Am Ende steht ein 4:1-Erfolg über Aserbaidschan zum Auftakt in die EM-Qualifikation, souverän und die überlegene individuelle Klasse ausnützend. Ermöglicht wurde die starke Stunde aber auch davon, dass Teamchef Rangnick schon nach 20 Minuten nicht nur erkannt hatte, dass der ursprüngliche Plan nicht funktionierte, sondern auch reagierte. Mit angepasstem System wurden die Stärken der Azeris neutralisiert und auch das Publikum im neuen Linzer Stadion animiert.
Im Spiel gegen Andorra versuchte es Österreich zunächst mit kurzen Klatschpässen und viel Tempo im Weitertragen des Balles, dann mit längeren Pässen in der gegnerischen Hälfte und mit Dribblings. Gegen Aserbaidschan war zunächst weder noch zu sehen: Der gegnerische Torwart wurde nur angelaufen, wenn ein Rückpass zu ihm unterwegs war. Auch wenn die Azeris hinten den Ball hatten – Angriffspressing? Nur in Spurenelementen, nicht im Mannschaftsverbund.
Dafür suchte Österreich selbst in der Eröffnung immer wieder den Vertikalpass, ohne ihn wirklich zu finden. Die Azeris rückten nämlich durchaus heraus, stellten die Passwege auf Sabitzer und Wimmer zu. Nicht nur einmal suchte Trauner vergeblich eine Passoption, eher er den Ball eher notgedrungen weit nach vorne schlug.
Aserbaidschan macht es gut
Die Gäste waren in einem 4-2-3-1 aufgestellt, in dem der Zehner Makhmudov oft eher die hängende Spitze gab. Mit dieser doppelten Besetzung nahm man Österreich eben die Option auf den kurzen ersten Pass, auch Mwene rechts hatte den zumeist hoch stehenden Sheydaev in seiner Nähe. Die beiden eingebürgerten Sechser (der Brasilianer Almeida und der Spanier Israfilov) machten das Zentrum robust zu, vor allem Almeida war auch extrem pressingresistent und löste Drucksituationen zumeist gekonnt auf.
Zwei der drei echten Torgelegenheiten in der ersten halben Stunde bereitete jeweils der auf der linken Seite aufgerückte Wöber vor, eine der vorübergehend auf die rechte Seite gewechselte Wimmer, der auch in der 27. Minute ein Pass durch drei Azeris durch spielte und so das 1:0 für Österreich ermöglichte. Anderthalb Minuten später folgte ein Ballgewinn am Mittelkreis, schnell ging’s vertikal, 2:0 durch Gregoritsch, bei dem Goalie Imanov nicht gut aussah.
So hatte man das gegen Italien gemacht. Was war der Unterschied zur Anfangsphase?
Problem erkannt und rasch gehandelt
Schon vor dem Doppelschlag, etwa in der 20. Minute, hatte Rangnick auf das nicht funktionierende Spiel reagiert. Er beorderte Baumgartner von der Spitze auf die rechte Seite, das System wurde ein 4-1-4-1. Damit konnte man das Zentrum fluten, die Kontrolle über das Spiel erlangen. Das Anlaufen ging nun viel schneller und effektiver, weil die Abstände zu den Gegenspielern kürzer waren und man mehr eigene Leute schneller um den Ball bekam.
Den Azeris wurde damit ein Spiel, das sie erstaunlich offen halten hatten können, innerhalb kürzester Zeit völlig versenkt. Linksverteidiger Dshafarguliev – der bei beiden Toren entscheidend bei den azerischen Ballverlusten beteiligt war – holte sich dann auch noch eine gelbe Karte ab, war sturmreif geschossen und blieb wie zwei seiner Mitspieler (Innenverteidiger Hasanlizade und Linksaußen Kökcü) in der Kabine.
Besser wurden die Gäste dadurch nicht, kurz nach der Pause traf Sabitzer per Freistoß zum 3:0, wieder war der Schuss für den Gästekeeper nicht gänzlich unhaltbar. Zudem scheint wohl das Leistungsgefälle innerhalb des Kaders von Gianni de Biasi (der Albanien 2016 durchaus vorzeigbar bei der EM gecoacht hatte) recht groß zu sein, die neuen brachten nämlich keinen frischen Wind, sondern nur weniger Qualität.
Zweite Hälfte wie aus einem Guss
Von einer Nachlässigkeit beim Gegentor abgesehen, agierte Österreich nun so, wie man es von Beginn hätte erwarten können, der (an-)geschlagene Gegner machte es dem ÖFB-Team dann aber auch relativ leicht. Mit Kainz und Adamu kamen frische neue Kräfte, Baumgartner verwertete einen Eckball zum 4:1, und während die Azeris in den letzten 20 Minuten keinerlei Impulse mehr setzen konnten, entwickelten die Österreicher einen spürbaren Spaß am Spiel.
Natürlich spielt es sich bei einer 4:1-Führung leicht, aber noch in der 89. Minute stürzten vier Österreicher pressend auf Makhmudov zu, um ihm den Ball abzunehmen und nur Sekunden später einen weiteren Torschuss abzugeben, den Imanov nur mit Mühe über die Latte lenken konnte.
Fazit: Schnell reagiert und Match gerettet
Am Ende steht ein klarer 4:1-Sieg und eine Stunde lang eine souveräne, aktive und aggressive Darbietung der österreichischen Mannschaft, was alles gut ist und auch so sein muss in so einer Gruppe gegen so einen Gegner. Es gab aber eben auch diese erste halbe Stunde, die weder Rangnick noch den Zusehern in Linz gefallen hat.
Man muss dem (Trainer-)Team zugute halten, dass dieser Umstand sehr rasch erkannt und durch eine Umstellung noch während der ersten Halbzeit behoben wurde. Natürlich war dabei der Doppelschlag zum 2:0, der sich in dieser Form nicht direkt abgezeichnet hat, äußerst hilfreich. Dann wachte auch noch das Publikum auf, das bis dahin beim Pfeifen lauter war als beim Jubeln und es wurde noch eine für alle rot-weiß-roten Beteiligten recht vergnügliche Stunde.