Asiencup, VF 3/4 – Gute Startphasen spät belohnt

Zwei Spiele, zwei Viertelfinals, und zweimal der gleiche Spielverlauf! Sowohl die Australier (gegen Titelverteidiger Irak) als auch die Südkoreaner (gegen Mitfavorit Iran) waren zu Beginn überlegen, gaben die Partie dann aus den Händen – und belohnten sich in der Verlängerung doch noch!

Australien – Irak 1:0 n.V.

Australien - Irak 1:0 n.V.

Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die defensive Mittelfeldzentrale bei den Irakern überhaupt nicht aufeinander abgestimmt war. Kaum ein Wunder – mit Qusay Munir wurde ein Spieler neben Stamm-Sechser Nashat Akram gestellt, der in den Spielen zuvor eher aus der offensiven Zentrale heraus für Impulse sorgen sollte. So rannten die Australier in den Anfangsminuten beinahe mühelos über die Iraker drüber: Durch die Mitte, wenn sich Cahill etwas zurückfallen ließ, und auch über die Seiten mit McKay (links) und Holman (der auf die rechte Seite wechselte).

Zudem standen die Australier in ihrem 4-4-2 in dieser Phase auch sehr hoch, mit Neill und Ognenovski zum Teil bereits jenseits der Mittellinie. Erst nach etwa einer Viertelstunde konnten sich die Iraker etwas befreien – die Zentrale hatte sich nun gefunden und vor allem Mohamed Hawar, der auch immer mal wieder die Seiten wechselte, sorgte nun (vermehrt über die rechte Seite) für Entlastung. Das Team aus dem Irak konnte nun die numerische Überlegenheit im Zentral etwas besser ausspielen.

Was erstaunlicherweise nicht nur dem eigenen Spiel gut tat, sondern auch der Torgefährlichkeit der Gegner. Denn nun konnten die Australier mit schnellen Pässen auf die Spitzen den sich bietenden Platz mit mehr Tempo ausnützen; McKay und Kewell hatten kurz vor der Halbzeit jeweils die Führung auf dem Fuß.

In den zweiten Druchgang starteten die Iraker dann ähnlich schwungvoll wie die Australier in den ersten gestartet waren. Vor allem den Außen gelang es nur sehr gut, ihre australischen Gegenspieler deutlich weiter nach hinten zu drängen, wodurch deren Aufbauspiel merklich erlahmte – denn das Zentrum hatten die Iraker ja schon in der ersten Hälfte besser unter Kontrolle bekommen. Das verstärkte sich noch, als Sidka mit Karim Mustafa (statt Mahdi Karim) eine zusätzliche Kraft für die Zentrale brachte – wodurch Qusay etwas weiter in die Offensive aufrücken konnte, was ihm sichtlich gut tat.

Die Australier waren in Sachen geordneter Spielaufbau den Irakern zwar nun einigermaßen deutlich unterlegen, das heißt aber nicht, dass die nicht auch zu Chancen gekommen wären – die nach vorne sehr fleißigen Basem und Salim Said boten hinter sich bei Ballverlusten in der Vorwärtsbewegung natürlich mitunter einige Löcher. Mit hohen Bällen Richtung Cahill und Kewell konnte der Ball immer wieder vor das irakische Tor gebracht werden, aber weil das Nachrücken deutlich zögerlicher von Statten ging als vor dem Seitenwechsel und die Iraker so oft Zeit hatten, sich wieder zu stellen, blieben den Australiern zumeist nur Fernschüsse.

Die besseren Tormöglichkeiten konnten sich, je länger das Spiel lief, die Titelverteidiger aus dem Irak erarbeiten; doch wie auch sein Gegenüber Mohamed Khassid hatte auch Mark Schwarzer im australischen Gehäuse einen sehr guten Tag und machte einige gute Chancen zu Nichte. Weshalb es mit einem 0:0 in die Verlängerung ging.

Australiens Teamchef Holger Osieck hatte dafür Tim Cahill vom Platz genommen und mit Scott McDonald eine neue Sturmspitze gebracht – der Celtic-Angreifer ließ sich aber nicht, wie zuvor Cahill, immer wieder ins Mittelfeld fallen um dort gegen das (um den gelernten Sechser Alaa Abdul-Zehra zusätzlich verstärkte) irakische Zentrum zu helfen. Zudem hatten die Iraker in der Verlängerung die deutlich höheren Kraftreserven. So konnten sie nun endgültig die Kontrolle über das Spiel übernehmen.

Osieck musste reagieren, und er nahm mit dem zunehmend wirkungslosen Holman und den schon gelbvorbelasteten Carney aus dem Spiel – ohne, dass diese Maßnahmen wirklich etwas gebracht hätten. Im Gegenteil, immer mehr war es Mark Schwarzer, der die Australier im Spiel hielt. Bis zu einem Vorstoß in der 117. Minute über den rechten Flügelmann Mark McKay – dessen weite Flanke ins Zentrum fand genau den Kopf von Harry Kewell, der die Australier entgegen des Spielverlaufs in Führung brachte. Womit die Partie entschieden war. Denn die geschockten Iraker wussten keine Antwort mehr.

Fazit: Den späten Sieg der Australier kann man durchaus als glücklich bezeichnen. Nach einem starken Beginn wurden die Schwachpunkte des 4-4-2 gegen einen Gegner mit extrem kompaktem Mittelfeld zunehmend deutlich, auch über die Flanken kam mit Fortdauer des Spiels immer weniger. Den Einzug ins Halbfinale (wo es gegen die Mannschaft aus Usbekistan gehen wird) haben die Socceroos in erster Linie Mark Schwarzer zu verdanken – und der Unfähigkeit der Iraker, aus den durchaus vorhandenen Torchancen auch wirklich mal ein Tor zu machen. So gesehen hat sich der Titelvertidiger das Ausscheiden sicherlich auch selbst zuzuschreiben – aber der souveräne Einzug ins Viertelfinale und die Tatsache, dass nicht viel zur Teilnahme am Halbfinale gefehlt hat, zeigt ganz deutlich, dass der Titelgewinn vor vier Jahren kein purer Zufall war.

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Iran – Südkorea 0:1 n.V.

Iran - Südkorea 0:1 n.V.

Wenn es sowas wie „Alte Bekannte“ im asiatischen Fußball gibt, dann sind das fraglos der Iran und Südkorea. Und zwar nicht erst, seit am letzten Spieltag der WM-Qualifikation für 2010 Park Ji-Sung mit seinem späten 1:1-Ausgleich den Iranern die Teilnahme am Turnier in Südafrika gekostet hatte. Nein – seit Einführung des Viertelfinales beim Asiencup 1996 gab es in genau dieser Runde immer die Begegnung zwischen diesen beiden Mannschaften! Zweimal setzten sich da die Iraner in der regulären Spielzeit durch – doch wann immer es in eine Verlängerung ging, hatten die Koreaner das bessere Ende. Ein Omen, auch für diese Partie…

In der die Iraner begannen, als ob es einen Vorsprung aus einem Hinspiel gäbe. Abwarten, tief stehen, den Gegner erwarten. Und auf Konter lauern – diese waren aber äußerst selten… Der iranische Teamchef Afshin Ghotbi hatte gegenüber der B-Elf des letzten Gruppenspieltags wieder seine erste Garnitur auf den Platz geschickt, auch der gegen die VAE starke Pejman Nori musste draußen bleiben. Treu blieb Ghotbi allerdings jenem 4-1-4-1, auf das er im zweiten Spiel umgestellt hatte. Kapitän Javad Nekounam spielte den Solo-Sechser, der gelernte Defensivspieler Teymourian war vor ihm in der „offensiven“ Viererketten eingeteilt; auf den Flanken kamen mit Rezaei (rechts) und Khalatbari (links) zwei klassische Außenstürmer zum Einsatz. Viel Gelegenheit, ihre Qualitäten zu zeigen, hatten sie aber nicht.

Denn die Iraner überließen dem Team aus Südkorea von Beginn an den Ballbesitz. Sie hatten ganz offensichtlich nicht Park Ji-Sung als größte Gefahr ausgemacht – der Star von Manchester United spielte bislang sehr mannschaftsdienlich, aber wenig effektiv – sondern mit Koo Ja-Cheol jenen zentralen Offensivspieler, der der den Koreanern bisher mit Abstand den meisten Zug zum Tor gezeigt hatte. So kümmerte sich Nekounam vornehmlich um Koo und Hajisafi machte mit dem erstaunlich fleißigen Khalatbari die linke Abwehrseite komplett zu.

So blieb den Koreanern nur der Weg über die eigene linke Seite. Und hier lief Routinier Lee Young-Pyo trotz seines gesetzten Alters von mittlerweile 33 Jahren wie aufgezogen die Linie auf und ab. Park Ji-Sung vor ihm rückte, wie gewohnt, immer wieder ein – was nicht unproblematisch war, denn so nahmen sich die Koreaner selbst etwas von jener Breite, die gegen einen so defensiv eingestellten Gegner vonnöten gewesen wäre. So wich oftmals Sturmspitze Ji Dong-Won mit auf die Seite aus, was wiederum den Effekt hatte, dass es in der Mitte keinen Abnehmer gab. Dennoch wackelte die iranische Defensive direkt vor dem eigenen Tor immer wieder gewaltig und nur mit großer Mühe und einiger Improvisation bei eher unkoordinierten Rettungstaten konnte das 0:0 gehalten werden.

Die Iraner hatten aber auch andere Probleme, in der Vorwärtsbewegung. Hier konnten sie im Mittelfeld nie wirklich Fuß fassen, weil sie immer in Unterzahl waren – der koreanische Sechser Ki Sung-Yueng ließ sich in der ersten Hälfte bei eigenem Ballbesitz zwischen die Innenverteitiger fallen, um den Außenverteidigern Rückendeckung für deren Märsche nach vorne zu geben. Die Koreaner sind im Übrigen das einzige Team bei diesem Asiencup, der diesen bei der WM im Sommer augenfälligen Trend nachvollzieht.

Wie kaum anders zu erwarten war, nahm Ghotbi für den zweiten Spielabschnitt mit Rechtsverteidigier Nosrati den größten Schwachpunkt seines Teams aus dem Spiel – über seine Seite liefen ja schließlich fast alle koreanischen Angriffe. Für ihn kam mit Khosro Heidari ein von Haus aus etwas offensiver denkender Spieler. Mit weit reichenden Folgen für das Spiel: Denn Heidari gelang es mit vermehrten Vorstößen, Lee Young-Pyo deutlich mehr in die Defensive zu drängen und so auch die letzte offene Tür für die Koreaner zu schließen.

Denen fiel gegen die nun rundum sehr gut stehende iranische Defensiven praktisch gar nichts mehr ein. Koo war abgemeldet, Park Ji-Sung musste sich immer mit zwei Gegenspielern herumschlagen, Lee Chung-Yong auf der linken Seite fand weiterhin keine Bindung zum Spiel. Das nützten die Iraner, selbst merklich offensiver zu werden: Vor allem über Khalatbari (und nach dessen Einwechslung über Shojaei) über die linke Angriffsseite wurde den Koreanern immer wieder Kopfzerbrechen bereitet.

Was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das Spiel nun eine recht flache Angelegenheit war. Die Abwehrreihen beider Mannschaften standen gut, den Angriffsreihen fiel dagegen wenig ein und so plätscherte das Spiel ohne die ganz großen Highlights zielsicher auf die zweite Verlängerung an diesem Tag zu – Neutralisation auf durchaus ansprechendem Niveau.

Daran änderte sich auch in der Verlängerung recht wenig: Die Abwehr der Südkoreaner wackelte, wenn überhaupt, nur bei Standardsituationen, hatte hohe Bälle aber zumeist recht sicher im Griff. Dass es nicht zum Elfmeterschießen kam, lag letztlich an einem Energieanfall des in der 81. Minute für den diesmal wirkungslosen Koo Ja-Cheol eingewechselten Yoon Bit-Garam – er setzte in Minute 105 zu einem beherzten Solo an, Nouri und Hosseini ließen ihm an der Strafraumgrenze zu viel Platz und so konnte der 20-Jährige zum 1:0 treffen.

Was bei den Iranern für die verbleibende Viertelstunde natürlich nichts anderes hieß als „Brechstange auspacken“. Für Nouri kam mit Gholami ein zusätzlicher Stürmer, die Außenverteidiger Hajisafi und Heidari hielten sich nur noch vorne auf, es flog ein Ball nach dem anderen in den koreanischen Strafraum – doch in der Luft waren diese den iranischen Angreifern überlegen, sodass es ihnen praktisch nie gelang, ein eine gute Schussposition zu kommen. Sich in den Strafraum hineinspielen ging auch nicht, zu dicht standen nun fast alle Koreaner dort, um die knappe Führung zu verteidigen. Was am Ende gelang.

Fazit: Wie schon im Nachmittagsspiel wurde jene Mannschaft, welche die erste Halbzeit zum Teil ganz deutlich dominiert hatte, in der Verlängerung belohnt – jeweils, nachdem der Gegner in der zweiten Halbzeit das Spiel sehr offen hatte gestalten können. Am Ende sind die Koreaner ein verdienter Sieger, eben weil sie in der ersten Halbzeit drückend überlegen waren und so auch von Anfang an den Willen zur Spielgestaltung gezeigt haben.

Was aber nicht heißen soll, dass die Iraner keine gute Partie gemacht hätten. Im Gegenteil – Teamchef Ghotbi reagierte in der Halbzeit goldrichtig und konnte so so gut wie jeden Druck, den die Koreaner zuvor ausgeübt hatten, sehr gut abfangen. Allerdings gelang es dem iranischen Team auch nur höchst selten, selbst wirklich gefährlich vor dem Tor der Koreaner aufzutauchen. Wodurch es letztlich logisch ist, dass eine Einzelaktion das Spiel zu Ungunsten der Iraner entschieden hat.

Was für sie extrem bitter ist – denn sie waren kaum schwächer als Südkorea und über das Turnier gesehen fraglos besser als (mit der großen Ausnahme Japan natürlich) alle anderen Mannschaften. Und doch steht als nacktes Resultat am Ende das Aus im Viertelfinale.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.