Manchester City startete die Saison in nicht zu stoppender Manier – im Duell der Champions-League-Debütanten gegen Napoli gab es den ersten kleinen Dämpfer für die Citizens. Weil es gegen das in Europa kaum verwendete 3-4-2-1 der Italiener an der Konsequenz im Flügelspiel fehlte.
Das Erfolgsgeheimnis von Napoli in der italienischen Meisterschaft beruht auf der Gegensätzlichkeit des eigenen Systems zu jenem der Gegner: Mit einer Dreierkette hinten und zwei Sechsern davor wird die fast ausschließlich über die Mitte kommende Konkurrenz aufgehalten, während die beiden Wing-Backs gegen die in der Serie A ansonsten deutlich unterqualitativ bis gar nicht besetzten Flügel die Angriffe aufgozogen wird und das Dreigestirn mit Hamsik, Lavezzi und Cavani vorne dann für die Tore sorgt.
Wie Mancini das 3-4-2-1 ausspielen will
Das geht auf internationaler Bühne so nicht, was schon in der letztjährigen Europa League klar wurde. Und gegen eine so starke Mannschaft wie Man City ist mit selbst das Spiel aufziehen schon mal gar nichts – so blieb zwar das übliche 3-4-2-1 von Trainer Walter Mazzarri bestehen, es erfüllte aber andere Zwecke als in der Serie A.
Für Man-City-Coach Roberto Mancini bedeutete das in England gar nicht vorkommende System, dass er seine Mannschaft darauf neu einstellen musste. Das machte er, indem er ein nominelles 4-4-2 auf das Feld stellte, das aber nur in den allerseltensten Fällen auch als solches spielte. Vor allem die Tatsache, dass duch die sehr tief stehenden Wing-Backs von Napoli effektiv gegen eine Fünferkette angespielt werden musste, war dabei das Hauptproblem.
Der Plan: Viel über die Außen
Mancini versuchte das zu lösen, indem er vorne mit Dzeko und vor allem Agüero zwei extrem mobile Spitzen hatte, die sich viel bewegten und die Napoli-Dreierkette, die sich oft im Strafraum zusammenzog, auseinander zu reißen versuchten. Noch wichtiger aber waren Pablo Zabaleta und Aleksandar Kolarov.
Die beiden Außenverteidiger mussten extrem viel nach vorne machen, um dafür zu sorgen, dass die Wing-Backs von Napoli beschäftigt waren und wenn möglich einer aus dem Zentrum – entweder aus der Dreierkette oder einer der beiden Sechser Inler und Gargano – nach außen musste, um zu helfen, und so Räume im Zentrum zu öffnen. Allerdings zogen Silva und Nasri oftmals zu früh in die Mitte, um das wirklich konsequent genug zu machen.
Napoli tut sich nach vorne schwer
City sammelte so zwar zwei Drittel Ballebesitz, aber gegen die dicht stehende Abwehr der Italiener kamen sie nur dann durch, wenn es gelang, Napoli herauszulocken oder nach Standardsituationen für Napoli in der Hälfte von City schnell nach vorne zu kommen. Was nicht oft der Fall war – Dzeko verzog gleich zu Beginn nur knapp, Touré holzte den Ball nach einer halben Stunde an die Latte. Ansonsten war das viel Ballbesitz und wenig Chancen.
Napoli kam nur in Ausnahmefällen nach vorne, weil Zuñíga und Maggio wahnsinnig viel mit Defensivaufgaben gebunden waren, und die beiden Sechser sowieso. So fehlte es dem Offensiv-Trio am Nachschub und es gelang nicht allzu oft, sie einzusetzen. Und wenn doch, konnten sie sich nur dann etwas festsetzen, wenn sie es schafften, den Ball so lange zu halten, bis Mannschaftskollegen aufgerückt waren. Oder, wenn Anspiele schnell verarbeitet wurden – so wie in der 17. Minute, als Lavezzi mit dem ersten Angriff der Italiene die Latte traf.
City zu viel durchs Zentrum
Das änderte sich ein wenig nach dem Seitenwechsel. Anstatt noch mehr als vor der Pause zu versuchen, das Spiel breit zu machen und die Fünferkette so in Verlegenheit zu bringen, spielte sich City nun noch mehr in der Mitte fest und erlaubte so den Wing-Backs von Napoli, deutlich mehr als in der ersten Hälfte nach vorne zu rücken. Das hatte naturgemäß zur Folge, dass Kolarov und Zabaleta nicht mehr so viel ins Angriffsspiel eingebunden waren. Was wiederum das Spiel von City noch mehr in die Mitte verlagerte.
Napoli hatte das Geschehen defensiv im Griff, es fehlte im unmittelbaren Zentrum aber an Manpower, um das für sich auszunützen. Darum brachte Mazzarri nach einer Stunde mit Blerim Dzemaili auch seinen zweiten Schweizer (neben Inler) für Lavezzi, der neue Mann stellte sich etwas tiefer als der Argentinier vor ihm – und siehe da, Gargano und Inler taten sich nun viel leichter, den Ball kontrolliert nach vorne zu bringen.
Ein Standard rettet City
City ließ nun neben Flügelspiel und Tempo auch zunehmend die Präzision vermissen, und so nützte Napoli einen leichten Ballverlust zu einem schnellen Konter, den Cavani cool zur 1:0-Führung für die Italiener abschoss. Nicht ganz unverdient, denn in der zweiten Hälfte war der Dritte der letzten Serie-A-Saison deutlich besser im Spiel und konnte auch die Ballbesitz-Statistik annähernd ausgleichen.
Da City die spielerischen Mittel vermissen ließ und nachdem Agüero für den zweiten Lattenschuss der Gastgeber gesorgt hatte, musste wenige Minuten später ein Freistoß herhalten, um den Ausgleich zu erzielen – Kolarov versenkte ihn mit der letzten Aktion, bevor er für Gaël Clichy den Platz verlassen musste. Zudem kam Adam Johnson für den weitgehend unproduktiven Samir Nasri neu in die Partie.
Das erhöhte zwar den Punch über die rechte Seite (Silva war auch links gewechselt) und bereitete die größte Siegchance für City vor (Dzeko verzog knapp), aber Ordnung und Präzision im Spiel nach vorne gingen weiterhin ab. Zudem nützte Napoli das mit geschicktem Positionsspiel im Mittelfeld aus, um nicht mehr wirklich in Gefahr zu kommen, den Punkt zu verlieren.
Fazit: City immer schlampiger, Napoli immer sicherer
Der Plan von Manchester City, durch weit aufrückende Außenverteidiger die Wing-Backs von Napoli zu beschäftigen und so zu versuchen, die Defensive auseinander zu ziehen, war zwar grundsätzlich richtig, wurde aber zu unkonsequent ausgespielt. So hielt Napoli vor der Pause gut dicht und fand nach dem Seitenwechsel, als City immer mehr mit dem Kopf durch die Wand wollte, immer besser ins Spiel.
Daher ist der Punkt, den Napoli aus England mitnimmt, auch verdient. Denn während City im Spielverlauf immer schlampiger wurde, wurden die Italiener immer sicherer und trauten sich spätestens mit der Einwechslung von Dzemaili immer mehr zu. Für Napoli zweifellos ein gewonnener Punkt, für City zwei verlorene – im ersten Pflichtspiel dieser Saison, das die Mannschaft nicht gewinnen konnte.
(phe)