert aber etwas zu zentral orientiert) und Lamotte (katastrophal)) wird eine Überzahl im Angriff hergestellt – schnell auf eine Art 4-2-4 umgestellt, das Mittelfeld zur Hälfte aufgelöst.

Das kann freilich auch gefährlich sein. Als Muratovic kurz vor seiner Auswechslung (102′) völlig am Ende seiner Kräfte einen katastrophalen Fehlpass fabrizierte, konnte man das sehen. Aber ohne dieses Risiko, das heute leider zu selten genommen wurde, kann man sich vielleicht in der österreichischen Langweiler-Liga durchschlagen, nicht aber auf internationaler Ebene. Dafür, dass man mit ein oder zwei Stürmern noch oft genug zum Erfolg kommen kann, sind heutzutage die kritischen Zonen vor dem Tor viel zu eng bewacht.

PS:

Ich hätte Lamotte nicht schießen lassen. Mein Riecher hätte da gepasst. Damit, dass Petr Hlinka verschießt, habe ich aber nicht gerechnet. Dass der wieder stark spielende aber zu spät gebrachte Daniel Beichler seinen Elfer so cool verwandelte, muss ihn endgültig auf den Radar von Teamchef Brückner gebracht haben. Die unerträgliche Krise von Ivanschitz und der Ausfall von Korkmaz wären der ideale Moment um Beichler und Jantscher zu nominieren.