Playoff gegen Russland – die Chance für Österreichs Fußball-Frauen, sich erstmals für ein großes Turnier zu qualifizieren. Die Teilnahme bei der EM 2013 im kommenden Juli in Schweden winkt. Dass man es aber überhaupt in diese Entscheidungsspiele geschafft hat, ist schon eine noch vor einem Jahr nicht für möglich gehaltene Leistung. Die Gruppenspiele, sie waren acht Spiele zum (vorläufigen) Glück. Ballverliebt blickt vor dem Hinspiel gegen die Russinnen auf die letzten 13 Monate zurück. Und lässt Teamchef Dominik Thalhammer zu jeder der acht Partien zu Wort kommen.
1:1 gegen Tschechien
[17. Sept. ’11 in Vöcklabruck, 800 Zuschauer. Tore: 0:1 (55.) Mocová, 1:1 (60.) Hanschitz. Wechsel: Entner für Hanschitz (64.), Makas für Ruiss (73.)]
Der Beginn der Reise in Oberösterreich. Gegen das Topf-2-Team aus Tschechien hieß es schon im ersten Spiel „verlieren verboten“, wollte man die als minimal gehandelte Chance auf Rang zwei nicht schon in der Start-Partie verspielen. Vor der Pause gaben die Gäste klar den Ton an, trafen die Stange, aber erzielten kein Tor. Das kam erst nach dem Seitenwechsel, durch einen einen Mocová-Freistoß, den Torfrau Kristler falsch berechnete.
Doch die ÖFB-Frauen steckten nicht auf, kamen postwendend zum Ausgleich – mit einer Aktion, in der Kapitänin Hanschitz ihr Nasenbein opferte. In der letzten halben Stunde war Österreich dank der besseren körperlichen Verfassung dem Siegtor näher, es blieb aber bei der Punkteteilung.
Thalhammer: „Da waren noch viele Lernfelder offen, taktisch und generell inhaltlich waren wir da noch ziemlich weit weg. Die Tschechinnen waren an diesem Tag sicher schlechter als im Rückspiel, aber letztlich war das Ergebnis gerecht.“
Stand in der Gruppe: Portugal 3, Tschechien 1, Österreich 1, Dänemark (-1 Spiel) 0, Armenien 0
0:3 in Dänemark
[22. Okt. ’11 in Vejle, 2.600 Zuschauer. Tore: 0:1 (32.) Harder, 0:2 (41.) Harder, 0:3 (90.) Harder. Wechsel: Manhart für Walzl (46.), Eder für Makas (75.), Gstöttner für Prohaska (80.)]
Die Erwartungen für das Spiel beim haushohen Favoriten der Gruppe waren sehr gering – und letztlich gab es in Vejle auch nichts zu holen. Ohne die im Tschechien-Spiel verletzte Hanschitz und ohne die verletzte Nina Burger stand man letztlich auf verlorenem Posten. Blondschopf Pernille Harder sorgte für alle drei Tore zum erwarteten dänischen Sieg.
Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen konnte: Es sollte der letzte Punktverlust für Österreich in dieser Quali-Gruppe bleiben.
Thalhammer: „Wir haben zu diesem Zeitpunkt die optimale Formation noch nicht gefunden. Da habe ich auch einiges probiert. Das Problem in dieser Partie war in erster Linie, dass das Abwehrverhalten zu passiv war. Sowas nützt Dänemark dann natürlich aus.“
Stand: Dänemark 6, Tschechien 4, Portugal 3, Österreich 1, Armenien 0.
3:0 gegen Armenien
[26. Okt. ’11 in Bruck an der Mur, 700 Zuschauer. Tore: 1:0 (17.) Feiersinger, 2:0 (40.) Tasch, 3:0 (71.) Gstöttner. Wechsel: Manhart für Schnaderbeck (59.), Rappold für Prohaska (74.), Makas für Manhart (86.)]
An einem frischen Herbst-Nachmittag wartete in der Obersteiermark der Punktelieferant der Gruppe. Dass es gegen Armenien einen Sieg geben würde, stand nie außer Diskussion. Die österreichische Abwehr verlebte einen ruhigen Tag, aber das Aufziehen eines eigenen Spiels klappte nicht wunschgemäß. Es brauchte zwei armenische Fehler, um den Riegel zu knacken.
Am Ende stand ein Erfolg, der keinen großen Glanz hinterließ, in einem Spiel, in dem es im Grunde außer drei Punkten auch nichts zu holen gab.
Thalhammer: „Es war ein klar verdienter Pflichsieg. Man muss aber sagen, dass wir da auch einige gute Chancen auf einen höheren Sieg ausgelassen haben.“
Stand in der Gruppe: Dänemark 9, Tschechien (-1 Spiel) 4, Österreich 4, Portugal 3, Armenien 0.
1:0 in Portugal
[19. Nov. ’11 in Pombal, 1.000 Zuschauer. Tor: 1:0 (13.) Feiersinger. Wechsel: Entner für Tasch (46.), Reischer für Kristler (65.), Gstöttner für Fischer (83.).]
Für das wichtige Spiel in Portugal waren Burger und Hanschitz wieder fit, aber das goldene Tor im 15.000-Seelen-Städtchen zwischen Lissabon und Porto erzielte Laura Feiersinger schon nach einer Viertelstunde. Die Österreicherinnen hätten den Sack schon vor der Pause zumachen können, aber nach dem Seitenwechel kam der Gastgeber auf.
So mussten einige bange Momente überstanden werden und die für die verletzte Anna-Carina Kristler eingewechselte Bibi Reischer einmal in extremis retten, eher der 1:0-Zittersieg feststand. Wichtig – denn damit war Portugal erst einmal distanziert.
Thalhammer: „Das war ein heroischer Kampf! Wir haben Portugal rund eine Stunde absolut beherrscht, aber dann sind wir noch ins Wanken kommen. Das war der erste große Schritt in Richtung des zweiten Platzes, ein extrem wichtiger Auswärtssieg.“
Stand in der Gruppe: Dänemark (-1 Spiel) 9, Tschechien (-1 Spiel) 7, Österreich 7, Portugal 3, Armenien 0.
4:2 in Armenien
[1. April ’12 in Jerevan, 120 Zuschauer. Tore: 0:1 (7.) Armenyan, 0:2 (10.) Ghukasyan, 1:2 (21.) Burger, 2:2 (27.) Haas, 3:2 (35.) Burger, 4:2 (59.) Burger. Wechsel: Prohaska für Puntigam (52.), Makas für Haas (62.), Eder für Feiersinger (70.)]
Das war ganz anders geplant – aber Fehler hinten resultierten in einem schnellen 0:2-Rückstand. Den einzigen Toren, die Armenien in der kompletten Quali schießen sollte. Was folgte, war ein österreichischer Sturmlauf, nach 27 Minuten war der Spielstand ausgeglichen, nach 35 war Österreich vorne. Dass Nina Burger kurz vor der Halbzeit einen Elfmeter verschoss, machte sie nach der Pause mit ihrem dritten Treffer wieder gut.
Am Ende gab es den eingeplanten Sieg, allerdings kostete er allen Beteiligten einiges an Nerven. Positiv allerdings: Man hat selbige nach dem kapitalen Fehlstart nicht weggeworfen.
Thalhammer: „Nach zehn Minuten hab‘ ich geglaubt, im bin im falschen Film! Wir haben uns dann noch rund zwanzig Torchancen erarbeitet und verdient gewonnen. Aber wir haben dabei viel mehr Kraft gelassen, als notwendig gewesen wäre.“
Stand in der Gruppe: Dänemark (-1 Spiel) 12, Tschechien (-1 Spiel) 10, Österreich 10, Portugal (+1 Spiel) 6, Armenien (+2 Spiele) 0.
1:0 gegen Portugal
[5. April ’12 in Wr. Neustadt, 2.300 Zuschauer. Tor: 1:0 (85.) Feiersinger. Wechsel: Makas für Haas (79.), Trödthandl für Burger (90.).]
Dauerregen in Wr. Neustadt, und Portugal hatte den klar besseren Start in die Partie. Nach und nach übernahm daraufhin das ÖFB-Team das Kommando, brachte das portugiesische Tor aber kaum in Gefahr. Ein Gestocher nach einer Ecke war die beste Chance vor der Pause, ein Abseits-Tor nach dem Seitenwechsel.
Vor Portugal musste man, je länger das Spiel andauerte, immer weniger Angst haben. Ein torloses Remis würde für das nächste Spiel in Prag aber absoluten Siegzwang bedeuten. Umso wichtiger, dass Laura Feiersinger fünf Minuten vor dem Ende doch noch zum entscheidenden Treffer nützen konnte.
Thalhammer: „Unser erstes Spiel vor einer großen Kulisse. Wir sind sehr geduldig aufgetreten, haben auf unsere Chance gewartet und sie dann auch wirklich noch genützt. Da war schon eine wirklich reife Leistung.“
Stand in der Gruppe: Dänemark (-1 Spiel) 15, Österreich 13, Tschechien 10, Portugal 6, Armenien (+1 Spiel) 0.
3:2 in Tschechien
[16. Juni ’12 in Prag, 400 Zuschauer. Tore: 1:0 (40., Elfmeter) Puntigam, 1:1 (44.) I. Martínková, 2:1 (45.) Prohaska, 3:1 (65.) Burger, 3:2 (87.) Divišová. Wechsel: Pöltl für Kirchberger (46.), Makas für Haas (48.), Eder für Puntigam (85.)]
Der Sieg gegen Portugal hieß: Ein Remis in der brütenten Hitze des Viktoria-Stadions von Prag, und die Chance auf den Playoff-Platz lebt. Ein Sieg aber, und dieser wäre schon fix. Wie im Hinspiel dominierte Tschechien das Geschehen in der ersten Hälfte, ehe Kapitänin Mocová einen Ball mit der Hand von der Linie kratzte. Ausschluss, Elfer, 1:0 – und nach dem postwendenden Ausgleich sofort das 2:1 nachgelegt.
Damit hatte Österreich in der zweiten Halbzeit totales Oberwasser, nützte einen Goalie-Fehler zum 3:1 und sah, wie die Tschechinnen völlig implodierten. Nur, um in der Schlussphase selbst die Flatter zu kriegen und den sicher geglaubten Sieg fast noch zu verspielen. Doch die drei Punkte wurden aus Prag entführt. Womit zumindest Gruppenplatz zwei bereits nicht mehr zu nehmen war.
Thalhammer: „Das war eine Nervenschlacht… Wir wollten unbedingt gewinnen und haben alles in die Waagschale geworfen. Es war auch etwas Glück dabei, weil uns der Spielverlauf in die Hände gespielt hat. Aber man muss das auch erst einmal ausnützen!“
Stand in der Gruppe: Österreich 16, Dänemark (-1 Spiel) 15, Tschechien 10, Portugal (-1 Spiel) 6, Armenien 0.
3:1 gegen Dänemark
[15. Sept. ’12 in St. Pölten, 2.600 Zuschauer. Tore: 1:0 (42.) Aschauer, 2:0 (47.) Burger, 3:0 (78.) Burger, 3:1 (90.) Nadim. Wechsel: Makas für Tieber (76.), Eder für Burger (86.), Pöltl für Aschauer (90.)]
Das Sahnehäubchen zum Ende: Elf Monate zuvor war Dänemark noch zumindest eine Nummer zu groß gewesen, nun erwischte man den Gruppen-Favoriten aber völlig auf dem falschen Fuß. Zwar hatte Dänemark zunächst die etwas besseren Chancen, aber nach österreichischen Toren kurz vor bzw. kurz nach der Pause – den ersten dänischen Gegentreffern überhaupt – fand sich der Favorit plötzlich 0:2 im Rückstand.
Und konnte damit überhaupt nicht umgehen, machte das Mittelfeld auf und wurde ein ums andere Mal ausgekontert. Als Nina Burger in Minute 78 gar auf 3:0 stellte, war die Sensation perfekt, Nadims Tor in der Nachspielzeit nur noch Kosmetik. Die Däninnen schlichen mit einem Gesichtsausdruck vom Feld, der sagte, „was hat uns den da jetzt erwischt…?“ Dennoch fixierten sie vier Tage später doch noch den Gruppensieg.
Thalhammer: „Wir haben viel Willen gezeigt, viel Disziplin, warn athletisch gut und haben, obwohl die Mannschaft blutjung ist, eine erstaunliche Routine gezeigt. Das war umso wichtiger, weil erstmals ein Spiel von uns live im Fernsehen übertragen worden ist.“
Endstand der Gruppe: Dänemark 21, Österreich 19, Tschechien 13, Portugal 6, Armenien 0.
Der Lohn für die sechs Siege in Serie? Zwei Spiele gegen Russland. Das erste am Sonntag in St. Pölten, das zweite am Donnerstag in Rostov am Don. Bei beiden Partien ist wiederum eine Live-Übertragung von ORF Sport+ geplant.
Und wenn Österreich auch die Hürde Russland nimmt, darf man sich beim ÖFB schon um ein Quartier in Schweden umsehen. Dann wären das Frauen-Nationalteam nämlich erstmals bei einer Europameisterschaft mit dabei.
(phe)