Wirklich logisch ist das nicht. Das Quali-Spiel für die Frauen-WM gegen den Weltranglisten-Vierten Frankreich, einen absoluten Weltklasse-Kontrahenten, ließ der ÖFB vor einem Jahr in Ritzing spielen, einem Dörfchen, das 45 Auto-Minuten von der nächsten Stadt mit fünfstelliger Einwohnerzahl entfernt liegt, wo es zwar ein hübsches Stadion gibt, aber sonst nur Felder, Wiesen, Hügel, eine Kirche und ein paar schmucke Wohnhäuser. Na eh klar waren da nur 500 Leute da.
Dafür steigt am Samstag das Spiel gegen Ungarn, einen weder attraktiven noch nennenswert starken Gegner, im Schmuckkästchen von St. Pölten. Wo vor zwei Jahren im EM-Playoff gegen Russland noch fast 4.000 Zuseher waren, werden’s diesmal wohl deutlich weniger werden. Während etwa in Ritzing wiederum das Stadion wiederum nur schlanke vier Kilometer von der ungarischen Grenze entfernt liegen würde.
In aller Fairness: ÖFB-Präsident Windtner erklärte schon vor zwei Jahren, dass man die NV-Arena als Quasi-Heimstadion etablieren will und es ist, wie man hört, nicht ursächlich am Unwillen des Verbandes gescheitert, weshalb es seit zwei Jahren kein Spiel mehr dort gab. Und es ist auch extrem erfreulich, dass der ORF sowohl das Match gegen Ungarn als auch jedes am Mittwoch in Pasching gegen Kasachstan auf Sport+ live überträgt. Nur: Allzu viel Spannung und allzu große Kulisse sollte man nicht erwarten.
Endspurt um Platz zwei…
Worum geht’s also am letzten Doppelspieltag in der Quali für die in Kanada stattfindende WM 2015 noch? Um den zweiten Gruppenplatz geht’s. Um den zu erreichen, muss Österreich beide Spiele gewinnen (wovon auszugehen ist), dazu muss zeitgleich der aktuelle Zweitplatzierte Finnland zweimal gegen Frankreich verlieren (wovon auch auszugehen ist).
„Wir haben zu den Top-15 in Europa aufgeschlossen, wenn nicht sogar einige Teams darin schon überholt“, ist auch Teamchef Dominik Thalhammer grundsätzlich mit dem Verlauf der Quali zufrieden: „Dass es nun noch zumindest eine theoretische Chance auf das Playoff gibt, ist sehr positiv.“ Und das, obwohl seit dem Winter mit Abwehrchefin Wenninger (Kreuzband) und Flügelspielerin Feiersinger (Schien- und Wadenbeinbruch) zwei absolute Stützen verletzt fehlen. „Der Kreis der personellen Möglichkeiten hat sich aber erweitert“, sagt Thalhammer und verweist damit etwa auf Bremen-Verteidigern Schiechtl, die im Juni debütierte, oder auf Simona Koren. Die Stürmerin, die in der US-College-Liga spielt, ist erstmals im Kader.
Die zwei eingeplanten Siege können auch einen längerfristigen Nutzen haben. Nämlich, was die Setzliste für die in genau einem Jahr startende Qualifikation für die EM 2017 betrifft. Es weiß zwar noch niemand, wo diese stattfinden wird (Favorit bei der Vergabe im Dezember ist aber Holland), geschweige denn, wie der Quali-Modus aussieht. Aber es ist durchaus möglich, dass es auf jeden Punkt ankommt, wenn es darum geht, in den zweiten Lostopf zu rutschen. Dann wäre es noch wahrscheinlicher, dass Österreich einen der 15 freien Plätze für die Endrunde ergattern kann.
…aber Playoff-Chance ist leider klein
Alles Spekulation, eh klar. Etwas konkreter ist aber, dass es zwar diesmal für den zweiten Platz reichen dürfte, aber wohl nicht für’s Playoff. „Ist leider unwahrscheinlich“, gibt auch Thalhammer zu. Warum? Weil nur die vier besten der sieben Zweiten dieses Erreichen. Mit Italien und Schottland haben zwei davon ihren Platz darin schon fix, mit Holland ein weiteres Team so gut wie. Und in anderen Gruppen bräuchte es Umfaller der Kandidaten auf den zweiten Platz. Im Detail sieht das folgendermaßen aus.
Österreich kommt, wenn alles nach Plan läuft, in diesem Ranking auf 15 Punkte (weil für jeden die Resultate gegen die Gruppenletzten rausfallen, beim ÖFB-Team also ein 4:0 und ein 6:1 gegen Bulgarien).
Erste Bedingung: Ein Remis zwischen der Ukraine und Wales
Wer Gruppenzweiter hinter den schon fix qualifizierten Engländerinnen wird, ist noch völlig offen. Das entscheidet sich auf jeden Fall erst am Mittwoch beim direkten Duell der Ukraine gegen Wales in Lemberg. Die Rechnung ist einfach: Wer das Spiel gewinnt, ist Gruppenzweiter, unabhängig vom ukrainischen Spiel am Samstag gegen die Türkei (es zählt der Direktvergleich). Ein Remis bei Ukraine-Wales würde beide aus dem Rennen um die Playoff-Plätze nehmen, vorbehaltlich von Sensationen in den anderen Gruppen. Bei einem Unentschieden in Lemberg würde auch Österreich (mit zwei eigenen Siegen) am Zweiten der Gruppe 6 vorbeiziehen.
Zweite Bedingung: Russland darf in Kroatien maximal einen Punkt holen
Wesentlich weniger wahrscheinlich ist, dass auch Russland mitspielt. Die Sbornaja, an der Österreich in der EM-Quali vor zwei Jahren ja im Playoff gescheitert war, wird sich am Samstag eine Heimpleite gegen Deutschland abholen, nach dem 0:9 in Cottbus ist mit nichts anderem zu rechnen. Am Mittwoch aber gastiert Russland in Kroatien. Da braucht es aus österreichischer Sicht kroatische Schützenhilfe in Form von zumindest einem Remis. Nicht zu erwarten, aber doch möglich: Kroatien hätte daheim schon gegen Irland fast gewonnen, kassierte erst in der Nachspielzeit das 1:1.
Dritte Bedingung: Dänemark darf gegen Israel nicht hoch gewinnen
Wenn die ersten beiden Fälle eintreten sollten, gibt es immer noch ein Fernduell mit EM-Halbfinalist Dänemark. Dort verkorkste man die WM-Quali ziemlich, wird sich mit Siegen in Malta und gegen Israel aber zumindest auf den zweiten Platz retten. Entscheidend ist hier nur das Match gegen Israel: Dänemark wird im Zweiten-Ranking wie Österreich auf 15 Punkte kommen und hält derzeit bei einer Tordifferenz von 12:5; Österreich hat mit 12:9 ein etwas schlechteres, aber noch ein für das Ranking relevantes Spiel mehr zu spielen und vor allem gegen Kasachstan die Chance auf einen Kantersieg. Es könnte da auf jedes Tor ankommen. Unglücklich: Wenn Österreichs Spiel gegen Kasachstan zu Ende ist, hat Dänemark wegen der späteren Beginnzeit noch eine halbe Stunde, um gegebenenfalls die nötigen Tore zu jagen.
Der Joker: Holland muss gegen Portugal patzen UND in Norwegen verlieren
Eine andere Möglichkeit gäbe es noch, theoretisch, die das Nicht-Eintreffen einer der drei Bedingungen ausgleichen könnte: Ein Patzer von Holland am Samstag daheim gegen Portugal. Wenn Oranje dieses Match nicht gewinnen sollte (höchst unwahrscheinlich, aber bitte), und dann am Mittwoch noch bei den dann schon fix qualifizierten Norwegerinnen verliert, wäre das niederländische Team auch hinter Österreich gerutscht.
Außer Reichweite: Italien und Schottland
Um das erstmalige WM-Ticket auch rechnerisch zu fixieren, reicht Spanien ein Sieg aus den verbleibenden Spielen in Rumänien und Tschechien. Der wird gelingen. Italien kann selbst bei Heimniederlagen gegen Estland UND Mazedonien (die es beide natürlich nicht geben wird) das Playoff-Ticket nicht mehr verlieren. Beide Teams waren bei der EM vor anderthalb Jahren im Viertelfinale, bei Spanien zeigt der Trend eher nach oben, bei Italien eher nach unten – auch, weil immer noch zu viel an der 39-jährigen Stürmerin Panico hängt. Gegen Klasseteams zu wenig, wie das 0:1 und das 0:0 gegen Spanien zeigten.
Für Schottland ist theoretisch sogar noch der Gruppensieg und die Direkt-Quali möglich, dafür müsste aber am Mittwoch in Göteborg ein 0:2 aus dem Heimspiel wettgemacht werden. Das ist, allen internen Problemen bei Schweden zum Trotz, nicht zu erwarten. Schottland wird aber, der aktuellen Form nach zu urteilen, als leichter Favorit in das K.o.-Turnier der vier Zweiten um das eine verbleibende WM-Ticket gehen.
Das alles kann Österreich aber natürlich nicht beeinflussen. Mehr als die Pflichtsiege gegen Ungarn und Kasachstan einzufahren, geht nicht. Ein zweiter Gruppenplatz vor einem etablierten Endrunden-Teilnehmer wie Finnland wäre so oder so eine feine Sache, ob mit anschließendem Play-Off oder ohne.
Kader Österreich: Tor: Anna-Carina Kristler (26 Jahre, Sturm Graz, 23 Länderspiele), Manuela Zinsberger (18, Bayern/GER, 6). Abwehr: Verena Aschauer (20, Freiburg/GER, 21), Gini Kirchberger (21, Duisburg/GER, 24), Heike Manhart (21, Szombathély/HUN, 26), Katharina Schiechtl (21, Bremen/GER, 1), Julia Tabotta (20, St. Pölten, 5), Lisi Tieber (23, Luzern/SUI, 19). Mittelfeld: Jasmin Eder (21, St. Pölten, 15), Jenny Pöltl (21, St. Pölten, 22), Nadine Prohaska (23, St. Pölten, 45), Sarah Puntigam (21, Freiburg/GER, 43), Viktoria Schnaderbeck (23, Bayern/GER, 34), Sarah Zadrazil (21, ETSU Bucs/USA, 18). Angriff: Nici Billa (18, St. Pölten, 4), Nina Burger (26, Neulengbach, 60), Simona Koren (21, ETSU Bucs/USA, 0), Lisa Makas (22, St. Pölten, 35).
Die WM-Quali der „Großen“ geht zu Ende, dafür startet die EM-Quali der neuen U-19 mit der Quali-Runde in Bulgarien gegen die Gastgeber, die Schweiz und die Slowakei. Für den Einzug in die Eliterunde muss man Gruppensieger werden. oder unter den zehn besten der elf Zweiten sein. Das Ziel der Truppe von Teamchefin Fuhrmann ist einer der sieben freien Plätze für die Endrunde in Israel (zumindest ist sie dort geplant). Defensiv sind europaweit wenige Teams besser besetzt, aber vorne fehlen die Alternativen, wenn Nici Billa im A-Team ist.
Kader Österreich U-19: Tor: Carolin Größinger (Kleinmünchen), Jasmin Pal (Innsbruck). Abwehr: Anna Egretzberger (Neulengbach), Marina Georgieva (St. Pölten), Nicole Konrath (Neulengbach), Simone Krammer (Kleinmünchen), Sophie Maierhofer (St. Pölten), Katharina Naschenweng (Carinthians), Nicole Sauer (Altenmarkt), Irina Wurzinger (Sturm Graz). Mittelfeld: Katharina Aufhauser (Neulengbach), Barbara Dunst (St. Pölten), Teresa Knauseder (Kleinmünchen), Sarah Lackner (Innsbruck), Carina Mahr (St. Pölten), Anna Malle (Carinthians), Jasmin Ortner (Carinthians). Angriff: Duygu Karkac (St. Pölten).