…was bei Italien-Österreich sonst noch auffiel

Nachdem Tom und Georg schon ihre Analyse abgegeben haben, möchte auch ich kundtun, was mir so alles aufgefallen ist. Unterschied zu den beiden Kollegen: Ich habe mir das Spiel im italienischen Fernsehen gegeben.

– Anfangs kamen die Italiener „sulla fascia destra“, also über die Seite Fuchs/Pogatetz. Der Neu-Bochumer Fuchs kam nicht zurecht, weswegen Pogatetz nicht selten die Arbeit von zwei erledigen musste.

– Paul Scharner spielte das, was bei Brückners Tschechien Galásek spielte: Den Taktgeber im defensiven Mittelfeld, den Löcherstopfer, das ‚Mädchen für alles‘. Er war der einzige im österreichischen Team, der Präsenz, internationale Erfahrung und echtes Selbstvertrauen ausstrahlte.

– Janko bewegte sich viel, stand einmal goldrichtig. War eine ordentliche Leistung.

– Das 1:0 war eigentlich eine verunglückte Flanke, die erst durch das gute Stellungsspiel und das so entstandene Abfälschen des Balles von Scharner ermöglicht wurde. Janko machte aber das beste aus der Chance.

– Ein Scharner alleine macht noch kein gutes Mittelfeld. Dort hatten die Italiener eine permanente Überzahl.

– Nach 30 Minuten zog Säumel nach hinten, wurde auf 4-2-3-1 umgestellt. Säumel fehlt zwar etwas die Matchpraxis, er bewies aber nicht selten gutes Auge für das Stellungsspiel: „Säumel può diventare un giocatore importante per il Torino“, er kann ein wichtiger Spieler werden.

– Im Laufe des Spiels fing sich die linke Abwehrseite der Österreicher, dafür baute auf der anderen Seiten Garics immer weiter ab. Sein Zweikampfverhalten war (vor allem in der 2. Halbzeit) lächerlich, sein Stellungsspiel nicht überzeugend – so entstand das 1:2 kurz vor der Pause. Er kam auch nicht dazu, nach vorne viel zu machen, dazu hatte er zu viel mit Di Natale zu tun.

– Was die Österreicher gut machten: Mismatches im Strafraum kreieren. Beim 1:0 stand Janko gegen Pirlo, bei der guten Chance kurz nach der Pause war plötzlich De Rossi ganz alleine bei Janko. Gerenerell macht die Organisation bei Standards Hoffnung.

– „Ein lange Ball, und plötzlich Tempo: Da steckt schon einiges an Tschechien in dieser österreichischen Mannschaft“, so der Kommentator der RAI.

– Ohne Scharner fehlte nach der Pause sichtlich das Hirn im Mittelfeld, da sah es wieder so aus wie vor der EURO: Laute brave Indianer, aber kein Häuptling. Dass Ivanschitz keiner ist, sollte nun auch Brückner gesehen haben.

– Gercaliu konnte sich nicht wirklich aufdrängen. Er hatte eine Phase, in der er nicht schlecht mit Fuchs harmonierte, alledings war er vorher verunsichert und nachher schlecht.

– Prödl im DM haben wir jetzt 10 Minuten gesehen, das muss nicht mehr sein. Fast gut, dass Pogatetz raus musste, um diesen Blödsinn korrigieren zu können.

– Özcan zeigte eine hervorragende Leistung – mit der Ausnahme seines Geschenks zum Ausgleich. Bitte mehr von ihm!

Und was bei den RAI-Kommentatoren auffiel:
– sie zeigten sich sehr erstaunt über die junge Mannschaft. (Klar, für Italiener ist alles jung, was nicht älter als 28 ist…)

– sie hatten großen Respekt vor den Standards: „Ci sono alcuni giocatori molto pericoloso, come Prödl, Janko e anche Scharner!“ (Es sind einige gefährliche Spieler dabei) Was sich auch prompt bewahrheitete: „Prödl fa grande caos nella difesa italiana!“ (Prödl verursacht einiges Chaos in der ital. Hintermannschaft).

– nach acht Minuten Spielzeit ergingen sie sich in einer minutenlangen Analyse der österreichischen Taktik.

– Und vor allem: Sie waren genauestens über das Spiel Rapid-Anorthosis informiert. Sie konnten bei Maierhofers Einwechslung haarklein erzählen, wie genau die beiden Maierhofer-Tore in der CL-Quali fielen. Ich will sagen: Sie sind unglaublich gut informiert, selbst über Sachen, die vordergründig nicht soo entscheidend sind. Die Vorbereitung ist enorm und macht einen hervorragenden Eindruck. Im Gegensatz dazu: Wann jemals konnte ein ORF-Kommentator mehr als das vorangegangene Ergbnis eines Gegners erzählen – von der Entstehung der Tore ganz zu schweigen?

Und was bei den Italienern auffiel:
– so richtig unzufrieden wollte nach dem Spiel keiner sein. Lippi gegenüber der RAI: „Ich fand es ganz in Ordnung, es ist schwer, gegen so eine Mannschaft zu spielen. Natürlich sind sie nicht so gut am Ball und mit der Technik, aber athletisch und körperlich sind sie ganz gut dabei, und da tun wir uns nun mal schwer. Immerhin haben wir nicht verloren, aber das war eigentlich pures Glück, denn wir haben kein Tor geschossen, es waren beides ziemliche Geschenke!“

– Die Gazzetta dello Sport bemängelt heute, dass „der Dreiersturm Di Natale-Gilardino-Del Piero nicht funktioniert hat“, und „es ein großes Loch zwischen Mittelfeld und Angriff“ gab. Außerdem gab die Abwehr, in der allerdings Cannavaro, Materazzi, Chiellini und Gamberini fehlten, eine schlechte Figur – vor allem, „wenn man bedenkt, dass da nicht Torres oder Messi die Gegenspieler waren.“ Man lobt allerdings den Charakter der Mannschaft und meint, dass „Legrottaglie nach seiner Einwechslung viel Stabilität in die Abwehr gebracht hat.“ Heißt: Bonera dürfte nicht mehr im nächsten Aufgebot stehen. Die anderen „Neuen“ Dossena, Palombo und Cassetti gefielen, und mit Aquilani ist man sehr zufrieden.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.