Mein Vater war mit etwa 1.000 anderen Fans heute in Budapest. Gleich nachdem ich von den Ausschreitungen erfuhr und mich daran erinnerte, dass er mal darüber gesprochen hat, mitzufahren habe ich mit ihm telefoniert. „So etwas habe ich noch nie gesehen“, meinte er. Zwar wären im Sturmsektor „ein paar Idioten“ mit dabei gewesen (laut Medienberichten war das Anzünden von bengalischen Feuern der doch eher harmlose Auslöser der ganzen Sache), aber die vermeintlichen Sicherheitskräfte („das müssen irgendwelche Fremdenlegionäre gewesen sein“) seien unfassbar vorgegangen: „Die haben auf alles und jeden eingeschlagen“. Selbst Frauen und Kinder wären attackiert worden.
[ad#bv_test]Laut Medienberichten haben als Ordner verkleidete Hooligans den Sturmsektor gestürmt – bewaffnet mit Messern und Billiardkugeln. Sogar zwei österreichische Zivilpolizisten wurden mit Tränengas niedergestreckt. Auch eine Gemeinderätin der Grünen die im Stadion war hat dem Standard von derartigen Aktionen berichtet.
Gemeinderätin Jahn empfand die Durchsagen des Stadionsprechers kurz nach dem Beginn der Ausschreitungen als besonders schockierend: „Er hat die ungarischen Fans sogar angefeuert“, meinte Jahn. In der Pause ist der Sektor geräumt worden, da er „komplett zerstört“ worden sei, die Situation habe sich erst nach zehn Minuten der zweiten Hälfte beruhigt.
Die Polizei, die viel zu spät eingegriffen hat, konnte verhindern, dass weitere, „offizielle“ Honved-Hooligans in den Sturmsektor eindringen konnten. Und auch am Nachmittag in der Innenstadt gab es wohl bereits Ausschreitungen.
Zahlreiche Fans wurden schwer verletzt. „Einige liegen wahrscheinlich auf der Intensivstation“, mutmaßte mein Vater, der selbst unverletzt geblieben ist. Das ungarische Fernsehen hat (angeblich) von alldem während der Liveübertragung nichts gebracht. Einige Bilder gibt es im Internet-Zeitalter trotzdem (Vorsicht, mit Blut!).
Die UEFA ist nun gefragt Honved Budapest hart zu bestrafen. Vielleicht sollte man angesichts einer solchen Problematik aber auch darüber nachdenken, die Konsequenzen der Heysel-Katastrophe (über die mein Vater übrigens zufälligerweise seine Magisterarbeit geschrieben hat – Zuseherausschreitungen im Fussballsport (wurde eingescannt, deshalb sind einge Fehler drin)) in ähnlicher Form auf Ungarn anzuwenden. Damals wurden alle englischen Klubs für fünf Jahre von internationalen Bewerben ausgeschlossen. Angesichts der heute völlig friedlichen Zustände im englischen Profifussball eine offensichtlich reinigende Maßnahme.
Nur weil diesmal niemand gestorben ist, sollte man keinen Deut milder agieren. Vielmehr halte ich die perfide Art sich als Sicherheitskräfte tarnender Hooligans noch für eine Ecke schwerwiegener.
Sturm gewann heute übrigens 1:2.