Benfica hat den wilderen Schlägertrupp, aber Porto den Meistertitel

Was für ein wildes Getrete und Gehacke! Dabei ging es bei Benfica gegen Porto nicht um den Klassenerhalt, sondern um den portugieisischen Titel. Den der FC Porto in einem schrecklichen Spiel mit einem 2:1-Sieg fixierte. Benfica wusste nur mit unglaublichen Härteeinlagen dagegen zu halten.

Benfica Lissabon - FC Porto 1:2

22 Siege und zwei Remis in den ersten 24 Spielen – kein Wunder, dass Porto der stolzen Konkurrenz aus Lissabon in der Tabelle Lichtjahre voran ist. Und doch ist es ganz schlechter Stil, dass sich das bei den „Adlern“, dem Rekordmeister Benfica, in einem 90-minütigen Rachefeldzug entlud, bei dem es offenbar von Anfang an nur darum ging, dem großen Rivalen die Titelparty so schmerzhaft wie möglich zu machen.

Beide Trainer setzten zu Beginn auf ihre gewohnten Systeme – das 4-3-3 bei André Villas-Boas und dem FC Porto, das 4-4-2 mit Raute bei Benfica-Coach Jorge Jesus. Der personell etwas größere Sorgen hatte, denn mit Maxi Pereira stand der etatmäßige Rechtsverteidigier nicht zur Verfügung – so musste sich Airton mit dem ungemütlichen Silvestre Varela herumschlagen. Außerdem saß Oscar Cardozo zunächst auf der Bank, statt seiner lief Franco Jara auf.

Brutalität von Anfang an

Den Ton des Spiels setzten schon die ersten paar Minuten. Benfica fuhr die Gegenspieler oftmals zielich wild an und versuchte so, jeglichen Spielfluss bei Porto schon im Keim zu ersticken. Grundsätzlich ja völlig legitim und gegen ein spielstarkes Team wie jenes vom Tabellenführer ja auch nicht verkehrt. Aber Benfica hat es komplett übertrieben – da tritt schon mal Franco Jara dem Porto-Torhüter Helton, der den Ball längt sicher in den Händen hält, gegen das Schienbein. Das sind die Ellbogen in Kopfhöhe, da fliegen die Grätschen mit Anlauf daher. Da holt sich Aimar schon in der 3. Minute die gelbe Karte ab, weil er bei einem blitzsauberen Tackling eines Gegenspielers (den dezent überforderten) Refere Gomes Duarte die Meinung geigte.

Benfica wollte vom Anpfiff weg nur zerstören, wehtun, verunsichern. Und die Roten vergaßen dabei völlig aufs Fußballspielen – und so luchste Guarin in der 9. Minute Javi Garcia den Ball ab, und seine Hereingabe prallte vom indisponierteo Benfica-Goalie Roberto ins Tor ab. Was nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Taktik von Benfica ansonsten durchaus Wirkung zeigte. Das zentrale Mittelfeld wurde von Porto so gut es ging gemieden, ohne Moutinho und Guarín – die am meisten unter der harten Gangart litten – war das Spiel von Porto nicht selten auf hastige, lange Bälle reduziert.

Alvaro Pereira gelang es zu selten, in den Rücken von Salvio zu kommen und Varla gegen den überforderten Airton zu unterstützen, Fucile ging auf der anderen Seite zwar viel mit, der giftige Coentrao hatte im Verbund mit Nico Gaitán ihn und Hulk aber ganz gut im Griff.

Zwei harte Elfmeter

Benfica beruhigte sich erst ein wenig, als Saviola nach einem harten (aber vertretbaren) Elfmeter wenige Minuten später das 1:1 erzielen konnte. Aus dem wahllosen Einsteigen wurde nun ein einigermaßen wirkungsvolles Pressing und Porto sah sich dem erst einmal eher mittellos gegenüber. Zudem konzentrierte man sich bei Benfica nun auch vermehrt um gute Raumaufteilung und Javi García, der sich viel zwischen die Innenverteidiger fallen ließ, versuchte das Spiel von hinten zu steuern.

Doch mitten in die beste Phase von Benfica hinen nützte es Porto aus, dass sich García einmal rauslocken ließ, ein Lochpass durch das Zentrum schickte Falcao und dieser lief alleine auf Roberto zu – und der Kolumbianer nützte das ungestüme Herauslaufen des Torwarts, um sich ein wenig einzuhaken. Wieder ein harter, aber vertretbarer Strafstoß – und wieder wurde er sicher verwandelt. Hulk traf zur 2:1-Führung.

Benfica stellt um

Nachdem sich das spielerische Niveau bis zur Pause nicht berappelt hatte und es mit der Porto-Führung in die Kabinen ging, reagierte Benfica-Trainer Jorge Jesus: Er brachte Cardozo für Jara (direkter Wechsel in der Spitze) und Cesar Peixoto für den wirkungslosen Aimar. Peixoto ging nach links hinten, dafür rückte Coentrao auf und Gaitan ins halblinke Mittelfeld – Benfica agierte nun statt mit einer Raute mit einer flachen Kette. Moutinho und Guarin sollten so wohl noch besser kontrolliert werden. Saviola ließ sich dafür etwas weiter zurückfallen und gab ein Mittelding aus Zehner und hängender Spitze.

Aber im Grunde war das egal, denn um den Sieg an sich ging es Benfica ganz offensichtlich weiterhin nur sekundär und Falcao hätte nach einer Stunde alles klar machen müssen: Er luchste Sidnei den Bal ab, zog alleine Richtung Tor – und verzog…

Porto dezimiert, Benfica dezimiert

Die Adler hatten ihr Ziel scheinbar erreicht, als in der 70. Minute Nicolas Otamendi vom Platz flog und Porto nun noch mit zehn Mann agierte. Eine arge Fehlentscheidung jedoch vom Ref – denn seine Aktion gegen Cardozo war nicht mal ein Foul, geschweige denn eine gelbe Karte. Villas-Boas stellte nun auf ein 4-4-1 mit Hulk ganz vorne um um wollte den Sieg über die Zeit verteidigen.

Den ganz großen Druck konnte Benfica aber nicht erzeugen. Oder wollte gar nicht? Schließlich verschwendete in einer symbolhaften Szene in der Schlussphase der auf Helton zustürmende Cardozo keinen Gedanken daran, den Ball zu spielen, sondern flog aus vollem Lauf mit ausgefahrenem Ellenbogen auf den Porto-Keeper zu. Glück für Helton, dass er nicht getroffen wurde – Glück für Cardozo, dass der Schiedsrichter das nicht sah. Sehr wohl gesehen hat er aber kurz daran ein fieses Foul des erst in der Halbzeit eingewechselten, und glich Benfica in der 87. Minute nur am Personal auf dem Feld aus.

Und mit 10 gegen 10 schien in der Nachspielzeit auch der Fußballgott genug vom Benfica-Schlägertrupp zu haben: Saviola scheitert erst an Helton, den Nachschuss setzte den Nachschuss an den Pfosten.

Fazit: Traurige Bankrotterklärung von Benfica

Wie unsportlich Benfica in diesem Spiel agierte, zeigte auch die Tatsache, dass gleich nach dem Spiel das Flutlicht ausgeschaltet wurde und Porto den mit dem 2:1-Sieg fixierten Meistertitel im Dunkeln feiern mussten. Viel lässt sich über dieses Spiel taktisch nicht sagen, weil alles überlagert wurde vom Vorhaben von Benfica, möglichst dreckig zu spielen und so vielen Gegenspielern wie möglich Schmerzen zuzufügen.

Natürlich hat sich auch Porto davon anstecken lassen und immer wieder auch selbst ausgeteilt, keine Frage. Aber man kann auch mit mehr Stil eine Meisterschaft verlieren als das Benfica gemacht hat. Es kam über die ganze Spieldauer kaum ein nennenswertes Spiel zu stande. Was extrem schade ist – denn eigentlich könnten es ja beide Mannschaften so gut…

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.