Es ist zuverlässig alle zwei Jahre wieder so: Nach der EM- bzw. WM-Endrunde geht es nach einem Sommer mit dezentem Fußball-Overkill in die nächste Qualifikation und kein Mensch kann sich mehr erinnern, wie die letzten Dezember ausgelosten Gruppen aussehen. Außerdem hat sich durch das Turnier im Sommer bei vielen Teams einiges an der Wahrnehmung geändert.
Darum hier unser ausführlicher Überblick über die neun Qualifikationsgruppen für die WM in Russland in zwei Jahren. Der Modus: Die Gruppensieger qualifizieren sich direkt, die acht besseren der neun Zweiten spielen im K.o.-Playoff um vier weitere Plätze.
Gruppe A
Auf dem Papier ist dies eine der schwerste Gruppen. Aber in Wahrheit ist eher zu erwarten, dass sie eine recht klare Struktur haben dürfte. EM-Finalist Frankreich verfügt über eine der besten Truppen des Kontinents. Obwohl Teamchef Didier Deschamps (47) nicht über jeden Zweifel erhaben ist, wird die Equipe Tricolore keine nennenswerten Probleme haben, unter die Top-2 zu kommen und ist auch der klare Favorit auf den Gruppensieg.
Holland geht nach dem Desater in der EM-Quali und dem Komplett-Umbau mit Danny Blind (55) als Bondcoach und einer stark verjüngten Truppe in die WM-Quali. Viele aktuelle Superstars gibt es nicht, aber (wie gewohnt) viel Potenzial. Es ist nicht zwingend zu erwarten, dass Holland sich fix qualifiziert, aber der zweite Platz ist auf jeden Fall Pflicht.
Vor allem, weil Schweden nach dem Team-Rücktritt von Zlatan Ibrahimovic vor einer Übergangszeit steht. Unter dem neuen Trainer Janne Andersson (53), der zuletzt Underdog Norrköping zum schwedischen Meister gemacht hat, wird es in den nächsten Jahren darum gehen, die extrem talentierte Generation der U-21-Europameister von 2015 um Simon Tibbling ins Team der „Großen“ zu integrieren. Platz drei ist realistisch, mehr wäre eine Überraschung.
Vor zwei Jahrzehnten war Bulgarien eines der besten Teams Europas, davon ist schon lange nichts mehr übrig. Eine wertlose Liga und kaum nennenswerte Legionäre: Trainer Ivailo Petev (41) ist nicht zu beneiden. Einzelne Ausreißer nach oben kann es geben, aber es sollte ein Duell mit Weißrussland um den vierten Platz geben. Wie Bulgarien kann das vom ehemaligen Dynamo-Kiew-Star Alexander Khatskevitch (42, Teil der legendären 1999er-Truppe) trainierte Team für jeden Gegner unangenehm sein, der No-Name-Mannschaft (vornehmlich Kicker aus der eigenen Liga bzw. Legionäre aus der russischen Liga) fehlt es aber an der individuellen Qualität. Luxemburg hat den Weißrussen in der letzten Quali ein 1:1 abgetrotzt und ist in der Gruppe nicht Letzter gewesen, aber das Team von Luc Holtz (47) ist natürlich auch diesmal der Punktelieferant.
Gruppe B
Als Europameister muss das Team aus Portugal natürlich als klarer Favorit auf den Gruppensieg gelten, zumal in den fast genau zwei Jahren unter Trainer Fernando Santos (61) kein einziges Pflichtspiel verloren wurde. Die junge Garde aus der zweiten Reihe hinter Ronaldo und Co. rückt immer mehr auf und bekommt immer mehr Verantwortung, wie der 45-Millionen-Transfer von Joao Mario zu Inter Mailand zeigt. Generell ist man klar das kompletteste Team der Gruppe.
Die Schweiz ist unter Vladimir Petkovic (53) ein wenig in der Entwicklung stecken geblieben. Man gehört immer noch locker zu den besten 15 Teams Europas, aber ganz ausgeschöpft wurde das Potenzial in den letzten Jahren auch nicht. Vom Selbstverständnis (und der grundsätzlichen Qualität) sind die Eidgenossen sicher der programmierte Zweite, aber Ungarn hat nach der EM Blut geleckt. Bernd Storck (53) hat bewiesen, dass er mehr aus dem Team heraus holen kann, als eigentlich drin ist – wie beim 2:0 über Österreich oder dem 3:3 gegen Portugal. Man wird aber nur Zweiter werden können, wenn die Schweizer unter Niveau spielen.
Alle anderen haben keine Chance. Lettland ist, obwohl aus dem 5. Topf gezogen, vom Namen her der Kandidat auf dem vierten Platz, aber dass Mattersburg-Linksverteidiger Maksimenko bei Teamchef Marians Pahars (40) zum Stammpersonal gehört, sagt schon einiges über die Qualität aus. Färöer ist dank der beiden Siege über Griechenland zuletzt in den 4. Topf gerutscht und ist sowieso schon seit Längerem der Beste unter den Zwergen. Sollte das Team von Langzeit-Teamchef Lars Olsen (55) die Setzung bestätigen und die Letten hinter sich lassen, wäre das ein riesiger Erfolg. Und Andorra wird aller Voraussicht nach selbst gegen die Färinger nicht viel holen. Abgeschossen werden die Mannen von Koldo Alvarez (45) zwar fast nie, aber am Ende steht trotzdem fast immer eine Null.
Gruppe C
Dass Titelverteidiger Deutschland eine problematische Gruppe zugelost bekommen hätte, kann man nicht sagen – obwohl es zwei weitere EM-Teilnehmer und ein erst im Playoff gescheitertes Team gibt. Aber Joachim Löw (56) hat so viel Talent in der Hinterhand, dass ihm die weitere Verjüngung kaum Schwierigkeiten bereiten sollte und das Niveau nicht viel sinkt. Bei der EM war man, trotz des Aus im Halbfinale, extrem stabil und das wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch so bleiben. Zehn Siege aus zehn Spielen wären keine Überraschung.
Deutlich mehr Probleme dürfte Tschechiens neuer Trainer Karel Jarolim (60) mit dem Umbau haben. Das bei der EM unerwartet schwache und tendenziell überalterte Team hat so keine Zukunft, den nachrückenden Spielern aus der heimischen Liga fehlt es an internationaler Erfahrung. Platz zwei ist alles andere als sicher, obwohl die Konkurrenz nicht furchteinflößend ist. Obwohl: Nordirland (Gruppensieger in der letzten Quali, Achtelfinale bei der EM) hat gesehen, dass man zumindest mit der zweiten Reihe Europas durchaus auf Augenhöhe mithalten kann, zudem ist Michael O’Neill (47) ein Trainerfuchs der sein Team punktgenau einstellen kann.
Norwegen ist eine zutiefst biedere Mannschaft – gut, das war Norwegen immer schon, aber in den 90ern war zumindest individuelle Qualität da. Auf die kann Trainer Per-Mathias Høgmo (56) nicht setzen. Im EM-Playoff stand man recht ratlos den Ungarn gegenüber. Andererseits hatte man es bis zuletzt in eigener Hand, sich fix für die EM zu qualifizieren. Das heißt: Spiele gegen Norwegen werden weder schön noch spektakulär, aber biegen muss man sie auch erst einmal. Die Chance auf den zweiten Platz besteht, recht groß ist sie aber nicht.
In Aserbaidschan ist die Liga dank Petro-Dollars und vielen Legionären aufstrebend (zum zweiten Mal hintereinander sind zwei Klubs in der EL-Gruppenphase), aber auf Nationalteam-Ebene merkt man das aber nicht einmal annähernd. Der Kader von Robert Prosinecki (47) besteht fast ausschließlich aus Spielern der nationalen Top-Klubs Qarabag, Gabala und Neftchi. Realistischerweise wäre schon der vierte Platz ein gigantischer Erfolg. Das wäre es für San Marino, wenn man zumindest ein-, zweimal mit weniger als drei Toren Differenz verlieren sollte. Die Mannen von Pierangelo Manzaroli (47) werden das mit Abstand schlechteste Team Europas bleiben.
Gruppe D
Der Fluch der guten Tat: Anstatt als Underdog die gute Setzung quasi von unten her anzugehen, ist Wales nach dem Einzug ins EM-Halbfinale nun tatsächlich mit der Bürde des Favoriten ausgestattet. Das Turnier in Frankreich hat die Stärken der Waliser offengelegt, aber auch die Schwächen aufgezeigt: Wenn einer aus dem Top-Quartett (Bale, Ramsey, Allen, Ledley) ausfällt, kann der relativ dünne Kader von Chris Coleman (46) das nicht auffangen. Allerdings ist auch die Konkurrenz nicht über jeden Zweifel erhaben.
So klappte Österreich bei der EM unter der hohen Erwartung zusammen und krachte schon in der Vorrunde raus. Dennoch: Marcel Koller (55) hat einen ausgeglichenen Kader, der zwar über einige Schwachpunkte verfügt (Außenverteidiger in der Qualität, Angriff in der Quantität), aber vor allem im Zentrum über absolute europäische Klasse. Die Frage wird eher sein, wie man damit umgeht, nun trotz der verpatzten EM eher zu den Favoriten zu gehören.
Zumal auch Irland eine zwar inhaltlich nicht weltbewegende, aber gemessen an den Möglichkeiten doch recht ordentliche EM gespielt hat und sich von der zurückgetretenen Überfigur Robbie Keane auch längst emanzipiert hat. Mit Martin O’Neill (64) gibt es nach der lähmenden Trap-Ära auch einen Trainer, der die Mentalität versteht. Die Mentalität ist indes bei Serbien der oft limitierende Faktor. Slavoljub Muslin (63) hat zwar einige Qualitätsspieler zur Verfügung, aber eine funktionierende Mannschaft haben die Serben selten – und in der letzten Qualifikation gab es in acht Spielen nur zwei Siege.
Wales und Österreich sind die Favoriten auf Platz eins und zwei, aber hier kann wirklich alles passieren. Naja, fast alles: Dass Georgien sind selbst als heißesten Kandidaten auf den Gruppensieg sieht, ist eh lieb, aber man muss schon unter dem Einfluss härterer Drogen stehen, um das auch wirklich zu glauben. Neo-Teamchef Vlaidmir Weiss (51) übernahm ein Team mit kaum durchdringbarer Defensive und einigen offensiven Talenten, aber mehr auch nicht. Moldawien schloss die letzte Quali sogar hinter Liechtenstein ab, wird auch weiterhin vor allem auswärts ein zäher Gegner bleiben, aber die fehlende Kontinuität – Igor Dobrovolski (49) ist schon der dritte Trainer in zwei Jahren – ist nicht gerade hilfreich.
Gruppe E
Auf der Suche nach der schwächsten Gruppe wird man wohl am ehesten hier fündig. Geht es nach den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit, hat hier wohl Polen die besten Karten auf den Gruppensieg. Man erreichte das EM-Viertelfinale ohne auch nur einmal wirklich das Potenzial auszuschöpfen, verfügt über eine Handvoll echter Klassespieler und ist eine grundsätzlich gut funktionierende Truppe. Auch Teamchef Adam Nawalka (58) entschied sich dafür, weiter zu machen.
Rumänien war kein Glanzpunkt bei der EM, enttäuschte aber auch nicht wirklich. Der neue Teamchef heißt Christoph Daum (62), er soll das relativ alte und wohl eher schon über dem Zenit stehende Team etwas umformieren, ohne an Qualität zu verlieren. Das wird angesichts des fehlenden Nachwuchses eine Mammut-Aufgabe. Damit könnte die Tür für Dänemark wieder aufgehen. Nach 16 Jahren endete dort die Amtszeit von Morten Olsen mit einem EM-Quali-Scheitern an Albanien und Schweden. Åge Hareide (62) hat einige tolle junge Spieler zur Verfügung (Eriksen, Poulsen, Fischer, Højbjerg, Vestergaard, Christensen) und hat nun eine nicht besonders schwere Gruppe, um das auch in gute Resultate umzusetzen. Darum sind die Dänen wohl der größte Gegner der Polen.
Für Montenegro verlief die letzte Quali enttäuschend, den Zug zu einer Endrunde hat man wohl für längere Zeit verpasst, weil Leistungsträger alt werden und zu wenig Breite vorhanden ist. Ljubisa Tumbakovic (64) ist der neue Trainer, aber mehr als ein unangenehmer Gegner werden die Montenegriner eher nicht sein. Ähnliches gilt für das Team aus Armenien: Zweimal war man kurz davor, sich für EM bzw. WM zu qualifzieren, ganz klappte es für Henrikh Mkhitaryan und Co. aber nicht. Unter den Nachfolgern von Trainer Vardan Minasyan (bis 2013) ging es nur bergab, unter Varushan Sukiasyan (60) hofft man (vermutlich vergebens) auf die Trendwende.
Kasachstan ist vor allem eine unangenehme Reise, aber kein sportlicher Gradmesser. Talgat Bajsufinov (47) hat ausschließlich Kicker aus der heimischen Liga in seinem Kader – ein paar davon waren letztes Jahr mit dem FC Astana zwar in der Champions League, aber es wäre schon ein Erfolg, nicht Letzter zu werden.
Gruppe F
Nachdem die Three Lions das mit dem Brexit ein wenig zu wörtlich genommen haben, ist nun Sam Allardyce (61) der neue Mann an der Seitenlinie von England. Das Werkzeug (in Form von einigen wirklich guten, jungen Spielern) hat Big Sam, von seinem Potenzial der Umsetzung sind bei dem bärbeißigen aber nicht alle überzeugt. Die Gruppe klingt für England recht gut, weil es eigentlich kein Team von echter Topf-2-Stärke gibt. Aber Vorsicht ist angebracht: Gegen solide und defensiv starke Teams offenbarten sich bei der EM die größten Probleme, nicht nur beim peinlichen Achtelfinal-Aus gegen Island.
Und die Gegnerschaft besteht überwiegend aus genau solchen Teams. Wie die Slowakei etwa, wo Jan Kozak (62) hinten zu macht und sich vorne auf Geniestreiche von Marek Hamsik verlässt. Das hat bei der EM gereicht, um als Gruppendritter ins Achtelfinale zu schleichen, das ist aber das absolute Maximum gewesen. Schottland war als einzige der Home Nations nicht bei der EM dabei, das liegt aber auch in der Tatsache begründet, dass man in der Quali eine teuflisch schwere Gruppe hatte. Nicht, dass Gordon Strachan (59) eine furchteinflößende Truppe beinander hätte, keineswegs – die besteht fast ausschließlich aus Kickern der zweiten englischen Liga. Aber selbst das könnte reichen, um die biederen Slowaken zu biegen, ein Aufwärtstrend war in den letzten Jahren klar erkennbar.
Bei Slowenien gibt es einige gute Spieler (Kampl, Ilicic, Birsa, Jokic), aber zuletzt nicht die entsprechenden Leistungen. Teamchef Srecko Katanec (53) schaffte es zuletzt nicht, das kreative Potenzial auszuschöpfen. Gelänge das, hätte man mangels wirklich guter Konkurrenz aber eine seriöse Chance auf den zweiten Platz. Litauen hingegen wird keine Chance haben, dazu reicht einfach die Kaderqualität nicht aus. Die meisten Spieler von Ex-Porto-Stürmer Edgaras Jankauskas (41) spielen daheim, die wenigen Legionäre überwiegend in schwachen Ligen. Malta ist natürlich der programmierte Letzte, aber dem Team von Pietro Ghedin (63) ist es jederzeit zuzutrauen, einem höher eingeschätzten Gegner ein Bein zu stellen.
Gruppe G
Nach dem zweiten viel zu frühen Ausscheiden in Folge wurde Vicente del Bosque als Teamchef von Spanien abgelöst. Sein Nachfolger ist Julen Lopetegui (50), der schon die spanischen U-21 zum EM-Titel geführt hat. Er hat ein unglaubliches Reservoir an Talent und an Möglichkeiten, kann aber auch nur elf Spieler aufstellen und muss diese richtig einstellen – das hat Del Bosque zuletzt ja nicht mehr so richtig hinbekommen. Dennoch: Spanien hat natürlich den Anspruch und die Möglichkeiten, auch in Russland wieder auf den Titel los zu gehen.
Ein wenig größer sind die Fragezeichen da schon bei Italien, trotz den überraschend positiven und vor allem taktisch grandiosen Auftreten bei der EM. Statt Antonio Conte ist nun Giampiero Ventura (68) der Commissario Tecnico. Er ist nicht ganz so flexibel wie Conte, denkt aber langfristig und hat in über 20 Jahren in der Serie A schon praktisch alles gesehen. Der limitierende Faktor ist auch eher die Qualität der Spieler: Denn die gute EM ändert nichts daran, dass ein von der individuellen Klasse die die vermutlich schlechteste italienische Mannschaft seit vielen Jahrzehnten ist.
Das beste Team, das man je hatte, ist jenes von Albanien. Bei der EM machte man im Rahmen der Möglichkeiten eine wirklich gute Figur, man verfügt über eine eingeschworene Truppe und mit Gianni de Biasi (60) einen guten und hoch angesehenen Trainer. Natürlich ist man schon ganz klar hinter den Italienern anzusiedeln, aber an Selbstvertrauen mangelt es den Albanern auf keinen Fall. Für Israel wird es realistischerweise nur darum gehen, vielleicht die Albaner hinter sich zu lassen – mehr gibt der überwiegend farblose Kader von Elisha Levy (58) nicht her. Erfahrungsgemäß wird Italien den beiden Verfolgern lange Hoffnungen machen, sich am Ende aber durchsetzen.
Die anderen haben keine Chance. Wobei Liechtenstein jederzeit zum Stolperstein werden kann, das hat das Team des Steirers René Pauritsch (52) schon in der letzten Quali gezeigt, als man vor Moldawien landete. Mazedonien hingegen wurde hinter Luxemburg Gruppenletzter – Mrme Angelovski (40) hat auch nur sehr wenig individuelle Qualität zu seiner Verfügung. Und ja, der alte Goran Pandev spielt immer noch.
Gruppe H
Wie man möglichst wenig aus einem tollen Kader herausholt, zeigte Marc Wilmots mit Belgien bei der EM eindrucksvoll. Roberto Martinez (43) ist selbst im Halbschlaf ein besserer Trainer als Wilmots und darum darf er nun das belgische Team betreuen. Auf dem Weg zur EM in Russland gibt es kein Team, das den Roten Teufeln gefährlich werden kann: Zu stark ist der Kader, zu vielfältig die Möglichkeiten, zu gut nun auch der Trainer und zu schwach die Konkurrenz. Die Quali sollte für Belgien zum Spaziergang werden.
Denn dahinter ist das sehr, sehr dünn. Bosnien hatte im EM-Playoff gegen Irland keine Chance, die große Generation – die statt drei Endrunden nur eine erreicht und selbst dort enttäuscht hat – ist Geschichte. Die besten Spieler von Mehmed Bazdarevic (55) sind fast alle schon über 30 Jahre alt (Dzeko, Lulic, Ibisevic), nur Miralem Pjanic von Juve ist noch im besten Alter. Was für Bosnien spricht, ist halt die schwache Gegnerschaft. Denn Griechenland hat es zuletzt selbst in der klar leichtesten Gruppe geschafft, Letzter zu werden – hinter den Färöern. Auf dem Papier ist das Team von Michael Skibbe (51) wohl sogar über Bosnien zu stellen, aber der Niedergang des Niveaus der einst wirklich guten heimischen Liga und die Abwesenheit von Legionären bei guten Klubs sind keine guten Vorzeichen. Eine neue Generation (man war vor einigen Jahren U-19-Vizeeuropameister) muss den Karren nun aus dem Dreck ziehen.
Estland war für die WM 2012 im Playoff, das war aber nur ein Strohfeuer. Der Kader von Magnus Pehrsson (40) spielt fast ausschließlich in der eigenen Liga, die ja nun nicht besonders gut ist – vorsichtig formuliert. Der mit sehr, sehr, sehr viel Abstand bekannteste und beste Spieler ist Innenverteidiger Ragnar Klavan, der im Sommer von Augsburg zu Liverpool wechselte. Auch Zypern hat schon mal bessere Tage gesehen: Die Liga ist zwar ganz gut, hat aber einen Ausländer-Anteil von deutlich über 50 Prozent. Viel mehr als das Abgreifen von Rest-Punkten wird für Trainer Christakis Christoforou (52) und sein Team wieder nicht drin sein. Aber immerhin gibt’s zwei heiße Duelle mit dem großen Bruder.
Gibraltar hat sich im letzten Moment durch die FIFA-Aufnahme doch noch die Teilnahme-Berechtigung gesichert, wird aber wiederum nur Punktelieferant sein. Da das Projekt eines neuen Stadions ins Stocken geraten ist, wird die Truppe von Jeff Wood (62) auch weiterhin die „Heimspiele“ im portugiesischen Faro austragen.
Gruppe I
Eigentlich war Kroatien ja eines der besten Teams bei der EM, aber die portugiesische Manndeckung manövrierte die Mannschaft von Ante Cacic (62) schon im Achtelfinale aus. Das ändert nichts daran, dass man die deutlich beste Mannschaft dieser sehr ausgeglichen besetzten Gruppe stellt. Sprich: Modric, Rakitic und Co. sollten ohne wirkliche Probleme den Gruppensieg einfahren können, dahinter ist aber so gut wie alles möglich.
Etwa für Island. Nach dem überraschenden Viertelfinal-Einzug und der alleinigen Übernahme durch Heimir Hallgrimsson (49) spitzt der Inselvolk nun natürlich auch auf die erste WM-Teilnahme. An der Spielweise (inhaltlich todlangweilig, aber mit voller Inbrunst) wird sich nichts ändern, am Personal auch nicht wirklich, dafür ist das Selbstvertrauen gestiegen – allerdings auch der Respekt der Gegner. Niemand wird Island mehr unterschätzen.
Auch die Türkei nicht. Fatih Terim (62) hat zwar nur wenige wirkliche Klassespieler, aber dafür viel Fußball-IQ und mit Emre Mor eines der größten Talente, die es in Europa derzeit gibt. Einen ähnlich starken/schwachen Kader hat die Ukraine, dafür wohl einen auf seinem Posten wohl nicht ganz so versierten Trainer. Andrej Shevchenko (39) war einer der besten Stürmer der Welt, als Trainer ist er aber noch ein unbeschriebenes Blatt. Vermutlich werden sich die Isländer, die Türken und die Ukrainer annähernd auf Augenhöhe treffen und den zweiten Platz untereinander ausmachen. Gut denkbar daher, dass sie sie so sehr die Punkte gegenseitig wegnehmen, dass dies jene Gruppe wird, aus der der Zweite gar nicht ins Playoff darf.
Finnland hat nach den verschenkten Paatelainen-Jahren nun mit Ex-Salzburg-Coach Hans Backe (64) einen routinierten und gutklassigen Trainer, aber immer noch keinen besonders guten Kader, vor allem im Mittelfeld fehlt es eklatant an Klasse. Niemand wird die Finnen abschießen und sie können auch jederzeit einen der Platz-zwei-Kandidaten schlagen, aber dennoch muss man den Blick auch nach hinten richten.
Denn was der Kosovo wirklich kann, weiß noch niemand. Der (nicht ganz unumstrittenen) Aufnahme in die FIFA folgte zuletzt das große Zusammensuchen: Kicker mit kosovarischer Herkunft aus ganz Europa „wechselten“ zum Kosovo und Teamchef Albert Bunjaki (45) – wenn auch nicht die allererste Reihe. Der Norweger Valon Berisha von Salzburg läuft nun etwa für den Kosovo auf, ebenso wie die Deutschen Halimi, Alushi und Perdedaj, der Belgier Ujlaki und nicht zuletzt auch der Österreicher Sinan Bytyqi. Dennoch: Der letzte Gruppenplatz ist wahrscheinlich.