Mit einer weiteren deutlich unterdurchschnittlichen Leistung erreicht Österreich ein 0:0 gegen Bosnien. Der eher schmeichelhafte Punkt reicht, um sich vor dem letzten Spiel am Sonntag in Nordirland nicht mehr mit Abstiegsängsten herumplagen zu müssen. Er hat aber auch gezeigt, dass keine positive Entwicklung stattfindet. Diese Erkenntnis ist kurz vor dem Ende eines fürchterlichen Länderspiel-Herbstes das eigentlich Besorgniserregende.
Franco Foda setzte wieder auf ein 4-4-2, in dem Florian Kainz versetzt hinter Marko Arnautovic agierte. Alaba spielte tatsächlich einen echten Linksverteidiger, Alessandro Schöpf war vor ihm postiert, Peter Zulj blieb statt des verletzten Florian Grillitsch in der Startformation. Davon abgesehen war es das erwartete Personal.
Robert Prosinecki, Trainer des Teams von Bosnien-Herzegowina, stellte fast das selbe Team auf wie beim 1:0-Sieg über Österreich im September in Zenica, lediglich Ognjen Vranjes kam als Rechtsverteidiger statt Todorovic rein. Das Grundsystem war ein 4-1-4-1, in dem aber Achter Sehic situativ nach vorne rückte, um gemeinsam mit Dzeko die österreichische Spieleröffnung zu stören.
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Keine spielerische Lösung
Wie schon gegen Nordirland war die Spielanlage von Österreich ausgesprochen altbacken. Das machte es den Bosniern leicht, mit relativ simplen Mitteln zu verhindern, dass das ÖFB-Team mit Tempo ins Angriffsdrittel kommt. Die Flügelspieler Schöpf und Lazaro wurden konsequent gedoppelt und so vom Spiel isoliert. Das Trio im Zentrum verstand es ebenso exzellent, schnell Überzahl in Ballnähe herzustellen.
Ohne den verletzten Grillitsch, der sich auf das schnelle Finden und Bespielen von Räumen versteht, war das österreichische Mittelfeld auf verlorenem Posten. Recht früh ließen die Österreicher die Versuche bleiben, sich über das Mittelfeld nach vorne zu arbeiten. Von nun an folgen die Bälle eher über das Mittelfeld drüber, vor allem von Hinteregger (der lange Bälle an sich ganz gut kann).
Wie relativ verwundbar die Bosnier dennoch waren, zeigte die Häufung an Freistößen und Eckbällen, die sie Österreich oft auch aus eher harmlosen Situationen heraus gewährten. Dass diese wiederum (wie schon in den Koller-Jahren) eher mit dem Einfallsreichtum von Feierabend-Mannschaften ausgespielt wurden, war aus österreichischer Sicht wiederum nicht besonders hilfreich.
Bosnien besser im Spiel nach vorne
Die Gäste aus Bosnien-Herzegowina hatten deutliche Vorteile im Spiel nach vorne, obwohl sie in der Ballbesitz-Statistik hinten lagen (46:54). Natürlich hilft es, wenn man einen Sechser wie Miralem Pjanić hat, aber bei allem Respekt: Seine Mitstreiter im Zentrum spielen bei den Suwon Bluewings und bei Middlesbrough.
Auch hier wirkte sich das Fehlen von Grillitsch aus. Denn die Laufwege von Baumgartlinger und Zulj wirkten überhaupt nicht aufeinander abgestimmt, wodurch sich Räume für die Bosnier ergaben. Die Angriffe der Bosnier wurden durch diese Kanäle hindurch auch mit dem nötigen Tempo und der nötigen Konsequenz nach vorne getragen.
Ganz im Gegensatz dazu musste beim ÖFB-Team fast immer das Tempo aus den Angriffen genommen werden, weil kein Mitspieler anspielbar war. Die Laufwege ohne Ball waren, wie schon gegen Nordirland, schlecht. Man konnte den Eindruck gewinnen, es hätte diesbezüglich keine Vorgaben gegeben.
Schlager wirkt wie ein Pflaster
Wie nach Kainz‘ fürchterlicher erster Halbzeit zu erwarten war, musste der Bremen-Legionär in der Kabine bleiben. Xaver Schlager ersetzte ihn direkt. Dem Salzburger liegt die Position hinter der Spitze etwas besser als dem Flügelspieler Kainz, er war auch gleich besser ins Spiel eingebunden. Er stärkte durch etwas tiefere Positionierung das Zentrum und er war ein spürbares Upgrade gegenüber Kainz.
Mehr als ein Pflaster auf einen gröberen Defekt war aber auch er nicht. Und die gefühlte Drangphase zu Beginn der zweiten Halbzeit waren in Wahrheit ein Freistoß in der 48. Minute und ein Freistoß in der 52. Minute. Aus letzterem entwickelte sich der Seitfallzieher-Torschuss von Arnautovic, den Sunjic geschickt und halb versteckt mit dem Ellbogen ablenkte. In Realgeschwindigkeit: Unmöglich zu erkennen.
Höheres Attackieren
In der 55. Minute gab es noch eine Hereingabe auf Schlage und in der 60. Minute einen Konter für Österreich, aber generell änderte sich an der grundsätzlichen Statik des sehr zerfahrenen und auch niedrigem Niveau stehenden Spiels wenig. Das geschah erst mit der Einwechslung von Gregoritsch für den wirkungslosen Schöpf. Dafür ging Arnautovic auf die linke Außenbahn.
Nach diesem Tausch in der 67. Minute nämlich ging Österreich spürbar höheres Risiko. Mit Lazaro rechts, Arnautovic links, Gregoritsch vorne und dem extrem pressingstarken Schlager dahinter versuchte das ÖFB-Team nun, die Bosnier schon in der Eröffnung zu stören und Ballgewinne zu erzwingen. Nur: Die Bosnier ließen sich davon nicht wirklich beeindrucken. Zum einen wurden gewonnene Bälle bei Österreich schnell wieder verschenkt, zum anderen waren die Bosnier defensiv stets gut organisiert. Erstaunlich: Praktisch in keiner dieser Situationen wurde über Sechser Pjanic geklärt.
Außerdem ergaben sich durch den vorgeschoben österreichischen Block Kontergelegenheiten für Bosnien. Die deutlicheren Chancen und die spielerischen Vorteile lagen auch in der zweiten Halbzeit bei den Gästen. Es waren genug Tormöglichkeiten da, um 2:0 oder 3:0 in Front zu liegen und diverse Male mussten Risiko-Tacklings vor der Strafraumgrenze gefährliche Angriffe unterbinden. Dass es beim 0:0 blieb, schmeichelte den Österreichern. Für Bosnien war der Punkt aber völlig ausreichend.
Fazit: Die nächste Ernüchterung
In unserem Podcast zur Vorschau auf dieses Spiel haben wir die Frage gestellt, ob die Darbietungen im Herbst bisher dem wahren Gesicht des Teams unter Franco Foda darstellen. Nach dem schmeichelhaften 0:0 gegen Bosnien kristallisiert sich immer mehr heraus, dass dies tatsächlich so sein dürfte.
Und das ist jetzt völlig von den Resultaten losgelöst. Ein 0:1 und ein 0:0 gegen Bosnien sind für sich keine ultimativen Schandtaten. Nur die Art und Weise, wie diese Resultate zustande gekommen sind – auch das 1:0 mit einer wirklich nicht besonders guten Leistung gegen Nordirland – ist besorgniserregend. Das ist genug, um in einer schwachen B-Liga-Gruppe der Nations League einen hingenudelten zweiten Platz unter drei Teams zu erreichen. Das ist aber deutlich zu wenig, wenn es darum geht, in einer EM-Quali-Gruppe zumindest Zweiter zu werden.
Alaba zeigte auf seiner Bayern-Stammposition ein sehr anonymes Spiel. Zuljs Laufwege waren nicht gut. Kainz war kaum mehr als körperlich anwesend, bei Schöpf war es kaum anders. Lainer und Lazaro bekamen erst nach der Pause ein bisschen Schwung in ihre Seite. Dragovic brachte kaum einen geraden Vorwärtspass zustande. Diese erstaunliche Häufung ist kein Zufall. Einiges kann mit dem Ausfall von Grillitsch erklärt werden. Alles aber nicht.
Nicht jeder ist immer in Topform (wie an diesem Abend der glänzende Torhüter Lindner, der praktisch im Alleingang die Niederlage verhindert hat). Aber wenn praktisch niemand Normalform erreicht, muss sich auch der Trainer die Frage stellen lassen, warum das so war. Der Gegner setzte seine Marschroute gut um, aber Bosnien zeigte auch nichts Ungewöhnliches. Die individuelle Qualität ist okay, aber besser als das ÖFB-Team ist Bosnien auch nicht besetzt.
Dieser Herbst ist eine einzige große Ernüchterung. Wer nach den guten Vorstellungen im Frühjahr glaubte oder hoffte, dass man sich keine Sorgen um die Auftritte in der Nations League machen müsste, wurde eines besseren belehrt. Die Erwartungen für die EM-Quali wurden in den letzten fünf Spielen jedenfalls erfolgreich nach unten geschraubt.