Mit einem sinnlosen Foul im Mittelfeld dezimierte sich PAOK. Rapid war bis dahin zwar die klar unterlegene Mannschaft, hielt aber mit dem 1:1 ein sehr ordentliches Resultat. Und was machte Peter Schöttel mit dem Geschenk, das die Griechen ihm und seinem Team mit dem Ausschluss eine Viertelstunde vor Schluss überreichte? Er warf es weg, so schnell er konnte. Die logische Strafe: PAOK gewann noch mit 2:1.
Zwei Schlüsselszenen gab es in diesem Spiel. Kurz hintereinander. Erst war es die 74. Minute, in der mit Cosmin Lazar der PAOK-Spieler im rechten Halbfeld gehen musste – dorthin war der Rumäne gerückt, als PAOK-Trainer Donis zur Halbzeit auf ein 4-3-1-2 umgestellt hatte. Das Heim-Team aus Griechenland hatte beim Stand von 1:1 einen Mann weniger auf dem Feld.
Und gleich danach, in der 77. Minute, die Reaktion von Rapid-Trainer Peter Schöttel. Der mit Steffen Hofmann seine hängende Spitze im 4-4-1-1 rausnahm, dafür Zerstörer Stefan Kulovits brachte. Ein Wechsel, der auf so vielen Levels unverständlich ist, dass man es durchaus als gerechte Strafe sehen kann, dass PAOK in Unterzahl noch das Tor zum verdienten 2:1-Sieg erzielen konnte.
Rückzug in Überzahl
Bis zu diesem Wechsel hatte Rapid zwar am Feld und was die Spielanteile betrifft deutlich das Nachsehen, aber die Aufteilung im Mittelfeld hatte ganz gut funktioniert. Denn dort war mit Markus Heikkinen ein Spieler, dessen Stärken eindeutig im Zerstören liegen. Und mit Momo Ildiz ein tief agierender Spielmacher, der als einziger Struktur und so etwas wie eine gewinnbringende Idee mit dem Ball hatte.
Durch diesen Wechsel in der 77. Minute wurde nicht nur die Balance im Mittelfeld zerstört, sondern gleichzeitig beraubte sich Peter Schöttel der Möglichkeit, die entstandenen Räume zu nützen und verzichtete somit freiwillig, ja, mutwillig auf den Vorteil, den PAOK seinem Team gerade gegeben hatte.
Denn Ildiz stand nun vorne neben Alar (bzw. Boyd) und war auf Anspiele angewiesen, die das Zerstörer-Duo Heikkinen und Kulovits in der Mittelfeld-Zentrale schon alleine aufgrund ihres Spielerprofils gar nicht geben können. Anstatt also darauf zu achten, den Ball in den durch den Ausschluss entstehenden Räumen zu halten und, wenn möglich, mit Ildiz‘ gescheiten Pässen nach vorne das Heft in die Hand zu nehmen, zog sich Rapid in Überzahl (!) noch weiter zurück als vorher.
So lud man den Druck förmlich ein und kassierte folgerichtig, praktisch als logische Strafe für einen solchen Wechsel, noch das Gegentor zum 1:2.
Erste Halbzeit: Rapid verteidigt und geht in Führung
Kein Zweifel: Schon in den 83 Minute vor dem Siegtreffer war PAOK die bessere und vor allem die viel gefährlichere Mannschaft gewesen. Vor allem in der Anfangsphase hatte PAOK einige gute Aktionen, weil in der ersten halben Stunde des Spiels die beiden zentralen Mittelfeld-Leute bei Rapid, eben Heikkinen und Ildiz sehr tief und sehr passiv agierten. Aufgrund der hohen Positionierung von Steffen Hofmann hatten Lazar und Kace in der Zentrale von PAOK somit viel Platz und Zeit, Anspielstationen zu suchen.
Rapid verteidigte nach außen, machte also die Mitte zu und ließ die Flügelspieler bei PAOK zumeist ungehindert bis zur Grundlinie durchgehen und verteidige die Flanken, die von dort in den Strafraum segelten. Das passierte auf Kosten eine Vielzahl an Ecken, aber letztlich funktionierte diese Taktik und man hielt dem ersten Angriffswirbel der Griechen stand. Mehr noch: Nach 25 Minuten ging Rapid sogar in Führung. Diese hatte wenig mit einem einstudierten Spielzug zu tun, sondern mehr mit wirklich sehr feinen Einzelleistungen von Ildiz und Alar, die sich beide gegen je drei Gegenspieler durchsetzten.
PAOK stellt um…
Weil man in der ersten Hälfte zwar klar tonangebend war, aber man vor allem durch das Zentrum keinen echten Zugriff auf den Rapid-Strafraum bekam, stellte PAOK-Trainer Donis für den zweiten Spielabschnitt sein System um. Aus dem flachen 4-4-2 wurde nun ein 4-3-1-2, aus dem der rechte Außenbahnspieler Giorgios Georgiadis ins Zentrum auf die Position hinter den beiden Spitzen rückte (wo Salpingidis nun Giannou ersetzte).
Im defensiven Mittelfeld zog Donis mit Teamspieler Fotakis (statt LM Bertrand Robert) einen Sechser ein, sodass Kace und Lazar etwas nach außen rücken konnten. Die Außenverteidiger Lino und Etto mussten nun also mehr Verantwortung im Spiel nach vorne übernehmen.
Weil Georgiadis weiterhin eher von der halbrechten Seite kam, war zumeist Ildiz sein Gegenspieler. So war der Taktgeber im Rapid-Spiel gebunden. Auf Heikkinen gab es hingegen so gut wie keinen Druck – die Griechen wussten ganz offensichtlich, dass von dem Finnen keinerlei Gefahr im Spiel nach vorne ausging.
…und kommt zum Ausgleich
Rapid war dadurch gezwungen, vermehrt über die Außenbahnen zu kommen, wo man in der Theorie eine 2-gegen-1-Überzahl hatte. Der Kompromiss von Donis, mehr über das Zentrum machen zu können und dafür die Flügel zu schwächen, zahlte sich in dieser Form nicht aus. PAOK kam zwar durchaus zu Chancen, unter anderem einem Aluminium-Treffer, aber so eingeschnürt wie vor allem in der Anfangsphase war Rapid nun nicht.
So nahm Donis in Minute 68 Georgiadis vom Feld und brachte Liam Lawrence. Der Ire spielte zwar vordergründig ebenso auf der Zehn wie Georgiadis, aber er wich auch mal auf die davor ziemlich vernachlässigte linke Angriffsseite aus. Dort war von Kace praktisch nichts zu sehen und Lino alleine kam gegen den defensiv gut arbeitenden Burgstaller kaum durch.
In der ersten Aktion von Lawrence über die rechte Seite konnte er gleich unbedrängt flanken und Athanasiadis, der vor allem kurz vor der Halbzeit eine unglaubliche Chance aus zwei Metern ausgelassen hatte, besorgte den verdienten Ausgleich. Fünf Minuten später schnitt dann Lazar Hofmann um. Die zweite gelbe Karte für den Rumänen. Der Ausschluss. Der eigentlich ein Vorteil für Rapid hätte sein müssen.
Hätte nicht Schöttel diesen Vorteil drei Minuten später weggeworfen.
Fazit: PAOK klar besser, aber die Rapid-Niederlage dennoch unnötig
Natürlich waren die Griechen praktisch über die gesamte Dauer des Spiels die bessere Mannschaft, waren aktiver, hatten mehr Chancen – darunter einige unglaubliche Sitzer, die ausgelassen wurden – aber trotzdem muss es sich Peter Schöttel ankreiden lassen, dass man in der Schlussphase nicht den Raum besser genützt hat und so zumindest das 1:1 über die Zeit brachte.
Ballbesitz ist die beste Defensiv-Strategie – vor allem gegen einen an sich besseren, aber dezimierten Gegner. Einen starken Passgeber wie Ildiz aus dem Mittelfeld-Zentrum rauszunehmen und dort ein Zerstörer-Duo reinsten Wassers zu installieren, wenn man genau dort eigentlich schauen müsste, den sich bietenden Platz zu nützen, mutet wie ein Rückfall in längst vergessen geglaubte, dunkle Tage an.
Und wer einen geschenkten Vorteil so leichtfertig verschludert, darf sich nicht wundern, wenn er noch verliert.
(phe)