Sturm Graz führt die Tabelle der Bundesliga nach dem ersten Durchgang an. Das ist durchaus überraschend – vor allem, nachdem man ja am zweiten Spieltag gegen Ried eine eher hilflose Figur abgegeben hat. Im Nachhinein betrachtet war aber das Ried-Spiel die Anomalie, und nicht, wie zunächst angenommen, der Auftakt-Sieg gegen Salzburg.
Warum? Gegen Salzburg schien alles für Sturm zu laufen: Schnelle Tore, dann kompakt verteidigt – man kam gar nicht in die Verlegenheit, selbst das Spiel machen zu müssen, wo es ja seit der Foda-Rückkehr ziemlich haperte. Stichwort: Tief stehen UND hoch pressen gleichzeitig, viele Löcher im Zentrum, ein Fest für jeden Gegner.
Bei einem Blick auf die Ballbesitz-Statistik nach dem ersten Neuner-Durchgang, fällt bei Sturm auf: Von den 50,4 Prozent der Vorsaison ging es deutlich nach untern. Die 46%, auf denen die Grazer nun liegen – und das mit großem Erfolg – bedeutet, dass nur die Abstiegskandidaten Mattersburg und Ried weniger vom Ball haben als der Tabellenführer.
Das ist gegen Salzburg (42% in diesem Match) bei einer frühen 2:0-Führung noch mit dem Spielverlauf zu erklären. In den Spielen nach dem 0:1 in Ried wurde aber sehr deutlich, dass dies sehr wohl der Plan ist. Gegen den Aufsteiger (!) St. Pölten hatte Sturm etwa gar nur 38% Ballbesitz, beim 3:0-Sieg gegen Wolfsberg waren es 43 Prozent. Wohlgemerkt: In einem Heimspiel. Gegen den WAC. Als Tabellenführer.
Daheim gegen die Austria hatten die Grazer 35 Prozent Ballbesitz (3:1 gewonnen), beim Remis gegen Rapid waren es 38 Prozent.
Es gibt zwar noch Situationen, in denen gepresst wird, aber wesentlich kontrollierter und nicht so hoch wie letzte Saison. Das neue Mittelfeld-Zentrum mit Jeggo und Matic harmoniert augenscheinlich recht gut, agiert diszipliniert defensiv und macht die Räume im Zentrum zu. Auf den Außenbahnen gibt es schnelle Spieler, in der Spitze mit Alar ebenso.
Kurz gesagt: Foda versucht nun nicht mehr, tief zu stehen und hoch zu pressen. Jetzt wird nur noch tief gestanden – selbst gegen St. Pölten und Wolfsberg. Er hat wohl gesehen, dass nicht beides geht, und hat sich für eines entschieden.
Gut, es ist das deutlich einfachere Programm. Es wird Sturm nicht dauerhaft voran bringen und ist eines der großen Klubs der Liga auch eigentlich nicht wirklich würdig. Aber, zumindest bis hierhin, funktioniert es. Und die Fans sind offenbar einverstanden: Die Zuschauerzahlen steigen signifikant, das zeigt nicht nur das ausverkaufte Rapid-Spiel, sondern eben etwa auch die fast 13.000 Zuseher im sehr passiv und reaktiv, aber letztlich erfolgreichen Match gegen den WAC.
Jetzt liegt der Ball (im wahrsten Sinne) bei den Ballbesitz-Teams von Rapid und Austria bzw. dem Meister aus Salzburg – und bei den Mittelständlern und Nachzüglern. Dass diese Sturm Graz nämlich tatsächlich den Gefallen tun und selbst agieren, ist eher erstaunlich, weil es ja genau das ist, was Sturm will.