Am Mittwoch starten die ÖFB-Frauen in das Länderspiel-Jahr 2019. Zum vierten Mal treten sie beim Cyprus Cup an. Die vier Spiele (und die Trainingseinheiten dazwischen) stehen im Zeichen von personellen Zukunftsfragen und davon, dass die taktischen Experimente des vergangenen Jahres besser funktionieren sollen. Bis zum Start in die EM-Quali für 2021 ist noch bis zum Spätsommer Zeit.
2019 muss man Ergebnisse sehen
Von den Resultaten her lief 2018 recht ordentlich (nur das 1:1 daheim gegen Serbien war klar unter den Ansprüchen), aber die Leistungen waren oft durchwachsen. Die dynamische Raumbesetzung in der Defensive bei eigenem Aufbau funktionierte gegen Finnland gut, wurde in Deutschland aber völlig zerpflückt. „Diese Spielweise ist sehr herausfordernd. Aber wir brauchen ein Alleinstellungsmerkmal, sonst werden wir nicht vorankommen“, so ÖFB-Teamchef Dominik Thalhammer.
Der klipp und klar sagt: „Ziel muss es sein, von der Entwicklungsphase des Jahres 2018 nun in eine Performance-Phase zu kommen. Das heißt, dass 2019 auch Ergebnisse sichtbar sein müssen.“ Die inhaltlichen Vorgaben, welche im letzten Jahr implementiert wurden, sollen in Drucksituationen angewendet und stabilisiert werden. Und, ja, auch Testspiele damit gewonnen. Letztes Jahr in Zypern war das eher so naja.
Mehr Gefahr im Angriffsdrittel entwickeln
Der größte Schwachpunkt der letzten eineinhalb Jahre war es, Ballbesitz im Angriffsdrittel und damit Torgefahr zu entwickeln. Das war gegen die Top-Teams Deutschland und England eklatant, es kostete den Sieg gegen Serbien und auch beim Zypern-Cup 2018 war dies schon erkennbar.
Eine Lösung könnte Elisabeth Mayr sein. „Ein klassischer Neuner“, sagt Thalhammer über die 23-Jährige, die aus dem Nachwuchs des FC Bayern kommt und aktuell für Bayer Leverkusen spielt. Sie gilt nicht als die Schnellste, aber als robust und stark in der Ballsicherung. Also eine Sturmpartnerin für die agile Nici Billa? „Durchaus denkbar“, so der Trainer.
Das Besondere an Mayr: Die aus Brunnthal bei München stammende Stürmerin mit der Mama aus der Steiermark hat alle Junioren-Teams des DFB durchlaufen. Sie wäre die erste ÖFB-Teamspielerin, die schon mal GEGEN Österreich gespielt hat (auf U-16-Level nämlich).
(Sanfter) Umbruch voraus
Auch, wenn’s niemand offen sagt: Die Einberufung Mayrs ist auch eine Antwort auf die Tatsache, dass sich die internationale Karriere von Nina Burger (31) dem Ende zuneigt. Die Rekord-Stürmerin ist seit über 13 Jahren im Nationalteam, 2018 kämpfte sie aber nicht nur mit der Form, sondern erstmals auch mit kleineren Blessuren. Seit knapp 800 Minuten ist sie ohne Team-Tor, in der laufenden Bundesliga-Saison kam sie erst auf drei Treffer für den SC Sand.
„Ich glaube schon, dass zumindest 90 Prozent des aktuellen Stamm-Kaders bei der EM 2021 noch dabei sind“, ist Thalhammer zwar überzeugt. Aber dass Burger über 2021 hinaus im ÖFB-Team spielt, ist kaum vorstellbar. Ähnliches gilt für Viktoria Schnaderbeck (28), die verletzungsbedingt seit der EM 2017 nur drei Vereins-Pflichtspiele absolviert hat, das letzte vor zehn Monaten. Lisa Makas (26) ist nach der vierten schwereren Knieverletzung in dreieinhalb Jahren zumindest auf der Abruf-Liste, nachdem sie am Wochenende für Duisburg ihr Comeback gegeben hat.
Forderungen an Hoffnungsträger
Daher steht 2019 auch die nachrückende Generation im Fokus. „Ein kleinerer Umbruch wird schon stattfinden“, kündigt Thalhammer an, und nimmt die Jüngeren dabei in die Pflicht. „Es gibt einige Spielerinnen, die jetzt ihre Einsatzchancen auch konkret nützen müssen“, so der Trainer. Er nennt zwar keine Namen explizit. Aber dass er von Jenny Klein, Laura Wienroither und Viki Pinther (alle 20) spricht, liegt auf der Hand. Hätte sie nicht ein gerissenes Kreuzband, müsste man wohl auch Kathi Naschenweng (21) dazuzählen.
Klein und Wienroither haben in der Reserve-Mannschaft von Hoffenheim den Herbst durchgespielt und dem Team zum 2. Platz in der 2. Liga verholfen. Der Teamchef fordert aber mehr: „Man muss sich als österreichische Teamspielerin schon zumindest in einem Mittelklasse-Team in der deutschen Liga festspielen. Das ist die Voraussetzung. Wenn wir uns international behaupten wollen, brauchen wir solche Spielerinnen.“
Wienroither wurde im Winter in den Kader des Hoffenheimer Bundesliga-Teams hochgezogen und debütierte am Wochenende gegen Bayern München in der Bundesliga. Stürmerin Pinther war nach ihrem Wechsel zu Sand letzten Sommer nur zweimal in der Startformation, Tor steht noch keines zu Buche.
Der Teamchef stellt an das Trio also Forderungen, die derzeit recht steil erscheinen. Vor allem, da ihr Karriereverlauf bisher konstant nach oben gegangen ist und nicht jede Kollegin, die auch schon länger dabei ist, dieses Kriterium erfüllt. Es zeigt aber, dass Thalhammer sie mittel- und langfristig als Stützen im Team aufbauen will. Und solche müssen in einer starken Liga regelmäßig und in möglichst verantwortungsvollen Rollen spielen.
So wie Wenninger und Zinsberger bei den Bayern (die mit einem Tor bzw. einigen Glanzparaden dafür sorgten, dass Bayern letzte Woche 4:2 gegen Wolfsburg gewann und so mit dem Leader gleichzog). Wie Zadrazil in Potsdam (am Weg zu Platz drei und dem Titel „Best of the Rest“), Billa in Hoffenheim (sieben Saisontore, damit schon mehr als in den letzten zwei Spielzeiten zusammen), Feiersinger und Aschauer in Frankfurt oder Puntigam in Montpellier (die sich im Winter den Knöchel beleidigt hat, daher 2019 noch nicht eingreifen konnte).
Junge auf dem Prüfstand
Und dann gibt es noch ein paar ganz junge Spielerinnen, die wohl erst mittel- und langfristig ein Thema für die Stammformation werden. Yvonne Weilharter (18), Innenverteidigerin von Sturm Graz, durfte schon zweimal einige Minuten Länderspiel-Luft schnuppern. „Sie sollte noch näher an das Team heranwachsen“, erwartet der Trainer.
Mit Celina Degen (17) ist zudem die Kapitänin jenes 2001er-Jahrgangs erstmals im Kader, das als einer der talentiertesten in der ÖFB-Geschichte gilt. Sie ist schon länger am Teamchef-Radar: Bereits als 14-Jährige (!) spielte die Mittelfeld-Allrounderin von Sturm Graz EM-Quali-Eliterunde mit dem U-17-Team, als Thalhammer dieses noch betreute.
Degens Berufung will der Teamchef auch als Signal verstanden wissen: „Das soll auch den ganz jungen Spielerinnen zeigen, dass es möglich ist. Bei Celina bin ich schon gespannt, wie sie sich einfügt.“ Auch Andrea Gurtner (18, Tor) gehörte zu diesem 2001er-Jahrgang. Realistischere Aussichten auf ein Team-Debüt haben die kürzlich von Neulengbach zu St. Pölten gewechselte Julia Hickelsberger-Füller (19, Offensive) und Sabrina Horvat (21, Defensive) von Werder Bremen, die zuletzt ihr erstes Bundesliga-Tor erzielt hat. Horvat wäre die erste Vorarlbergerin im Team seit der großen Sonja Spieler (bis 2010).
Eine schöne Geschichte ist der Cyprus Cup für Melissa Abiral: Die Torhüterin kommt neun Jahre nach ihrem Bundesliga-Debüt (und mit einer ziemlich fiesen Knieverletzung und auch Ausflügen als Feldspielerin in der Zwischenzeit) zum ersten Mal in den tatsächlichen Teamkader.
KADER ÖSTERREICH. Tor: Melissa Abiral (24, St. Pölten, 0 Länderspiele/0 Tore), Andrea Gurtner (18, Altenmarkt, 0/0), Manuela Zinsberger (23, Bayern/GER, 50/0). Abwehr: Verena Aschauer (25, Frankfurt/GER, 59/7), Sabrina Horvat (21, Bremen/GER, 0/0), Gini Kirchberger (25, Freiburg/GER, 64/1), Katharina Schiechtl (26, Bremen/GER; 42/6), Yvonne Weilharter (18, Sturm Graz, 2/0), Carina Wenninger (28, Bayern/GER, 85/4), Laura Wienroither (20, Hoffenheim/GER, 1/0). Mittelfeld: Celina Degen (17, Sturm Graz, 0/0), Barbara Dunst (21, Duisburg/GER, 22/0), Jasmin Eder (26, St. Pölten, 40/1), Laura Feiersinger (25, Frankfurt/GER, 67/11), Julia Hickelsberger (19, St. Pölten, 0/0), Jenny Klein (20, Hoffenheim/GER, 8/0), Nadine Prohaska (28, Sand/GER, 88/7), Sarah Puntigam (26, Montpellier/FRA, 89/13), Sarah Zadrazil (26, Potsdam/GER, 64/8). Angriff: Nici Billa (22, Hoffenheim/GER, 48/18), Nina Burger (31, Sand/GER, 106/52), Eli Mayr (22, Leverkusen/GER, 0/0), Viki Pinther (20, Sand/GER, 21/1). Teamchef: Dominik Thalhammer (48).
Der Cyprus Cup
Der übliche Modus von drei Gruppen- und einem Platzierungsspiel innerhalb von acht Tagen wurde in Zypern beibehalten. „Vier Spiele in so kurzer Zeit sind ein Balance-Akt zwischen personeller Belastungssteuerung, inhaltlicher Arbeit und dem Anstreben guter Ergebnisse“, sagt der Teamchef vor seinen Länderspielen 82 bis 85. Beim Algarve-Cup wurde für dieses Jahr umgestellt: Von drei Vierergruppen (wie auch in Zypern) auf vier Dreiergruppen, also insgesamt drei Spiele in acht Tagen für jeden Teilnehmer. Thalhammer: „Das würde ich auch für Zypern für sinnvoll erachten.“
Die ÖFB-Gegner in Larnaca sind Nigeria (27. Februar, „Die sind im November Afrika-Meister geworden und bei der WM dabei, das wird interessant“), Belgien (1. März, „Ein Team auf Augenhöhe“) und die Slowakei (4. März, mit zwei aktuellen und drei ehemaligen Österreich-Legionärinnen). Gegen wen es im Platzierungsspiel geht, wird man nach dem dritten Spiel wissen; sofern es nicht das Finale ist (das die beiden besseren Gruppensieger bestreiten), ist die Platzierung selbst aber ohne Belang.
Mit Italien, Thailand, Nigeria und Südafrika sind vier Teilnehmer an der WM im Sommer dabei; gegen Mexiko, Thailand und Südafrika haben die ÖFB-Frauen noch nie gespielt. Österreich hat 2016 das Turnier gewonnen
Und sonst so?
Beim Algarve Cup in Portugal, dem traditionsreichsten der März-Einladungsturniere, sind von den Top-20 der Weltrangliste neun Länder dabei, darunter Europameister Holland, WM-Mitfavorit Spanien, der Olympia-Dritte Kanada, EM-Finalist Dänemark und Ex-Weltmeister Norwegen.
Spannend ist, dass Deutschland erstmals seit 2004 kein März-Turnier spielt – also weder an der Algarve, wo man ewig Stammgast war, noch beim SheBelieves Cup in den USA, den Deutschland in den letzten drei Jahren absolviert hat. Der DFB will der neuen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg knapp fünf Monate vor der WM zwei möglichst ungestörte erste Trainingswochen geben – und ein einzelnes, dafür hochkarätiges Testspiel in Frankreich.
Zugunsten dieses Spiels in Laval verzichtet logischerweise auch Frankreich erstmals auf die Teilnahme am SheBelieves Cup. Das damit dort ausfallende Kräftemessen mit den USA hat man daher schon im Jänner hinter sich gebracht und in Le Havre einen erstaunlichen 3:1-Sieg gefeiert – wiewohl dem US-Team in Folge einer Grippewelle fast die halbe Stamm-Formation gefehlt hat.
Jedenfalls treten die USA und England, der verbliebene Stamm-Teilnehmer beim SheBelieves Cup, diesmal gegen Asienmeister Japan und Südamerika-Champion Brasilien an. Spielorte sind diesmal Philadelphia, Nashville und Tampa. Bleibt zu hoffen, dass im NFL-Stadion der Buccaneers heuer auf (Kunst-)Rasen gespielt wird und nicht, wie letztes Jahr, auf einem fast grasfreien Erde-Sand-Gemisch.
Ein weiteres außer-europäisches Event mit guter Besetzung ist der Cup of Nations in Australien, wo sich der Gastgeber mit drei weiteren WM-Teilnehmern misst – nämlich Neuseeland, Südkorea und Argentinien. Spielorte sind Sydney, Brisbane und Melbourne.
Zum zweiten Mal findet in und um Antalya der Turkish Women’s Cup statt. Das B-Team aus Frankreich, welches letztes Jahr gesiegt hatte, trifft dabei auf Mannschaften der dritten europäischen Reihe (wie Rumänien und Nordirland) sowie Exoten wie Indien und Turkmenistan.
Und zwei Jahre nach dem letzten Istria Cup, der an mittelmäßiger Organisation und katastraophelen Spielfeldern scheiterte, gibt es mit dem Croatia Cup in Zagreb wieder ein Turnier in Kroatien – und zwar mit allen Ländern des ehemaligen Jugoslawien (minus Nord-Mazedonien und Kosovo) plus der Ukraine.
EM-Qualifikation für 2021
Letzte Woche erfolgte die Auslosung für die EM-Quali zur Endrunde 2021. Es geht gegen WM-Gastgeber Frankreich, gegen Serbien und Kasachstan sowie (erstmals) gegen Nord-Mazedonien. Mit dem Heimspiel gegen das Land mit dem neuen Namen geht es im Spätsommer los, die Matches gegen Frankreich gehen im April 2020 (daheim) und im Juni 2020 (auswärts) über die Bühne.
Gegen einen anderen Gruppenkopf – also etwa die Schweiz oder Schottland – wäre die Chance auf den ersten Platz vermutlich größer. Ein direktes EM-Ticket gibt es auch für die drei besten der neun Zweiten. „Dafür werden wir alle 18 Punkte gegen die drei schwächeren Teams brauchen, wenn wir gegen Frankreich nichts holen sollten“, prophezeit Teamchef Thalhammer. Der verbleibenden sechs Zweiten spielen in jeweils einem K.o.-Duell im Playoff um drei weitere Plätze bei der Endrunde in England.
Dafür ist Kasachstan eines der leichteren Lose aus dem vierten Topf und Nord-Mazedonien war in der WM-Quali nicht einmal dabei. „Da wird es um jedes Tor gehen, das wir erzielen können“, sagt Thalhammer – weil im Ranking der Zweiten die Spiele gegen den Letzten diesmal nicht wegfallen. Ein Playoff wäre vermutlich ein größerer mentaler Stress als ein sportliches Drama, also wenn man es vermeiden könnte, wäre es nicht schlecht.
Ein Hoppala ist nämlich schnell passiert, wie auch bei der Auslosung zu sehen war – wo Rachel Brown, der langjährigen englischen Team-Torfrau, beim Öffnen eines der Lose direkt in den Abfall gefallen ist…
#WEURO2021 Draw :
Well, that was fun, thanx @rach_brown1 🙊😂 👌 pic.twitter.com/pzQd9wsXpk— Sophie drx (@sophiedrx) 21. Februar 2019
Oh dear #WEuro2021 🙈 pic.twitter.com/t1K8rfiXWH
— Girls on the Ball (@GirlsontheBall) 21. Februar 2019