Brasilien hat zum dritten Mal hintereinander den Confederations Cup gewonnen – indem man Welt- und Europameister Spanien regelrecht vorgeführt hat. Die Seleção presste die sichtlich müden Spanier hoch an, schaltete schnell um und nahm den Iberern im Mittelfeld die Optionen. Dagegen war kein Kraut gewachsen. Zumal der Spielverlauf für Spanien auch ungünstig war: Frühes 0:1, Elfer verschossen, und dann auch noch in Unterzahl.
Natürlich hilft es, mit einem 1:0-Vorsprung in ein Finale zu gehen. Das reingenudelte Tor von Fred in der 2. Minute brachte Brasilien jenes Sicherheitsnetz, mit dem sie den Spaniern mit allen möglichen Mitteln begegneten – nichts davon war wirklich neu, aber in dieser Konsequenz und in dieser Fülle vereint, hatten die sicher auch müden Spanier nichts entgegen zu setzen.
Pressen, Zustellen, Umschalten
Die Seleção presste Spanien extrem hoch an, auch schon in den anderthalb Minuten vor dem ersten Tor. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Spanien genau das gar nicht mag, nur hat das noch sehr selten ein Gegner auch tatsächlich mit einem Tor bestraft. Es haben auch schon einige Teams probiert, den Weltmeister hoch anzupressen, wie etwa die Portugiesen im letztjährigen EM-Semifinale, aber die Ballsicherheit und die Klasse, wie auch die physische Verfassung erlaubte es den Spaniern dennoch immer, ihre Dreiecke im Mittelfeld zu bilden und somit zumindest halbwegs die defensive Kontrolle zu bewahren.
Italien versuchte es im Semifinale mit praktisch keinem Pressing, aber mit konsequentem Zustellen der Dreiecke und mit blitzartigem Umschalten von Defensive auf Offensive. Die Passivität im direkten Spiel gegen den Ball war bei den Italienern auch den heißen und luftfeuchten Gegebenheiten geschuldet. Die Brasilianer sind diese Bedingungen viel mehr gewohnt, hatten zudem im Halbfinale 30 Minute weniger zu spielen und einen Tag mehr Pause. Das erlaubte ihnen, Spanien anzupressen, die Dreiecke zuzustellen UND blitzschnell umzuschalten.
Spanien platt
Mit der Kombination aus allen diesen Voraussetzungen kam Spanien überhaupt nicht klar. Vor allem das brasilianische Zentrum mit Paulinho, Oscar und auch Luiz Gustavo ließ Xavi und Iniesta kaum Luft zum Atmen, Spanien fehlte die Zeit, um die Bälle zu verarbeiten und die offenen Mitspieler, um im Ballbesitz zu bleiben. Hinzu kam noch, dass die Spieler schlicht und einfach körperlich platt wirkten: Es fehlte die übliche Bewegung im Spiel ohne Ball, es gab so gut wie kein eigenes Pressing – all das verstärkte den Effekt natürlich noch. So gab es kaum einmal echte Torgefahr vor dem Gehäuse von Júlio César, aber zahlreiche gute Chancen für Brasilien, aus dem schnellen Umschalten heraus zu erhöhen.
Mit der Zeit ergaben sich auch immer mehr Räume für die Brasilianer zwischen dem spanischen Mittelfeld – das weiterhin dafür sorgen wollte, dass es nach vorne geht – und der spanischen Verteidigung, die auf die permanenten Gegenangriffe mit einer tieferen Abwehrlinie reagierte. Piqué musste darüber hinaus immer wieder für den mit Neymar überforderten Arbeloa aushelfen; Arbeloa machte auch diesmal sehr wenig nach vorne.
Del Bosque versucht’s mit Wechseln
So war Spanien auf beiden Flanken jeweils nur mit einem Mann vertreten: Links wie gewohnt mit Alba, weil sich Mata eher zentral orientierte; rechts mit Pedro, weil Arbeloa wenig half. Mit Neymar und Marcelo auf der einen Seite und der defensiven Unterstützung von Luiz Gustavo auf der anderen hatte Brasilien beide Außenbahnen im Griff – und das Zentrum durch das hohe Pressing und das geschickte Positionsspiel sowieso. Das 2:0 für die Seleção nach 45 Minuten war vollauf verdient.
Für den offensiv nutzlosen, defensiv unsicheren und gelbvorbelasteten Arbeloa brachte Del Bosque für die zweite Hälfte Azpilicueta, der sich gleich einmal damit einführte, dass es sich beim ersten brasilianischen Angriff aus der Position ziehen ließ und Fred die ihm gewährte Zeit am Ball zum 3:0 nützte.
Del Bosque brachte daraufhin Navas für Mata – Pedro ging auf die linke Seite – um mehr Optionen zu haben, das Spiel breit zu machen. Bei einem 0:3-Rückstand und klarer körperlicher Unterlegenheit natürlich nur noch eine kosmetische Maßnahme, zumal mit Ramos‘ verschossenem Elfmeter und der roten Karte für Piqué das Spiel längst gelaufen war. In Unterzahl spielte dann Busquets einen Hybrid aus Innenverteidiger und Sechser, Brasilien ließ es beim 3:0 bewenden.
Fazit: Guter Plan mit überlegener Physis umgesetzt
Scolari machte nichts anderes, als alle aktiven Mittel auszuschöpfen, die andere Teams schon gegen Spanien versucht haben – hohes Anpressen, Passwege zustellen, schnell umschalten. Die Spanier, die offenbar körperlich nicht mehr in der Lage waren, das gewohnte eigene Pressing zu etablieren, sich nicht genug freizulaufen und Räumen, die immer größer wurden, hatten keine Chance. Der 3:0-Sieg ist nicht einmal zu hoch.
Natürlich: Mit der Total-Vernichtung von Barcelona im CL-Halbfinale, dem schon recht mühsamen Auftritt gegen Italien im Semi und dem chancenlosen Finale bröckelt der Eindruck der spanischen Dominanz in diesem Jahr. Ob es wirklich schon eine Zeitenwende ist, steht aber auf einem anderen Blatt Papier. Die klimatischen Bedingungen in Brasilien sind Gift für pressing-orientierte europäische Mannschaften. Auch ist sicher mehr Gegenwehr von Spanien zu erwarten, sollte es ein echter Ernstkampf sein, und nicht „nur“ das Finale eines besseren Test-Turniers.
Die Brasilianer aber, das ist sicher, muss man für die WM auf der Rechnung haben. Sie machen nichts inhaltlich Außergewöhnliches, nichts taktisch besonders Innovatives – aber was sie machen, machen sie sehr gut; vor allem aber gibt es wenige echte Schwachstellen. Und sie kommen mit dem Wetter zurecht.
(phe)