England und Italien haben sich in ihren Halbfinalspielen durchgesetzt und treffen am Sonntag aufeinander, um sich den Titel untereinander auszumachen. Für Italien wäre es der erste EM-Triumph seit 1968, für England ist es überhaupt das erste große Finale seit 1966.
Es waren zwei Matches, die in Erinnerung bleiben werden, vor allem jenes zwischen England und Dänemark. Damit reihen sie sich in eine Ahnengalerie aus diversen EM-Halbfinals ein, an die man sich heute noch erinnert, die echten Klassiker-Status haben – und in der es auch einige Matches gibt, an die man sich eher nicht mehr so gut erinnern kann. Hier eine Übersicht.
Euro 2020 in ganz Europa
Nach 48 Spielen in elf europäischen Städten von Sevilla bis Baku blieben in der coronabedingt um ein Jahr verschobenen EM vier Teams übrig, die in London die Finalteilnehmer ausmachten. Für England – die bis dahin praktischerweise nur ein einziges Mal London verlassen hatten müssen – endete mit dem 2:1-Sieg nach Verlängerung über Dänemark eine 55-jährige Leidenszeit ohne Finale; es brauchte aber bei aller Überlegenheit einen kontrovers diskutierten Elfmeter; Kasper Schmeichel hatte die körperlich leeren Dänen mit einer Weltklasse-Leistung im Spiel gehalten. Schon zuvor hatte sich Italien 120 Minuten lang recht erfolgreich seiner Haut gegen Spanien erwehrt, um im Elfmeterschießen die besseren Nerven zu haben. Die Azzurri hatten zuvor im Turnier mit aktivem Vorwärtsfußball geglänzt.
Es ist das erste Mal, dass sich Italien und England in einem großen Finale treffen.
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Euro 2016 in Frankreich
Durch einige ungewöhnliche Ergebnisse in der Gruppenphase gab es 2016 zwei sehr unterschiedlich starke Turnier-Äste. Im einen war u.a. Deutschland, Frankreich, Italien, England und Spanien – und im anderen Kroatien, Polen, Belgien, Portugal und Wales. Portugal und Sensations-Team Wales machten sich dort einen Finalteilnehmer aus, Portugal gewann 2:0, Wales konnte ohne den gesperrtey Ramsey nicht viel entgegensetzen. Tags darauf bestimmte Deutschland gegen Frankreich zwar das Spiel, aber ein unglücklicher Handelfmeter kurz vor der Pause brachte den 2:0-Sieg der Gastgeber auf Schiene.
Im Endspiel gewann Portugal 1:0 nach Verlängerung.
Euro 2012 in Polen und der Ukraine
Wie ist die unerbittliche Pass- und Ballbesitzmaschine von Spanien zu stoppen? Das war 2012 die große Frage. Die meisten Teams ließen die Spanier über sich ergehen und erlitten Schiffbruch. Portugal versuchte es im Halbfinale damit, Spanien früh zu stören und hatte damit guten Erfolg. Nach 120 torlosen, aber recht unterhaltsamen Minuten ging es ins Elferschießen, dort vergaben Moutinho und Bruno Alves. Spaniens logischer Finalgegner schien immer Deutschland, aber im Semifinale gegen Italien änderte Löw seine Formation (Kroos als Manndecker für Pirlo, Özil auf die Außenbahn, Müller auf die Bank) und erlitt Schiffbruch. Ein Balotelli-Doppelpack brachte Italien 2:0 in Front, Özil gelang in der Nachspielzeit nur noch der Anschlusstreffer per Elfmeter
Spanien gewann das Endspiel 4:0.
Euro 2008 in Österreich und der Schweiz
Drei der vier Gruppensieger haben sich 2008 im Viertelfinale verabschiedet, dafür sind zwei Außenseiter in die Vorschlussrunde gekommen: Die extrem flexiblen Türken und der russische Wirbelwind von Guus Hiddink. Der Türkei fehlten vier verletzte und drei gesperrte Spieler, das Match gegen Deutschland plätscherte einem deutschen 1:0-Sieg entgegen, ehe in der Schlussviertelstunde erst der Himmel und dann die Abwehrreihen die Schleusen öffneten und die DFB-Elf ein 3:2 rettete. Danach bekam es Spanien mit Russland zu tun, und obwohl die folgende Ballbesitz-Dominanz 2008 nur in kleinen Spurenelementen zu erkennen war, hatten die Russen keine Chance – 3:0 für Spanien.
Im Finale von Wien gewann Spanien 1:0.
Euro 2004 in Portugal
Es ist eine Tragik der Fußballgeschichte, dass Pavel Nedved früh im Halbfinale 2004 gegen Griechenland verletzt vom Platz musste. Ohne ihn war das mit großem Abstand beste und aufregendste Team der 2004 nicht in der Lage, den griechischen Beton zu knacken, in der Verlängerung kassierten die Tschechen das entscheidende 0:1. Schon am Tag zuvor war Gastgeber Portugal mit einem 19-jährigen Cristiano Ronaldo und einem 31-jährigen Luis Figo gegen ein holländisches Team siegreich gewesen, das wohl etwas weiter gekommen war, als ihm in der Verfassung von 2004 zugestanden wäre.
Griechenland wurde mit einem 1:0 im Finale sensationell Europameister.
Euro 2000 in Belgien und den Niederlanden
Zwei Allzeit-Größen von Halbfinale innerhalb von zwei Tagen: Erst zwangen die wunderbaren Portugiesen den überragenden Weltmeister Frankreich an den Rand des Elferschießens, ehe der österreichische Referee Günter Benkö in der 115. Minute nach Abel Xaviers klarem Handspiel auf den Punkt zeigte und Zidane verwandelte. Dann legten zehn Italiener – Zambrotta hatte früh die gelb-rote Karte kassiert – gegen stürmende Holländer in einem orangen Stadion eine klassisch-italienische Defensiv-Performance hin. Oranje verballerte zwei Strafstöße im Match und hatte dann auch im Elferschießen das Nachsehen.
Frankreich gewann das Endspiel 2:1 nach Verlängerung.
Euro 96 in England
Das Match zwischen Deutschland und England im Wembley ist legendär – weil Southgates Fehlschuss im Elferschießen auch 25 Jahre später noch ein Thema ist; weil es das zweite Mal innerhalb weniger Jahre war, dass die Deutschen die Engländer im Shoot-Out eines Halbfinales bezwangen; auch wegen der Gravitas des Austragungsortes. An das andere Halbfinale 1996 kann sich kaum noch jemand erinnern – was auch daran liegen dürfte, dass 120 Minuten lang nichts passiert ist. Zwei Teams in personellen Troubles (den Tschechen fehlten die gesperrten Kuka, Bejbl, Látal und Suchopárek, den Franzosen der angeschlagene Deschamps und der gesperrte Karembeu) versuchten, keinen entscheidenden Fehler zu machen. Im Elferschießen vergab Frankreichs Raynald Pedros als Einziger.
Deutschland gewann das Finale 2:1 nach Verlängerung.
Euro 92 in Schweden
Das EM-Halbfinale 1988 war an Holland gegangen, die WM-Quali-Spiele 1989 endeten 1:1 und 0:0, das WM-Achtelfinale 1990 ging an Deutschland, die EM-Vorrubden-Partie 1992 ging 3:1 an Holland – Europa war bereit für die Neuauflage des hoch-emotionalen Nachbarschafts-Duells im EM-Finale von 1992. Deutschland erfüllte zunächst die Pflicht gegen den Gastgeber in einem der wenigen wirklich unterhaltsamen Spiele einer überwiegend faden EM, gewann 3:2 gegen Schweden. Einen Tag später aber hatten die unbekümmerten Dänen – für die wegen des Bürgerkriegs ausgeschlossenen Jugoslawen nachgerückt und in der Gruppenphase Mitfavorit Frankreich eliminiert – die Holländer an der Leine. Oranje rettete sich mit Müh und Not ins Elfmeterschießen, dort setzte sich Dänemark dank Van Bastens Fehlschuss durch.
Dänemark gewann das Endspiel 2:0.
Euro 88 in der BR Deutschland
Als große Revanche für das WM-Finale 1974 wurde das Halbfinale zwischen Gastgeber BRD und Holland tituliert, und die Revanche gelang. Zwar gingen die Deutschen durch einen Matthäus-Elfer in Front, aber Ronald Koeman glich nach einem eher soften Strafstoß-Pfiff aus, ehe Marco van Basten kurz vor Schluss Manndecker Kohler versetzte und zum 2:1 traf. Das andere Semifinale war dafür eine klare Angelegenheit, die Sowjetunion (mit sieben Ukrainern, zwei Russen und zwei Weißrussen) überfuhr Italien mit Lobanovskis Pressingspiel. Bitter war nur die gelbe Karte von Libero Oleg Kusnetsov, die das Hirn des Teams für das Finale sperrte.
So gewann Holland das Endspiel mit 2:0.
Euro 84 in Frankreich
Die EM 1984 war das Turnier von Michel Platini. Dabei war er im Halbfinale gegen Portugal – bei der ersten Turnierteilnahme nach 18 Jahren hatten die Portugiesen Deutschland eliminiert – kaum zu sehen. Ein Domergue-Freistoß brachte die Franzosen in Führung, aber Portugal glich erst aus und ging in der Verlängerung sogar in Führung. Bis zur 115. Minute sah Portugal wie der Finalist aus, ehe wiederum Domergue aus einem Gestocher traf und Platini kurz darauf das 3:2 erzielte. Auch im zweiten Halbfinale gab es ein Überraschungs-Team: Dänemark. Aus Quali-Topf 4 gekommen schalteten sie dort England aus, in der Gruppe auch die starken Belgier. Auch im Halbfinale gegen Spanien ging man durch einen Abstauber von Søren Lerby früh in Führung, aber die Spanier warfen immer mehr alles nach vorne. Die Dänen zitterten sich ins Elfmeterschießen, wo Preben Elkjaer – schon mit einem Millionenvertrag in der Serie A in der Tasche – verschoss.
Frankreich gewann das an einem Mittwoch gespielte Finale dank eines Arconada-Patzers mit 2:0.
Bei der EM 1980 – dem ersten als echte Endrunde ausgetragenen Turnier – gab es kein Halbfinale. Die beiden Gruppensieger (Deutschland und Belgien) spielten im Finale.
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