Das hat selbst Bayern München nie geschafft: Bayer Leverkusen wurde ohne eine einzige Niederlage erstmals deutscher Meister und gewann zum Drüberstreuen auch noch den DFB-Pokal, mit einem 1:0 im Finale gegen Kaiserslautern. In schwächeren Ligen kommt das schon mal vor. In jenen Ligen aber, deren Vereine auch international um die Titel mitspielen bzw. mitgespielt haben, ist das äußerst ungewöhnlich. Öfter als einmal alle zehn Jahre kommt das im Schnitt nicht vor.
Hier ein Überblick: Das sind Europas ungeschlagene Teams in Top-Ligen – und der letzte heimische Verein, dem das gelungen ist.
2023/24 – Bayer Leverkusen
Als Xabi Alonso den Klub im Herbst 2022 von Gerardo Seoane übernommen hat, war das Team Vorletzter in der Bundesliga und wirkte eher leblos. Innerhalb weniger Wochen hatte der Baske Leverkusen auf den siebenten Platz geführt, danach in der Europa League ins Halbfinale. Dort war danach zu lesen: Nicht selten hat in der Vergangenheit bei Bayer die Qualität des Trainers nicht mit dem Kader mithalten können – nun war’s umgekehrt.
Im Sommer wurde von Sportdirektor Simon Rolfes und seinem Trainer gezielt der Kader verstärkt: Granit Xhaka als Kämpfer mit Leaderqualitäten und Spielübersicht von Arsenal, Flügelflitzer und Flankengott Alejandro Grimaldo von Benfica, Offensiv-Allrounder Jonas Hofmann von Mönchengladbach und der bullige Knipser Victor Boniface von Union St.-Gilloise.
Das waren die Puzzleteile, die gefehlt hatten. Leverkusen legte in die Saison los wie die Feuerwehr. Das auf rasche Ballzirkulation, Manipulation von Räumen, scharfem Pressing und hohem Tempo aufgebaute Spiel überforderte die Gegner in der Bundesliga. Der einzige Punktverlust in den ersten 12 Spielen war das 2:2 auswärts bei den Bayern, im Dezember gab’s mal zwei Remis gegen Stuttgart und Dortmund. Sonst: Nur Siege, und wenn man mal hinten lag, konnte man sich auf Nachspielzeit-Tore verlassen. Aus „Leverkusen“ wurde „Laterkusen“ und aus „Vizekusen“ letztlich „Meisterkusen“.
Auch im Europacup retteten späte Tore immer wieder die Serie, im nationalen Cup kam man ins Finale. Am Ende verlor Bayer nur ein einziges der 53 Pflichtspiele in der Saison, und zwar Nummer 52, das Endspiel in der Europa League gegen Atalanta. Und Xabi Alonso – heiß umworben von Bayern München, als logischer Klopp-Nachfolger bei Liverpool gehandelt, als Ancelotti-Kronprinz bei Real Madrid geltend – hat sich für einen Verbleib in Leverkusen entschieden.
2011/12 – Juventus
Nach dem Zwangsabstieg 2006 ist Juventus zwar direkt wieder aufgestiegen, mehr als eine Nebenrolle in den großen Jahren von Inter unter José Mourinho spielten die Bianconeri aber nicht. Im Sommer 2011 wurde das neue Stadion fertig, das Exil im Turiner Olympiastadion war zu Ende. Als Juve im Mai 2011, am Ende einer anonymen Saison auf Platz sieben allerdings Antonio Conte als Nachfolger von Gigi Delneri präsentierte, war dies nicht gerade eine Verpflichtung, die großen Aufbruch vermittelte.
Conte hatte ein paar Monate als Atalanta-Trainer hinter sich und hatte Bari und Siena zum Aufstieg geführt, einen Namen hatte er aber immer noch eher als Kämpfer im erfolgreichen Juve-Mittelfeld der späten Neunziger. Sehr viel inspirierter schien der Transfer von Andrea Pirlo, den Juve ablösefrei vom amtierenden Meister Milan holte. Besser als Siebenter wird’s schon werden, aber ein Push zum Titel?
Als es in der 11. Runde zum Duell mit dem stark gestarteten Lazio kam, war Juve zwar ungeschlagen, aber dank fünf Remis auch nur Zweiter. Das 2:0 gegen die Römer sowie das 3:3 (nach 1:3-Rückstand) gegen Napoli ein paar Tage später sagten aus: Ja, dieses Juve ist ernst zu nehmen. Bis Mitte März hatte Juve 13 Siege und 14 Remis angesammelt, lag vier Punkte hinter Milan auf Rang zwei. Das Rückspiel im Cup-Halbfinale gegen Milan wurde dann zum endgültigen Turning Point. Dort setzte sich Juventus nach Verlängerung durch und während man sich selbst zu einer Siegesserie aufschwang (in den verbleibenden zehn Liga-Spieltagen wurden 28 von 30 Punkten geholt), strauchelte Milan rund um die Viertelfinal-Partien in der Champions League gegen Peps Barcelona. Milan ließ Punkte gegen Catania und Bologna, verlor gegen die Fiorentina und Juve war nicht mehr einzufangen.
In den 43 Pflichtspielen der Saison (Juve spielte keinen Europacup) lag man zu Abpfiff der 90 Minuten zwei mal zurück – im angesprochenen Cup-Halbfinal-Rückspiel gegen Milan (das 1:2 gestanden war) sowie im Cup-Finale gegen Napoli, das 0:2 endete. In der Liga gab es in den 38 Spielen 23 Siege und 15 Remis.
Acht weitere Jahre lang sollte es keinen anderen Meister als Juventus geben, 2015 und 2017 stießen die Turiner ins Endspiel der Champions League vor. Auch für Conte war es die Basis für eine steile Karriere: Dreimal Meister mit Juve, einmal mit Chelsea, einmal mit Inter, dazu EM-Viertelfinale als italienischer Teamchef – ehe er bei Tottenham zur ebenso cholerischen wie wirkungslosen Karikatur seiner selbst wurde.
2003/04 – Arsenals Invincibles
Der Prototyp der unschlagbaren Mannschaft sind „The Invincibles“ – jenes Team von Arsenal, das in der Saison 2003/04 als einziges Team seit Preston in der Spielzeit 1888/89 eine komplette Meisterschaftssaison in Englands Top-Liga ohne eine einzige Niederlage bleiben sollte. Es war der Höhepunkt von Arsène Wengers Trainerkarriere.
Als der Franzose 1996 zu Arsenal kam, erbte er von George Graham eine solide, aber eher holzgeschnitzte Truppe. Er führte moderne Trainingsmethoden ein, dazu verdonnerte er seinen Spielern eine Ernährung nach sportwissenschaftlichen Richtlinien und auch taktisch-inhaltlich war Wenger am Puls der Zeit – bzw., im Premier-League-Kontext, dieser voraus.
Die Außenverteidiger sollten bewusst ihren Offensivdrang ausleben, dank des Tempos der Innenverteidiger konnte die Linie hochschieben, die Flügel waren mit Rechtsfuß Pirès links und dem unermüdlichen Ljungberg rechts besetzt, das Zentrum mit zwei ebenso zweikampf- wie spielstarke Spielern in Gilberto Silva und Kapitän Vieira. Und natürlich vorne – der Zauberer Bergkamp, der vier Augen und den sechsten Sinn zu haben schien, als hängende Spitze und ein Thierry Henry am Höhepunkt seiner Schaffenskraft, ein Duo, das sich blind verstand.
Arsenal überlebte im September die extrem hitzige Partie im Old Trafford, als Vieira in der Schlussphase ausgeschlossen wurde und Van Nistelrooy beim Stand von 0:0 in der 94. Minute einen Elfmeter an die Latte drosch. Die Gunners streuten immer wieder mal Remis ein, blieben United aber auf den Fersen, bis Mitte Jänner hatte Arsenal drei Punkte Rückstand. Im Februar hatte United einen Durchhänger, Arsenal gewann neun Spiele im Gang, darunter das 2:1 bei Chelsea trotz Rückstand nach 27 Sekunden. Dass Wengers Truppe Meister werden würde, zeichnete sich ab – es ging irgendwann nur noch darum, ob sie es ohne Liga-Niederlage schaffen würden.
Und Arsenal wackelte im April. Aus im Champions-League-Viertelfinale gegen Chelsea mit Wayne Bridges entscheidendem Tor in der Nachspielzeit. Aus im FA Cup drei Tage zuvor, 0:1 im Highbury gegen Manchester United. Im Ligacup hatte Arsenal beide Halbfinal-Spiele gegen Middlesbrough in den Sand gesetzt. Aber in der Premier League blieb die Weste sauber – 26 Siege und 12 Remis. Es blieb bis heute der letzte Meistertitel von Arsenal, und Wenger trottete den Trends spätestens ab den späten Nuller-Jahren zunehmend hinterher, anstatt sie zu prägen.
1994/95 – Ajax Amsterdam
Das Geläuf war tief, der Gegner renitent und die Uhr lief runter. Hätte Jari Litmanen im November 1994 kurz vor Schluss nicht mehr das 1:1 gegen Salzburg in der Champions League erzielt, zwei Wochen nach einem 0:0 in Österreich, wäre das „perfekt“ in der Saison von Ajax da vorbei gewesen. Doch das von Louis van Gaal am Reißbrett entworfene Spiel der jungen Rasselbande aus Amsterdam sollte nicht nur Salzburg überleben, sondern auch alle anderen.
Routinier Danny Blind war der klassische Ausputzer hinten, flankiert von zwei Manndeckern. Rijkaard vor ihm war ein „Deep Lying Playmaker“ mit Manndecker-Aufgaben für den gegnerischen Mittelstürmer, Seedorf und Davids waren die kämpfenden Lungen mit striktem Verbot, auf die Außenbahnen zu driften. Dort sorgten Overmars und Finidi für die Breite, während sich Litmanen aus der Tiefe der Zehnerposition der Manndeckung im Strafraum entzog und vertikal in diesen reinstieß, während Ronald de Boer eher Wegblocker und Gegner-aus-der-Position-Zieher als klassischer Mittelstürmer war. Wenn die Beine schwer wurden, kamen die beiden 18-jährigen Joker Nwanwko Kanu und Patrick Kluivert nach vorne rein.
Nach einigen Jahren im Schatten von Hiddinks PSV Eindhoven (und deren Erben unter Bobby Robson) war das neue Ajax, aufgebaut vom 1991 installierten Louis van Gaal, ausgereift und die Saison 1994/95 sollte die Krönung werden. National blieb nur Roda Kerkrade gegen Ajax ungeschlagen (zweimal 1:1, die Limburger lieferten mit Platz zwei die beste Saison der Vereinsgeschichte). Aber Ajax war unantastbar – 27 Siege und 7 Remis bei 106:28 Toren, die Konkurrenz in der Eredivisie war kaum mehr als ein Spielball. Die einzige Pflichtspielniederlage in der ganzen Saison kam in der Verlängerung des Cup-Viertelfinales gegen Feyenoord.
In der regulären Spielzeit schaffte es also in 49 Spielen der Saison niemand, Ajax zu bezwingen, auch weil man in der Champions League nicht viel liegen ließ. Milan wurde in der Gruppenphase zweimal besiegt, Hajduk Split im Viertelfinale war kein Gegner, die Bayern prügelte man im Halbfinale mit einem 5:2 aus dem Amsterdamer Olympiastadion. Die Krönung folgte im Finale von Wien, gegen die routinierte Truppe des AC Milan, als Patrick Kluivert kurz vor Schluss das 1:0 markierte.
Ein Jahr später zog Ajax wieder ins Finale ein, unterlag dort Juventus im Elfmeterschießen. Aber das Bosman-Urteil im Dezember 1995 war der Todesstoß – es war nun nicht mehr möglich, ein international konkurrenzfähiges Team zusammen zu halten. Zwei Jahre später waren Seedorf, Davids, Finidi, Reiziger, Overmars, Bogarde und Kluivert weg, Rijkaard hatte aufgehört, und wenig später nahm Van Gaal die De-Boer-Zwillinge zum FC Barcelona mit.
1991/92 – AC Milan
Als Arrigo Sacchi 1987 Trainer des AC Milan wurde, machte sich der bis dahin völlig unbekannte Coach daran, den in seinem einförmigen taktischen Korsett erstarrten italienischen Fußball zu revolutionieren. Die strikte Manndeckung im asymmetrischen Italo-4-3-3 mit offensiver linker Seite und defensivem rechten Flügel, in dem sich alle gegenseitig neutralisierten, war dem damals 31-Jährigen ein Graus.
Er etablierte Zonendeckung, ein 4-4-2 mit ganz geringen Abständen zwischen den Linien und war damit sofort erfolgreich – 1988 wurde Milan im ersten Anlauf Meister, 1989 und 1990 gewann man den Europacup der Meister. Als Sacchi im Frühjahr 1991 bei Klub-Präsident Berlusconi ausgebrannt um das Ende seiner Amtszeit bat, verpflichtete Milan Fabio Capello.
Als Trainer war Capello, in den Siebzigern Stammspieler bei Juventus, ein unbeschriebenes Blatt gewesen, seine Abschlussarbeit für die Trainerlizenz schieb er aber über die Raumdeckung . Das prädestinierte ihn als Sacchi-Nachfolger. Der Kader blieb de facto unverändert, es begann aber zäh: In drei der fünf ersten Serie-A-Spiele rettete Milan erst in der Nachspielzeit bzw. kurz davor ein 1:1 (u.a. gegen Juventus), erst danach nahmen die Rossoneri Schwung auf.
Im Europacup saß Milan in dieser Saison eine Sperre ab, weil man sich nach dem Flutlichtausfall in Marseille im Frühjahr 1991 weigerte, weiterzuspielen . Während die italienische Konkurrenz im Herbst Reisen nach Trondheim, Moskau, Tampere, Reykjavík, Bukarest und Oviedo unternehmen musste, konnte sich Milan ganz auf die Liga konzentrieren. Milan blieb gegen die Großen ungeschlagen und fuhr die Pflichtsiege gegen die Kleinen ein. Juventus konnte bis in die zweite Saisonhälfte Schlagdistanz halten, aber die Erbarmungslosigkeit, mit der Milan einfach nicht und nicht verlor, war zu viel für die Konkurrenz.
Nach dem drittletzten Spieltag und einem 2:0 gegen Lazio stand der Titel de facto fest, eine Woche später auch rechnerisch. Die Serie A schloss man mit 22 Siegen und 12 Remis ab, Milan erzielte dabei 74 Tore – das waren 16 mehr als das zweit-offensivste Team einer extrem defensiven Liga, Zdeněk Zemans Foggia. Insgesamt gab es in den 42 Pflichtspielen nur eine Niederlage, nämlich das 0:1 bei Juventus im Cup-Halbfinale.
Das Gespann Capello-Milan ließ dem Scudetto von 1992 jene von 1993, 1994 und 1995 folgen, gewann dazu die Champions League 1994 (im Finale 4:0 gegen Barcelona) und erreichte dort 1995 noch einmal das Finale (siehe Abschnitt „Ajax“). Capello wurde als Trainer auch zweimal mit Real Madrid und einmal mit der Roma Meister, zumindest auf dem Platz zudem zweimal mit Juventus – die beiden Titel von 2005 und 2006 wurden aber aberkannt. Aus Gründen.
Und Frank Rijkaard sollte drei Jahre später wieder eine ungeschlagene Saison hinlegen. Auch hier: siehe Abschnitt „Ajax“.
1986/87 bis 1988/89 – Steaua Bukarest
Ein wenig Losglück war schon auch dabei, als Steaua Bukarest unter Trainer Emerich Jenei 1986 ins Finale des Europacups der Meister einzog. Ein echtes Schwergewicht hatten die Rumänen nicht aus dem Weg räumen müssen, ehe sie den FC Barcelona im Elmeterschießen bezwangen, wobei Keeper Helmuth Duckadam alle vier Versuche der Katalanen parierte. Jenei übernahm daraufhin die rumänische Nationalmannschaft und Duckadam musste seine Karriere krankheitsbedingt erst 27-jährig beenden. Eine Eintagsfliege war dieses Steaua-Team aber nicht.
Jeneis Co-Trainer Anghel Iordănescu übernahm, das Team blieb weitgehend zusammen und wurde 1987 ungeschlagen rumänischer Meister. Nun ist die rumänische Liga nicht gerade europäische Spitzenklasse, damals nicht und heute noch viel weniger. Diese war damals die Spielwiese der konkurrierdenden Söhne von Diktator Nicolae Ceaușescu: Valentin mischte in der Klubleitung bei Steaua mit, dem Verein des Verteidigungsministeriums. Sein kleiner Bruder Nicu, auserkoren um seinem Vater irgendwann als „Conducator“ nachzufolgen, kontrollierte Dinamo, den Klub von Polizei und Geheimdienst. Die internationale Titelverteidigung endete für Steaua im Herbst 1986 schon an der ersten Hürde, dem RSC Anderlecht, den man ein paar Monate zuvor im Semifinale noch bezwungen hatte.
Als Steaua 1986 ins Europacup-Finale geschlichen war, kannte man im Westen niemanden, im Rückblick haben sich einige aber sehr wohl einen Namen gemacht. Lázsló Bölöni etwa, eleganter Orchestrator im Mittelfeld, der im Winter 1987/88 die Genehmigung für einen Auslandstrasfer erhielt und später als Trainer Meister in Portugal und Belgien werden sollte. Libero Miodrag Belodedici, der 1991 bei Roter Stern Belgrad erneut den Meistercup gewinnen sollte. Dan Petrescu, der sich als 20-Jähriger auf der linken Seite festspielte und später als Routinier mit Chelsea den Europacup gewann. Das Angriffs-Duo mit Marius Lăcătuș (nach der Wende in Spanien und Italien aktiv) und Victor Pițurcă, der sein Heimatland als Teamchef für zwei EM-Endrunden qualifizieren würde.
Und natürlich Gheorghe Hagi. Der Spielmacher von der Schwarzmeerküste kam 1987 als 21-jähriger Jungspund zu Steaua und brachte individuelle Klasse und Flair ins Angriffsspiel. Aus den 87 Meisterschaftstoren von 1986/87 wurden 114 im Jahr darauf und sogar 121 zu Saisonende 1989, jeweils reichte es nur ganz knapp vor Rivale Dinamo zum Titel, obwohl es in allen drei Saisonen keine einzige nationale Niederlage gab. Im September 1989 endete die Serie nach 104 Spielen – bis heute europäischer Rekord – mit einem 0:3 gegen Dinamo.
Eh nur Rumänien? Mitnichten: 1988 kam Steaua im Meistercup ins Halbfinale, 1989 sogar erneut ins Finale (das aber klar gegen den AC Milan verloren wurde), weiterhin mit annähernd unverändertem Personal. Hagi, Lăcătuș, Balint, Rotariu und Lung waren Stammkräfte bei Rumäniens WM-Achtelfinal-Einzug von 1990 (unter Jenei); Hagi, Petrescu, der 1988 als Bölöni-Ersatz ins Team gekommene Popescu, Lăcătuș und Dumitrescu waren sogar beim WM-Achtelfinal-Einzug von 1998 (unter Iordănescu) noch dabei, Hagi führte 2000 Galatasaray zum Triumph im UEFA-Cup.
Steaua war nach der Wende und den West-Transfers der Schlüsselspieler erledigt, spätestens mit Bosman gab es kein zurück mehr. Heute gibt es mit FCSB (juristischer Nachfolger) und CSA Steaua (ideeller Nachfolger) zwei Vereine, die um das Erbe streiten. Das Hoch von Steaua in den 80ern sollte Rumäniens Fußball aber immerhin noch für die ganzen 90er als Basis für Nationalteam-Erfolge dienen.
1978/79 – AC Perugia
Unbekannte Klubs aus kleinen Städten sind in der Serie A nichts Neues. Was in den letzten Jahren Sassuolo, Frosinone oder Carpi waren, war 1975 die AC Perugia. Erstmals war da der politisch traditionell weit links angesiedelte Verein aus der umbrischen Hauptstadt erstklassig und mit den Plätzen acht, sechs und sieben etablierte man sich unter dem jungen Trainer Ilario Castagner rasch erstaunlich solide im vorderen Mittelfeld.
Im Sommer 1978 verlor Perugia Mittelfeld-Motor Walter Novellino an den AC Milan, sicherte sich dafür die Dienste von Mittelstürmer Gianfranco Casarsa und Manndecker Mauro della Martira, beide von der knapp nicht abgestiegenen Fiorentina. Die Saison begann gut: Ein 0:0 gegen Inter, ein brutales 1:0 gegen die Fiorentina, ein erstaunliches 2:1 gegen Meister Juventus. Überraschungen waren in Italien nicht unbekannt, in der Vorsaison war Vicenza Zweiter geworden (und 1979 abgestiegen). Dass Perugia nach sieben Spielen (3 Siege, 4 Remis) die Tabelle anführte, sorgte dennoch für hochgezogene Augenbrauen.
Da in sechs der folgenden sieben Spiele die Punkte geteilt wurden, übernahm der AC Milan die Führung. Es war in diesen Spätherbst-Tagen 1978 schon erkennbar: Perugia verliert einfach nicht. Perugia gewinnt aber auch nicht besonders viel. Das ging nach dem Jahreswechsel so weiter: Einem 3:1 gegen Bologna folgten vier weitere Remis (das gegen Inter wurde nach 0:2-Rückstand erst in der Nachspielzeit gesichert). Siege gegen Avellino und Atalanta – und wieder vier Unentschieden in Folge. Vor dem Spitzenspiel daheim gegen Milan betrug der Rückstand zwei Punkte und der eigentlich gelbgesperrte Salvatore Bagni durfte doch mitmachen, der Referee des vorangegangenen Spiels machte selbst darauf aufmerksam, Bagni und einen Mitspieler vertauscht zu haben.
Das Match gegen Milan endete 1:1, beide Tore aus Elfmetern (jener für Perugia war wohl eher ein Geschenk), der Rückstand blieb bestehen und er wurde auch nicht mehr kleiner. „Il Perugia di Miracoli“, das wundersame Perugia, blieb letztlich die ganze Liga-Saison ungeschlagen (im Cup-Viertelfinale scheiterte man an Napoli) – 18 Remis in den 30 Spielen waren dann aber doch das eine oder andere zu viel, um die ganze große Sensation zu schaffen. Milan wurde Meister.
Die Truppe machte nichts Besonderes. Typisch italienisch, knorrig in der Manndeckung, eine gut funktionierende Einheit, aber das Entertainment bezog man eher aus dem Narrativ als aus den Spielen, nur 34 Tore erzielte Perugia in den 30 Spielen. Die Truppe war über Jahre eingespielt und schwamm auf einer Welle. Nicht viele sollten auch danach noch eine große Karriere haben: Salvatore Bagni wurde bei Inter in den 80ern Teamspieler, Nappi als Reservist mit Prohaskas AS Roma 1984 Meister, für alle anderen war diese Saison das Highlight. Und Trainer Castagner? Der führte Milan 1982/83 nach dem Abstieg wieder zurück in die Serie A, dann war er anderthalb Jahre bei Inter. Aber ein echter Star wurde auch aus ihm nicht.
Perugia stieg zwei Jahre nach dem Vizemeister-Titel wieder ab, war 1987 in die Viertklassigkeit abgestürzt, Mitte der Neunziger unter Präsident Luciano Gaucci – einem bizarren Verrückten – wieder in die Serie A zurückgekehrt, trainiert von… Ilario Castagner. 2004 stieg Perguia letztmals aus der Serie A ab, Castagner ist letztes Jahr 82-jährig gestorben.
1958/59 – Wiener Sportclub
Den Betriebsunfall des Abstiegs 1952 hatte der Sportclub schon 1953 wieder korrigiert, nach dem direkten Wiederaufstieg kam Trainer Hans Pesser von Hütteldorf nach Hernals. Bei Rapid hatte er das „Brasilianische System“ von einer Südamerika-Tournee mitgebracht und damit das immer noch im 2-3-5-System spielende Establishment durchgewirbelt. Als sich Teamchef Nausch noch gegen das WM-System wehrte, war Pesser schon längst einen Schritt weiter.
Beim Sportclub gab es ein gut gedrilltes WM-System, womit man einigen Gegnern immer noch voraus war. Es ist überliefert, dass Pesser beim Training mit einem Megaphon auf einem Podest stehend seine Spieler dirigierte, Lauf- und Passwege einstudieren ließ und so wenig Zufall wie möglich haben wollte – damit war er im Wien der Fünfziger schon suspekt. Alle sollten sich am Spiel gegen den Ball beteiligen, alle sollten auch nach vorne denken und spielen können. Das war geradezu unerhört im Österreich dieser Zeit. „Mit neun Spielern angreifen und mit neun Spielern verteidigen“, unkten die Kritiker, „das geht nur, wenn zwei und zwei fünf ist!“
Fokuspunkt beim Sportclub in diesen Jahren waren neben dem linken Läufer Leopold Barschandt (Teil des 1954er-WM-Teams) vor allem Goalie Rudi Szanwald und Stürmer Karl Mießler gewesen. Der Stürmer sorgte für Tore am Fließband, jedoch ließ eine nächtliche Alko-Fahrt durch Wien, Blechschäden und Polizei-Verfolgung inklusive, im März 1956 seine Karriere entgleisen. Der Torhüter wurde bei einem Länderspiel in Ungarn im Oktober 1955 beim Schmuggeln erwischt und fasste eine mehrmonatige Sperre aus. Szanwald kehrte in alter Stärke zurück und hütete bei der WM 1958 sogar das österreichische Tor, Mießler war danach nie mehr der selbe.
Nach dem überraschenden zweiten Platz 1955 und zwei mäßigen Folgejahren – auch, aber nicht nur wegen Szanwalds und Mießlers Fehlverhalten – spielte der Sportclub einen starken Herbst 1957, verlor erst kurz vor Weihnachten erstmals (ein 2:4 gegen Rapid), wurde den ganzen Frühling von Rapid gejagt, hielt aber zum allgemeinen Erstaunen dem Druck stand und montierte im September 1958 Juventus im Meistercup mit dem legendären 7:0 ab. Die Sturmreihe mit den routinierten Verbindern Knoll und Hamerl, den Flügeln Horak und Skerlan sowie Mittelstürmer Erich Hof feuerte aus allen Rohren, 1957/58 erzielte der Sportclub 100 Tore in den 26 Liga-Spielen, in der Folgesaison sogar 104.
Der Sportclub-Titel von 1958 wurde keineswegs als Zufall betrachtet, doch aber als Eintagsfliege. Zu Unrecht: Mit einem 4:3 gegen Rapid übernahm der WSC im Oktober 1958 erneut die Tabellenführung, wurde erneut von Rapid die ganze restliche Saison gejagt, und hielt zum zweiten Mal hintereinander die Nerven zusammen. Im April wurde auch das Rückspiel gegen die Hütteldorfer gewonnen (3:2, wie im Herbst im Praterstadion). Der Europacup endete erst im Viertelfinale gegen Real Madrid, die Meisterschaft 1958/59 ohne Niederlage mit dem dritten und bis heute letzten Meistertitel.
Ein Jahr später – Rapid hatte sich 1960 doch gegen den Sportclub durchgesetzt – ging Pesser zur Admira, die er 1966 zum ebenso bisher letzten Meistertitel führte. Der Sportclub versank ohne ihn im Mittelfeld, wurde in den 1980ern zum Fahrstuhlklub und verabschiedete sich 1994 für immer aus der höchsten Spielklasse. Hans Pesser, 1986 im 75. Lebensjahr verstorben, ist mit sieben Meistertiteln bis heute der diesbezüglich erfolgreichste österreichische Trainer der Nachkriegsgeschichte.
Und der Sportclub von 1958/59 der bis heute letzte österreichische Erstligist, der eine ganze Saison lang ungeschlagen blieb.