Auch im zweiten Spiel unter Ralf Rangnick zeigte die die neue Herangehensweise beim ÖFB-Team deutlich. Zwar unterlag man Dänemark mit 1:2, aber die Art und Weise des Auftritts hinterlässt ganz andere, viel positivere Gefühle als beim haarsträubenden 0:4 gegen den gleichen Gegner an gleicher Stelle vor 15 Monaten.
Mit jenem 4-4-2 mit Achtern auf den nominellen Außenpositionen, das gegen Kroatien ab der 30. Minuten so gut funktioniert hat, schickte Ralf Rangnick sein Team in das Match gegen Dänemark. Darin kam eine neue Innenverteidigung (Alaba und Posch) zum Einsatz, dazu kamen Ljubicic (linkes Mittelfeld) und Kalajdzic (vorne) ganz neu ins Team, ebenso Torhüter Patrick Pentz. Alle anderen waren in Osijek zumindest phasenweise im Einsatz. Dänemarks Teamchef Kasper Hjulmand entschied sich für ein 3-4-1-2, in dem Christian Eriksen als nomineller Zehner oftmals weit nach vorne schob und eher eine falsche Neun neben zwei Außenstürmern (Poulsen und Braithwaite) gab.
Intensiv, aber nicht direkt schön
Anders als die behäbigen Kroaten sind die Dänen, no pun intended, eine Starkstrom-Mannschaft: Mit hoher Intensität und aggressivem Anlaufen nehmen sie dem Gegner Platz und Raum. Da Österreich unter Rangnick ebenso spielt, entwickelte sich rasch ein Spiel, das auf nationaler Ebene etwa an das 2021er-Cupfinale zwischen Salzburg und dem LASK erinnerte: Zwei Mannschaften versuchen sich gegenseitig anzupressen, das Ergebnis sind viele Zweikämpfe, viel Wille, aber wenig Spielfluss und ein im ästhetischen Sinne nicht direkt schönes Spiel. In der ganzen ersten Hälfte gab es nur drei ernsthafte Torchancen; zwei davon für die Dänen, eine davon nützten sie.
Das Zentrum des Spielfeldes war eine besonders umkämpfte Zone, beide Mannschaften schafften es hier gut, den Gegner konsequent zu doppeln und Ballgewinne zu erzielen. Die einrückenden Außenspieler Ljubicic und Laimer ermöglichten Österreich eine Überzahl im Zentrum, in dem auch die Abstände zwischen den Spielern wiederum sehr gering waren und damit kurze Anlauf-Wege bestanden und auch eine gute Absicherung. Baumgartner und Kalajdzic hatten aber einen schweren Stand, gegen Dreierkette in der dänischen Abwehr durch die Mitte in den Strafraum zu kommen.
Drei Optionen
Auch das Gegenpressing verhinderte oftmals, dass ein im Zentrum gewonnener Ball auch gewinnbringend weiter verarbeitet wird. Andere Strategien waren dafür gefragt. Bei Österreich waren es drei Varianten, die auffielen. Zum einen eine Form von „Dump & Chase“ – also, wie schon gegen die Kroaten, Chip-Bälle in die Spitze, um nachzupressen und Bälle am Strafraum zu erobern. Dann öffnende (Flach-)Pässe von Alaba entweder durch das Zentrum durch oder auf die Außen.
Und schließlich das Rausrücken des Achter-Außen aus dem im Zentrum verdichteten Block, um neben dem Strafraum bzw. im Rücken des dänischen Wing-Backs hinter die Dreierkette zu kommen um per Stanglpass eine Chance vorzubereiten. Idealtypisch funktionierte dieser Spielzug bei jener Chance in der 16. Minute, als Kalajdzic knapp nicht mehr an den Ball kam.
Symbolhafter Alaba
Überhaupt war David Alaba in seinem ersten Spiel nach dem dritten Champions-League-Sieg seiner Karriere ein Symbolbild dafür, was Rangnick anders macht. Man bekam quasi das Beste aus zwei Alaba-Welten: Zum einen seine Expertise als Innenverteidiger, als der er sich selbst auch mittlerweile eindeutig sieht – das sagte er vor einigen Wochen im Kicker-Interview. Zum anderen jenen Alaba, der quasi aus dem Mittelfeld das Spiel dirigiert, denn die Abwehrkette rückte wieder oft sehr weit in die gegnerische Hälfte auf. Im Durchschnitt war Österreich Abwehrlinie 49,8 Meter vor dem eigenen Tor postiert.
Hier hatte Alaba das Spiel vor sich und konnte versuchen, mit seiner Übersicht uns seinen Pässen die österreichischen Angriffe einzuleiten und zu lenken. Marko Arnautovic, der für die zweite Halbzeit in sein 100. Länderspiel gekommen ist, winkte Alaba öfter als ein Autostopper an der Bundesstraße vorbeikommenden Autos. Oft galten Zuspiele auch ihm, und wenn nicht, band er zumindest Gegenspieler.
Dänische Reaktion und bezeichnender Ausgleich
Die Dänen führten zwar zur Halbzeit mit 1:0, dennoch fühlte sich Hjulmand nicht sicher, was auch mit der Einwechslung von Sabitzer statt Ljubicic zusammenhängen mag. Er stellt nach 51 Minuten jedenfalls auf ein 4-2-3-1 um. Damit sorgte er für eine tiefer gestaffelte Doppelbesetzung an den Flügeln (RV/LV mit RM/LM statt RWB/LWB mit RA/LA) und es erlaubte Eriksen, sich etwas tiefer zu positionieren, weil mit Andreas Cornelius nun ein echter Mittelstürmer auf dem Feld war. Ein Gegner reagiert auf Österreich, auch das gab es schon länger nicht mehr.
Österreich kam nun tatsächlich nicht mehr ganz so leicht unbedrängt neben die Box, dafür fiel ein Tor, das es bis vor kurzem niemals gegeben hätte: Drei Österreicher üben bei einem kurz abgespielten dänischen Abstoß IM (!!!) gegnerischen Strafraum Druck aus, man gewinnt den Ball, Arnautovic spielt nach einem kurzen Haken auf Schlager auf, das 1:1 war da. Dänemark konnte – von Eriksens durch Pentz gerade noch zur Latte gespitzelten Schuss abgesehen – in der zweiten Hälfte nicht mehr wirklich gefährlich werden, letztlich war auch Strygers Schlenzer zum 2:1 keine wirkliche Torchance.
Bei Österreich gab es hingegen einige gute Möglichkeiten: Arnautovic‘ Stangenschuss in der 74. Minute und sein knapp links verzogener Versuch (78.) zum Beispiel, Gregoritsch hatte danach noch die Chance zum Ausgleich (87.) und auch in der Nachspielzeit gab es noch mal zwei Halbchancen. Der Ausgleich wäre angemessen gewesen, gelang aber nicht mehr.
Fazit: Ein ganz anderes Spiel als damals
Es war ein komplett anderes Spiel als das berüchtigte 0:4 vor einem Jahr: Österreich stand kompakt, ließ sich weder vom dänischen Pressing noch vom Rückstand aus der Ruhe bringen. War man vor 15 Monaten noch gedanklich stets hintennach, begegnete man Dänemark nun auch diesbezüglich auf Augenhöhe. Das ÖFB-Team zwang sogar Dänemark zu einer Reaktion – das war beim 0:4 noch völlig anders. Die Absicherung im Pressing passte, das Durchsichern in der Restverteidigung erlaubte den Dänen kaum Raum und man bot dem EM-Halbfinalisten mutig die Stirn. Das Pressing war gezielt und sicher und ermöglichte sieben Ballgewinne im Angriffsdrittel (Dänemark: drei) und man musste nie Angst haben, dass die Dänen wie damals in 50 Meter freien Konterraum reinlaufen konnten.
Die Niederlage ist ein wenig ärgerlich, aber kein Beinbruch, denn in diesem Bewerb und und zu diesem Zeitpunkt in Rangnicks Amtszeit steht ein wesentlich größeres Augenmerk auf dem „Wie“, nicht so sehr auf dem nackten Ergebnis – das kommt nächstes Jahr in der EM-Quali. Den zweiten Lostopf hat Österreich dort sicher; kommt man unter die zehn besten der 16 A-Gruppen-Teams (minus Deutschland), wäre es sogar der erste.
In jedem Fall war nach den Kroaten, die man auf dem falschen Fuß erwischte und die auch keine große Lust auf das Match gehabt hatten, das Dänemark-Spiel nun ein richtiger Härtetest für Rangnick-Österreich. Auch, wenn es eine knappe Niederlage gab: Die inhaltliche Prüfung hat Österreich bestanden.
Spielzeit Feldspieler: Laimer und Schlager 180 Minuten, Sabitzer und Seiwald und Trimmel 135, Danso 118, Friedl 91, Alaba und Arnautovic und Trauner 90, Wöber 89, Weimann 71, Baumgartner 64, Posch 62, Kalajdzic und Lainer und Ljubicic und Onisiwo 45.