Mexiko und die obligatorische Niederlage im Achtelfinale: In den letzten Jahrzehnten wurde dieses ständig wiederkehrende Thema zum WM-Running-Gag. Nun ist der Bann gebrochen, allerdings nicht nach dem Geschmack der Mexikaner. Erstmals seit 1978 ist das Team in der WM-Vorrunde hängen geblieben. Das 2:0 gegen Bulgarien im Achtelfinale der Heim-WM 1986 bleibt der einzige Erfolg in einem WM-K.o.-Spiel.
1988 setzte Mexiko dann bei der U-20-Meisterschaft des Concacaf-Verbandes wissentlich vier (mindestens um zwei Jahre) zu alte Spieler ein. Die Sache flog auf, die FIFA reagierte mit dem Ausschluss Mexikos für zwei Jahre. Man war damit von der WM-Qualifikation ausgesperrt, verpasste die WM 1990 in Italien. Vier Jahre später bei der Endrunde in den USA durfte man wieder teilnehmen.
1994: Achtelfinale
Für Hugo Sánchez war die Disqualifikation 1990 ein Desaster, schließlich agierte der Offensiv-Allrounder von Real Madrid 1989/90 in der Form seines Lebens. Vier Jahre später reichte es für den da schon knapp 36-jährigen Sánchez nur noch zu einem WM-Einsatz – beim 0:1 im ersten Spiel gegen Norwegen. Mit Carlos Hermosillo im Angriff gab es einen glanzlosen 2:1-Arbeitssieg gegen Irland und ein achtbares 1:1 gegen Italien, was in der kuriosen Gruppe – alle vier Teams waren punktgleich bei vier Zählern – sogar den Gruppensieg bedeutete. Im Achtelfinale konterte man das frühe Gegentor von Hristo Stoitchkov gegen Bulgarien schnell, nach einem 1:1 ging es ins Elferschießen. Dort vergaben Garcia-Aspe, Bernal und Rodríguez; Bulgarien schaltete danach auch Deutschland aus.
1998: Achtelfinale
Der Start ins Turnier gegen Frankreich drohte in die Hose zu gehen, letztlich drehte man in Überzahl aber das Match gegen Südkorea und gewann nach Rückstand mit 3:1. Gegen Belgien war man dann sogar 0:2 hinten, kam aber wiederum zurück und rettete ein 2:2; im dritten Match gegen Holland wiederholte man das Spielchen, wieder 2:2 nach 0:2-Rückstand. Im Achtelfinale gegen Deutschland war Mexiko das klar bessere Team, Stürmer Luis Hernández mit seiner wallenden blonden Mähne besorgte kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit das 1:0. Irgendwie nudelte sich das DFB-Team aber zu einem mehr als glücklichen 2:1-Sieg. Wenige Tage später wurde Deutschland im Viertelfinale von Kroatien zerlegt.
2002: Achtelfinale
Der drahtige Jared Borgetti und der bullige Cuahtémoc Blanco bildeten das Gesicht des Teams, das 2002 zur WM fuhr, und es ließ sich gut an: Nach einem 1:0 gegen ultra-schwache Kroaten und einem 2:1-Arbeitssieg gegen Ecuador war man schon vor dem abschließenden 1:1 gegen Italien (bei dem man überlegen war und bis kurz vor Schluss geführt hatte) mit viel Selbstvertrauen ausgestattet. Das war im Achtelfinale ausgerechnet gegen die USA aber schnell weg: Durch ein Kontertor schnell 0:1 im Rückstand, lief man gegen die disziplinierte US-Manndeckung zunehmend verzagt an, kassierte nach einer Stunde das 0:2 und war ausgeschieden. Nach dem „Dos a Cero“-Spiel hatte die USA im Viertelfinale das deutsche Team am Haken, verlor aber knapp.
2006: Achtelfinale
Mit einem 3:1-Arbeitssieg gegen den Iran legte Mexiko bei der WM in Deutschland los, ehe man sich gegen Angola vergeblich abmühte und nur ein 0:0 herausschaute. Im letzten Gruppenspiel gegen die schon als Achtelfinalist feststehenden Portugiesen war es umgekehrt: Als besseres Team verlor Mexiko 1:2, man profitierte vom Remis im Parallelspiel und schlich doch ins Achtelfinale. Dort forderte man die „Fabelhaften Peker-Boys“ aus Argentinien, zwang die Albiceleste in die Verlängerung. Dort setzte sich Argentinien durch, um wenige Tage danach das Viertelfinale gegen Deutschland im Elfmeterschießen zu verlieren.
2010: Achtelfinale
Javier Aguirre kehrte in der Folge als Teamchef zurück und 2010 in Südafrika durfte Mexiko das Eröffnungsspiel bestreiten – ein etwas enttäuschendes 1:1 gegen den Gastgeber. Die verlorenen Punkte holte man sich beim 2:0 gegen ein in internen Zoff verstricktes Team aus Frankreich zurück, das abschließende 0:1 gegen Uruguay änderte nichts an Gruppenplatz zwei. Wieder war im Achtelfinale der Gegner Argentinien, Mexiko war eine halbe Stunde lang das klar bessere Team, aber belohnte sich nicht und lief dann in einen Doppelschlag, lag plötzlich 0:2 im Rückstand – besonders bitter, weil das erste Gegentor klares Abseits war. Kurz nach Wiederanpfiff kassierte man das 0:3, das war’s. Chicharito Hernández‘ Tor zum 1:3-Endstand war nur noch Kosmetik. Wie 1994 und 2002 und 2006 fiel man wieder um ein Viertelfinale gegen Deutschland um, Argentinien wurde dort 0:4 verprügelt.
2014: Achtelfinale
Im Dauerregen von Natal schwamm Mexiko 2014 (nach einer beinahe verkackten Qualifikation) zu einem 1:0-Sieg gegen Kamerun, die Bedingungen waren hart am Rande der Irregularität. Im zweiten Spiel lieferte man Gastgeber Brasilien einen großen Kampf, Torhüter Ochoa hielt mit einer Weltklasse-Leistung das 0:0 fest und nach einem 3:1 im Endspiel um den Achtelfinal-Einzug gegen Kroatien stand man der ersten K.o.-Runde dem holländischem Team gegenüber. Bis zur 88. Minute sah es auch tatsächlich so aus, als sollte nach fünf Achtelfinal-Pleiten endlich der nächste Schritt gelingen – bis Sneijder in der 88. Minute ausglich und in der Nachspielzeit Robbens berüchtigt-spektakulärer Faller bei minimalstem Kontakt einen Elfer für die Niederlande brachte und im Zuge dessen den 2:1-Sieg für Oranje.
2018: Achtelfinale
Hirving Lozanos Tor zum 1:0-Sieg gegen Deutschland war der Anfang vom Ende für den Titelverteidiger und der folgende, relativ lockere 2:1-Sieg gegen Südkorea war die Bestätigung: Mexiko ist richtig gut und jetzt kann es endlich was werden. Doch dann ließ man sich von Schweden eiskalt auskontern, verlor mit einem nach dem Spielverlauf geradezu lächerlichen 0:3 und statt Gruppensieg mit Achtelfinale gegen die Schweiz musste man als Zweiter gegen Brasilien ran. Mexiko gab alles und agierte annähernd auf Augenhöhe, die Tore machten aber Neymar und Firmino. Und wieder war’s in der ersten K.o.-Runde vorbei.
2022: Vorrunde
Der Ball lief, die Chancen waren da, und Gegner Polen hatte kein wirkliches Interesse, am Spiel teilzunehmen. Das 0:0 zum WM-Auftakt war spielerisch in Ordnung, aber das Resultat war zu wenig; danach erstarrte man vor einer argentinischen Mannschaft im Panik-Modus in Ehrfurcht und kassierte ein mehr als unnötiges 0:2. Na gut, dann eben ein klarer Sieg gegen Saudi-Arabien. Und wieder war die Leistung gut, schön anzusehen, selbst man 2:0 voran, brauchte aber noch ein drittes Tore – doch das gelang nicht. Damit ist der Achtelfinal-Bann gebrochen, Mexiko muss die Heimreise antreten.
So war das nicht geplant.