Am 18. Juli ist es so weit: Da spielen die ÖFB-Frauen Österreichs erstes Spiel bei einer Frauen-EM-Endrunde überhaupt. Sieben Testspiele gibt es davor noch, davon vier von 1. bis 8. März beim Cyprus Cup. Bei diesem mittlerweile schon traditionellen Einladungs-Turnier ist Österreich ja Titelverteidiger, ein weiteres folgt im April in Milton Keynes beim WM-Dritten England.
Darum geht’s für Österreich
„Letztes Jahr war von der ersten Besprechung an das Ziel klar definiert: Turniersieg!“, erinnert sich ÖFB-Teamchef Dominik Thalhammer. Das ist in diesem Jahr anders. Weil das Turnier deutlich stärker besetzt ist als 2016. Und, weil die inhaltliche Vorbereitung auf die Europameisterschaft im Sommer mehr im Mittelpunkt steht als die Resultate.
Die drei Gegner in der Gruppenphase sind WM-Achtelfinalist Südkorea (1. März), WM- und Olympia-Dauergast Neuseeland (3. März) und EM-Mitdebütant Schottland (6. März), danach folgt noch ein Platzierungsspiel (8. März).
Im 23-köpfigen Kader für die Europameisterschaft sind 19 Plätze, sollten keine Verletzungen mehr dazukommen, im Grunde vergeben – an den Stamm der EM-Quali plus die genesene Lisa Makas. Frei sind noch zwei Positionen auf dem Feld und die beiden Back-up-Goalies hinter Manuela Zinsberger.
Thalhammer: „Im Tor wird noch eine routinierte und eine junge Spielerin dazukommen.“ Realistisch betrachtet rittert also Jasmin Pal (die in der Quali Back-up war, Wacker Innsbruck) mit Isabella Kresche (erstmals dabei, von Meister St. Pölten) – beide stehen bei null Einsätzen im Nationalteam – um den einen Spot. Und die beiden Vorgängerinnen von Zinsberger als ÖFB-Nummer-eins, Anna-Carina Kristler (27 Einsätze, der letzte im April 2015) und Jasmin Pfeiler (19 Einsätze, der letzte im Februar 2013) um den anderen.
Sechs Debütanten und ein Comeback
Im 23-köpfigen Aufgebot des ÖFB fehlt von den etablierten Kräften immer noch Kapitänin Viktoria Schnaderbeck, die seit Oktober am Knie bedient ist und seit ihrer Meniskus-Operation im Dezember am Comeback arbeitet. Auch Laura Feiersinger ist mit Achillessehnen-Problemen nicht mit dabei.
Sehr wohl dabei sind dafür gleich sechs Spielerinnen, die noch kein einziges Länderspiel bei den „Großen“ absolviert haben. Innenverteidigerin Marina Georgieva, die im Winter von Meister St. Pölten zum deutschen Traditionsklub Turbine Potsdam gewechselt ist, war schon ein paar Mal im Kader mit dabei, für sie ist es kein komplettes Neuland. Torhüterin Isabella Kresche von St. Pölten hat vor allem im Europacup zwei tolle Talentproben abgeliefert und gezeigt, wie sehr sie sich in den letzten ein, zwei Jahren verbessert hat.
Die anderen Neuen spielen um einen der zwei Restplätze im Feld. Für die, die jetzt nicht dabei sind – also z.B. Kathi Aufhauser und Jennifer Klein von Neulengbach, Julia Kofler von Sturm Graz, aber auch die im Winter zu Duisburg gewechselte Simona Koren – wird es wohl schon sehr eng. „Den Stamm auf dem Feld habe ich jetzt schon über mehrere Jahre zusammen“, erklärt der Teamchef. „Jetzt ist die Gelegenheit, mit Spielerinnen zu experimentieren, die nicht oder nicht so oft dabei waren.“
Die lange mit ihren Eltern und ihren drei Schwestern in Guatemala lebende Salzburgerin Annelie Leitner (die aber schon seit der U-17 für ÖFB-Teams spielt) wird als Alternative für die Sturmspitze getestet. Sie geht in ihr viertes und letztes Jahr mit der University of Indiana in der US-College-Liga. Auch Viktoria Pinther ist eine für ganz vorne, die Stürmerin von Meister St. Pölten kommt aus jenem Top-Jahrgang 1997, der bei U-17- und U-19-EM-Endrunde dabei war – wie Dunst, Naschenweng und Sandrine Sobotka. Letztere, bei Neulengbach unter Vertrag, ist im Mittelfeld daheim und ist dank der Feiersinger-Absage nun auch erstmals mit dabei.
Laura Wienroither kann von Außenverteidiger bis Sturmspitze alles spielen und ist vor allem deshalb interessant; die Neulengbach-Akteurin wäre nach sieben Jahren die erste Oberösterreicherin im Nationalteam-Einsatz.
Äußerst erfreulich ist, dass Lisa Makas endlich wieder dabei ist. Sie zog sich im Sommer 2015 einen Kreuzbandriss zu, und als dieser ausgeheilt war, gab es im Winter 2015/16 gleich den nächsten – ihren insgesamt dritten. Kurz vor Weihnachten 2016 war sie in der deutschen Bundesliga bei Duisburg erstmals wieder im Einsatz, nun stehen ihre ersten Länderspiele seit fast zwei Jahren an. Teamchef Thalhammer: „Sie wird nicht alles von Beginn an spielen, sie ist noch nicht bei 100 Prozent. Aber es ist wichtig, dass sie wieder in die Gruppe zurückkommt.“ Die wahrscheinlichste Position von Makas im Team ist Linksaußen.
Kader: Tor: Isabella Kresche (18, St. Pölten, 0 Länderspiele/0 Tore), Anna-Carina Kristler (28, Sturm Graz, 27/0), Manuela Zinsberger (21, Bayern/GER, 21/0). Abwehr: Marina Georgieva (19, Potsdam/GER, 0/0), Gini Kirchberger (23, Duisburg/GER, 38/1), Sophie Maierhofer (20, Univ. Kansas/USA, 13/1), Katharina Naschenweng (19, Sturm Graz 1/0), Katharina Schiechtl (24, Bremen/GER, 16/5), Carina Wenninger (26, Bayern/GER, 57/3). Mittelfeld: Verena Aschauer (23, Sand/GER, 35/5), Barbara Dunst (19, Leverkusen/GER, 7/0), Jasmin Eder (24, St. Pölten, 29/0), Nadine Prohaska (26, St. Pölten, 63/7), Sarah Puntigam (24, Freiburg/GER, 61/9), Sandrine Sobotka (18, Neulengbach, 0/0), Laura Wienroither (18, Neulengbach, 0/0), Sarah Zadrazil (24, Potsdam/GER, 37/5). Angriff: Nicole Billa (21, Hoffenheim/GER, 22/9), Nina Burger (29, Sand/GER, 79/46), Stefanie Enzinger (27, Sturm Graz, 3/0), Annelie Leitner (20, Univ. Indiana/USA, 0/0), Lisa Makas (24, Duisburg/GER, 42/17), Viktoria Pinther (18, St. Pölten, 0/0).
Die Ausrichtung: 3er/5er-Abwehr?
Kapitänin Viktoria Schnaderbeck ist also immer noch nicht dabei. „Sie ist sehr vorsichtig, hoffentlich ist sie im April wieder voll da“, so Teamchef Thalhammer, der aber auf den Ausfall reagieren will: „Dass sie bei der EM fehlt, ist jetzt einmal noch kein Thema. Aber jetzt werden wir auf ihrer Position in der Abwehr mal einiges ausprobieren.“ Für den Fall der Fälle, einerseits. Um sich noch flexibler aufzustellen, andererseits.
Thalhammer: „Um die Handlungsoptionen für die Defensive zu erhöhen, können wir auch am System ein wenig arbeiten.“ Es ist also nicht mehr undenkbar, dass man mit einer tiefen Dreier- bzw. Fünferabwehr aufläuft. Zum einen, wenn der Gegner seine Stärken vor allem im Zentrum hat (wie Südkorea beim Cyprus Cup). Oder eben, wenn auf der anderen Seite ein absolutes Top-Team steht (wie Frankreich bei der EM). Das mit der Dreierkette wurde schon gegen schwächere Teams (Irland, Israel) hin und wieder angetestet, gegen starke nicht.
Die Gegner
Erster Gegner ist eben Südkorea. Das Team war bei der WM 2015 im Achtelfinale (und hat auf dem Weg dorthin Spanien eliminiert) und spielt nicht unähnlich wie Japan: Kleine und schnelle Spielerinnen, die mangels Körpergröße kein gefährliches Flügelspiel haben, sondern ihre gute Technik im Zentrum ausspielen wollen. Es wird das erste ÖFB-Spiel überhaupt gegen Südkorea sein, danach folgt die nächste Premiere gegen Neuseeland.
Die Football Ferns sind ein Stammgast bei WM- und Olympiaturnieren, haben derzeit aber internen Tumult. Kapitänin und Rekord-Teamspielerin Abby Erceg trat aus dem Nationalteam zurück und griff den Verband frontal wegen fehlenden Commitments gegenüber der Fußball-Frauen an – obwohl das Frauen-Team der Kiwis um Lichtjahre besser dasteht als jenes der Herren.
Im dritten und letzten Gruppenspiel geht es gegen Schottland. Wie Österreich wird dieses Team im Sommer das EM-Debüt geben. Die Schottinnen sind sicher nicht schlecht, aber auch nicht so gut, wie man angesichts des Spielermaterials (z.B mit Lisa Evans von den Bayern, Kim Little von Arsenal oder Rachel Corsie von US-Top-Team Seattle Reign) sein müsste. Die beiden direkten Duelle bisher (2:1 und 5:0 für Schottland) sind schon 15 Jahre her.
Die Gruppen A und B sind deutlich stärker besetzt als die Gruppe C, was man auch an den Weltranglisten-Platzierungen (in Klammern) erkennt. Deswegen wird der Turniersieg zwischen den ersten der Gruppen A und B ausgespielt. Alle anderen Platzierungsspiele sind mehr oder weniger irrelevant – aber es kann dennoch zu einem pikanten Aufeinandertreffen kommen.
Wenn nämlich die Österreich und die Schweiz beide Gruppensieger werden (unwahrscheinlich) oder beide Dritte werden (durchaus denkbar), käme es im Platzierungsspiel zum direkten Duell – vier Monate, bevor Österreich und die Schweiz bei der EM aufeinandertreffen. Der Teamchef wäre davon nicht begeistert: „Hmmmm, naja. Ich könnt’s eh nicht ändern.“
Was aber fest steht: Andreas Heraf, Teamchef der U-18-Burschen und schon zweimal als ÖFB-Teamchef bei einer U-20-Weltmeisterschaft, wird in Zypern mit dabei sein, um das Team der Schweiz zu beobachten. In der Vergangenheit, unter anderen Voraussetzungen wäre das beim ÖFB eher nicht denkbar gewesen.
Was sich sonst noch tut
Die ersten anderthalb März-Wochen sind traditionell die Zeit für Test-Turnier im Frauenfußball. Das sportlich hochwertigste steigt, wie letztes Jahr, in den USA und nennt sich SheBelieves Cup. Die Teams auf den Weltranglisten-Positionen eins (USA), zwei (Deutschland), drei (Frankreich) und fünf (England) spielen in Philadelphia, New York und Washington gegeneinander. Die Premiere im Vorjahr gewann die USA.
Das Turnier mit der renommiertesten Geschichte ist der Algarve Cup in Portugal. Letztes Jahr hatte es wegen der Olympia-Quali (wegen der diverse Stamm-Teilnehmer verhindert waren) nur ein Rumpf-Turnier gegeben. Heuer sind wieder neun Teilnehmer aus den Top-15 der Welt dabei (Kanada, Australien, Japan, Schweden, Norwegen, China, Holland, Spanien, Dänemark).
Und neben dem Cyprus Cup (der zum zehnten Mal über die Bühne geht) gibt es noch den Istria Cup in Kroatien. Neben den B-Teams aus Frankreich und Ungarn sind dort vor allem Teams vom Balkan aktiv und heuer erstmals auch Taiwan. Von allen diesen Turnieren ist dieses mit viel Abstand das schwächste. Von Österreichs Teilnahme 2015 blieb vor allem die bescheidene Qualität der Plätze in Erinnerung.