David Beckham geht in sein fünftes Jahr in der amerikanischen Profiliga MLS – doch von Verletzungen geplagt machte er nur ein Drittel der Spiele auch mit. Dass Becks alt wird, zeigt sich aber auch auf dem Platz immer mehr: Er joggt nur noch herum und verteilt lange Bälle.
Das war letztes Jahr schon zu wenig, als die Galaxy im Playoff-Semifinale gegen Dallas ausschieden (die Texaner verloren in der Folge das Finale gegen Colorado äußerst unglücklich mit 1:2 nach Verlängerung). Und das wird auch in diesem Jahr nicht reichen, wenn das Team vom ehemaligen US-Teamchef Bruce Arena so langsam und statisch agiert wie gegen das junge Team aus Toronto.
Dort ist seit dieser noch jungen Saison Ajax-Legende Aron Winter der Trainer: Er nahm sich mit Bob de Klerk einen Vertrauten aus dem Jungendsystem von Ajax als Co-Trainer mit und soll nun mit Ruhe und Bedacht ein Team aufbauen. In der MLS – diese Saison auf 18 Teams aufgestockt – geht das mit dem richtigen Umfeld: Abstieg gibt es nämlich keinen.
Unbeweglicher Favorit
David Beckham spielte in einem statischen 4-4-2 den tieferen Mann im defensiven zentralen Mittelfeld. Er lief nicht allzu viel und wenn, dann zumeist nicht besonders schnell, darum war er auch immer darauf bedacht, den Ball so schnell wie möglich wieder los zu werden. Darauf ist das Spiel der Galaxy zu einem guten Teil ausgerichtet – präzise Beckham-Pässe aus der Tiefe. Also ähnlich dem Quarterback im Football und eigentlich ja genau das, was er immer schon am Besten konnte, nur halt ohne die intensive Laufarbeit auf den Flügeln. Aber wie langsam Beckham mittlerweile wirklich ist, zeigte eine Szene in der 44. Minute: Er kam gegen De Guzman viel zu spät und sah für das Foul korrekterweise die gelbe Karte. Seine fünfte im sechsten Spiel…
Das Problem war im Spiel der Galaxy aber weniger Beckham selbst, sondern die Tatsache, dass ohne die Pässe des Engländers die zündenden Ideen fehlten, immerhin fehlte Landon Donovan verletzt. Die Außenverteidiger – vor allem Todd Dunivant – versuchten, das Spiel über die Außen nach vorne zu tragen, mussten aber den fleißigen Außenstürmern von Aron Winters Team aus Toronto Tribut zollen. Zudem waren Magee und Franklin, die Außen im Mittelfeld der Kalifornier, bei ihren Gegenspielern gut aufgehoben, bzw. trug vor allem der Südafrikaner Danleigh Borman das Spiel gut vorne.
Winter lässt Beckham bewusst passen
Aron Winter stellte sein Team in einem 4-3-3 auf das Feld, und vor allem die Außenstürmer waren die Schlüsselpositionen. Javier Martina und Gianluca Zavarise sollten nämlich nicht nur nach vorne spielen, sondern auch die Außenverteidiger der Gegner verfolgen. Nicht nur nach hinten drängen, sondern auch selbst mit in die Rückwärtsbewegung gehen – so kam es immer wieder vor, dass die beiden zentral-vorgeschobenen Mittelfeldspieler deutlich höher standen. Vorne machte der Serbe Alen Stevanovic extrem viele Meter, ließ sich sehr tief fallen, wich auf die Flanken aus – kurz, arbeitete wie ein Wahnsinniger, strahlte dabei aber null Torgefahr aus.
Druck auf Beckham, um dem langsamen Kapitän die Zeit zum Passen zu nehmen, wurde überhaupt nicht ausgeübt: Toronto ließ den Engländer ungehindert seine Bälle verteilen. Dafür stellte ihm das Team aus Kanada die Empfänger konsequent zu, sodass über weite Strecken des Spiels Beckham kein echter Faktor war, genauso wenig wie Juan Pablo Ángel als einer der beiden Stürmer: Der auch schon 35-jährige frühere Spieler von Aston Villa bewegte sich nicht gut und kam gegen den umsichtigen Harden nie zur Geltung.
So wurden die Galaxy zumeist nur dann gefährlich, wenn es schnell über die Flanken ging, wo vor allem Borman in der Rückwärtsbewegung immer wieder Schwächen offenbarte. Aber nach einer guten Anfangsphase, in der Torontos schweizer Torhüter Stefan Frei (ein entfernter Verwandter von Alex Frei, im übrigen) schon in der 1. Minute retten musste, kontrollierte Toronto das Spiel immer besser. Eben weil Martina und Zavarise zwar den Ball fast nie wirklich in den Strafraum brachten, aber die Gäste doch hinten beschäftigte.
Toronto verteidigt den Punkt
Am Charakter des Spiels veränderte sich erst nach etwa einer Stunde etwas. Da musste mit Julian de Guzman der sehr umsichtige Sechser von Toronto ausgewechselt werden: Für ihn war es das erste Spiel nach einer längeren Verletzungspause und länger hatte er einfach keine Luft. Für den kanadischen Teamspieler kam mit dem Belgier Mikael Yourassowsky ein neuer Mann für halblinks, dafür ging Peterson zurück auf die Sechs und Tchani auf halbrechts.
Ohne De Guzman fehlte den Gastgebern aber nun der Ruhepol und der Regisseur in der Defensive. Die Bälle von Beckham kamen nun immer mehr an, und über die Seiten trugen die Kalifornier das Spiel nun besser nach vorne. Was natürlich auch daran lag, dass sie nun endgültig davon überzeugt waren, dass von Martina und Stevanovic überhaupt keine Gefahr ausging.
Winter konnte sich, je länger das Spiel lief und je mehr es die Gäste wieder in den Griff bekamen, natürlich immer mehr mit dem 0:0 anfreuden – immerhin fehlte ihm sein gefährlichster Stürmer (Gordon) und sein Kapitän (Maicon Santos). So stellte er eine Viertelstunde vor Schluss auf ein 4-3-1-2 um: Der junge Oscar Cordon kam mit seinen 18 Jahren zum MLS-Debüt und spielte auf der Zehn, dazu musste Martina (spät, aber doch) Joao Plata weichen, der den zweiten Stürmer neben Stevanovic gab. Im Grunde ging es aber nun darum, hinten sicher zu stehen und kein Tor mehr zuzulassen. Und bis auf einen Pfosten-Freistoß von Beckham – seine beste Szene – gelang das auch.
Fazit: Galaxy wie Beckham – statisch und einfallslos
Das interessantere Team war ohne Zweifel das von Aron Winter. Denn die Los Angeles Galaxy präsentierten sich über weite Strecken so wie ihr Star David Beckham: Ohne viel Bewegung und ohne zündende Ideen. So wurde der Favorit über eine Stunde lang vom frechen Außenseiter gut in Schach gehalten. Toronto entwickelte zwar kaum Torgefahr, erkannte aber, dass Angriff gegen diesen Gegner die beste Verteidigung ist und drängte vor allem über die fleißigen Flügel den Gegner weit zurück.
Da die Flügel, zumal in einem statischen 4-4-2 mit flachem und nicht besonders laufstarken zentralen Mittelfeld, aber für den Spielaufbau nun mal essenziell sind, waren die Galaxy lange extrem harmlos. Erst, als Winter in der Schlussphase mit schwindenen Kräften und dem 4-3-1-2 die Flügel hergab, konnte das Team von David Beckham eine Schlussoffensive starten.
Für eine Mannschaft, die von einem neuen Trainer mit Bedacht aufgebaut wird – also Toronto – war das sehr respektabel. Für einen Titelanwärter – also die LA Galaxy – war das viel, viel zu wenig.
(phe)