Am Samstag endet sie. In St. Pölten, gegen Dänemark. Die mit Abstand erfolgreichste EM-Quali, die die ÖFB-Frauen jemals absolviert haben. Doch eigentlich ist dieses Ende erst der Anfang. In vielerlei Hinsicht. Erstmals zeigt der ORF ein Heimspiel live im Fernsehen. Erstmals wird in der brandneuen NV-Arena gespielt, die ab sofort die dauerhafte Heimstätte des Nationalteams werden soll. Und nach diesem Spiel geht es erstmals ins Play-Off um die erstmalige Teilnahme ein einem großen Turnier – der EM 2013 in Schweden. Das war bis vor kurzem noch unvorstellbar gewesen.
Denn bevor Dominik Thalhammer vor einenhalb Jahren das Team vom verstorbenen Ernst Weber übernommen hatte, führte der Frauen-Fußball in Österreich bestenfalls ein Schattendasein. Oft mit nur drei Länderspielen im Jahr – eben den Quali-Partien. Testspiele auf freundschaftlicher Basis? Nix da. Kein Wunder, dass man von der Teilnahme an einem großen Turnier nicht mal träumen durfte.
Und jetzt? Kann man das letzte Spiel ohne jeden Druck angehen, weil das Traumziel Play-Off bereits fixiert ist. So sagt der Teamchef vor der Partie gegen den De-facto-Gruppensieger Dänemark: „Wir haben diesmal unseren Ansatz eher prozess- und performance-orientiert, weniger ergebnis-orientiert!“ Was nichts anderes ist als eine nette Umschreibung für „Testspiel“. „Wer weiß, vielleicht ist es der Tag, an dem wir auch gegen Dänemark etwas holen können“, so Thalhammer. Doch selbst, wenn nicht – wurscht. Das Ziel ist erreicht. Und zählen werden erst wieder die Entscheidungsspiele.
Folgt der Sensation eine noch größere?
Gegen wen es da geht? Gegen einen Brocken, so viel ist schon mal sicher. „Spanien müsste es bitte nicht sein“, hofft der Teamchef. Gegen Tyresö-Star Veró Boquete und Co., die Zweiten der Deutschland-Gruppe, gab’s im Februar in einem Freundschaftsspiel ein 1:4. Auch nach Russland könnte es gehen – dieses Team war gegen Italien chancenlos, wird aber (wenn nicht gegen Polen verloren wird) Zweiter werden. Oder es geht gegen den Verlierer des Spiels Norwegen-Island am Mittwoch. Die einen sind immerhin Olympia-Sieger von 2000, die anderen führen die Gruppe vorm letzten Doppel-Spieltag an.
So ehrlich muss man sein: Gegen jeden dieser Gegner wäre eine Qualifikation eine noch größere Sensation als das erreichen den Play-Offs überhaupt. „Schade, dass es auch hier über die Setzliste abläuft“, seufzt Thalhammer, „aber die UEFA will natürlich die besten Teams dabei haben!“ Das sind diesmal insgesamt zwölf. Beim nächsten Turnier 2017 sind es dann 16 – da ist Österreich ein mehr als ernsthafter Anwärter.
Man wird zusammen groß
Dass diesmal gegen die direkten Konkurrenten im Kampf um Playoff-Platz zwei in der Gruppe, Tschechien und Portugal, 10 von 12 möglichen Punkten geholt wurden – mit dem großartigen 3:2-Sieg in Prag als Höhepunkt – ist ein viel versprechender Anfang. Zudem wird nun auch der Nachwuchs kräftig forciert. Das U-19-Team ließ zuletzt in der ersten Runde Italien hinter sich, landete in der Elite-Runde hinter England auf Rang zwei. Die U-17-Auswahl besiegte vor knapp zwei Wochen Deutschland, und das hochverdient. Zudem werden im ÖFB-Nachwuchszentrum, in direkter Nachbarschaft zur NV-Arena von St. Pölten, die größten Talente des Landes zusammen gezogen. Man wird miteinander groß, wenn man so will.
Und auch die Fans kommen zunehmend auf den Geschmack. Früher wurden selbst Quali-Spiele auf Provinz-Sportplätzen zwischen Anger, Fußach und Gußwerk ausgetragen. Bei den ersten beiden Heimspielen der nun ablaufenden Quali-Kampagne – in Vöcklabruck beim 1:1 gegen Tschechien und in Bruck an der Mur beim 3:0 gegen Armenien – waren jeweils rund 750 Zuschauer vor Ort. Als Laura Feiersinger am extrem verregneten Gründonnerstag in Wr. Neustadt in Minute 85 das goldene Tor zum 1:0-Endstand gegen Portugal erzielte, sprangen schon 2300 Fans jubelnd auf und rissen die Hände in die Höhe.
Meistgesehenes Spiel überhaupt
Und am Samstag, in St. Pölten, sollen es noch viel mehr sein. Auch hier gilt: Team und Fans werden zusammen groß. Egal, wie viele sich am Samstag in ORF-Sport+ vor dem Fernseh-Schirm dabei sein werden: Keines der 104 bisherigen Frauen-Länderspiele wird von so vielen Österreichern gesehen worden sein. Eine einmalige Chance, sich noch weiter in die Herzen der Fans zu spielen. Aber natürlich auch ein gewisses Risiko – es würde nicht überraschen, sollte bei einer 0:4-Klatsche bei vielen der typisch österreichische Fatalismus durchschlagen.
Das wäre nicht richtig. Denn jetzt geht’s mit dem rot-weiß-roten Frauen-Fußball erst so richtig los.
(phe)
Kader: Tor: Anna-Carina Kristler (24 Jahre, Stattegg/Sturm Graz, 9 Länderspiele), Jasmin Pfeiler (28, Altenmarkt, 18). Abwehr: Verena Aschauer (18, Cloppenburg, 3), Gina Babicky (19, Spratzern, 1), Marion Gröbner (26, Medkila IL, 38), Marlies Hanschitz (26, Innsbruck, 41), Susanna Höller (23, Sindelfingen, 32), Virginia Kirchberger (19, Cloppenburg, 8), Elisabeth Tieber (22, Sindelfingen, 6), Carina Wenninger (21, Bayern München, 30). Mittelfeld: Jasmin Eder (19, Sindelfingen, 9), Laura Feiersinger (19, Bayern München, 15), Jenny Pöltl (19, Spratzern, 7), Sarah Puntigam (19, Bayern München, 23), Viktoria Schnaderbeck (21, Bayern München, 16), Katja Trödthandl (23, Valencia, 10). Angriff: Nina Burger (24, Neulengbach, 39), Lisa Makas (20, Spratzern, 15).
Auf Abruf: Tor: Sabine Baumann (Landhaus), Bianca Reischer (Spratzern). Abwehr: Nicole Gatternig (St. Veit). Mittelfeld: Astrid Dopler (Landhaus), Kathrin Entner (Neulengbach), Gabi Fiedler (Landhaus), Susanna Koch (Südburgenland), Heike Manhart (Stattegg/Sturm), Nadine Prohaska (Spratzern), Mariella Rappold (LUV Graz). Angriff: Isabella Grössinger (Spratzern), Conny Haas (LUV Graz).