Lustig waren die letzten Wochen aus Salzburger Sicht ganz und gar nicht. Umso erstaunlicher war die vor allem in der ersten Hälfte wirklich sehenswerte Vorstellung gegen Paris St. Germain – und Sventos Hammer in der Nachspielzeit könnte sich noch als sehr wichtig erweisen.
Ein Linksverteidiger in der Abwehrzentrale, ein Flügelstürmer im defensiven Mittelfeld, ein anderen als Zehner, ein Offensiv-Allrounder rechts hinten – nüchtern betrachtet, müsste es eigentlich in einem Desaster enden, so viele Spieler so weit weg von ihrer nominell stärksten Position spielen zu lassen. Und Salzburg hatte auch große Probleme in den letzten Wochen. Aber bei diesem Spiel gegen Paris St. Germain hat das über weite Strecken gut funktioniert und es resultierte in einem schönen 2:0-Erfolg.
Die Flügel
Hinteregger rückte bereits vor einigen Wochen statt des verletzten Sekagya in die Innenverteidigung (und machte dort sowohl defensiv als auch in der Eröffnung eine bessere Figur als Nebenmann Pasanen), dafür beackerte Jefferson die linke Seite, während mit Stefan Hierländer ein gelernte Offensiv-Spieler wiederum den Rechtsverteidiger gab. Die beiden taten das durchaus offensiv: Sie bemühten sich, wann immer es ging, nach vorne zu preschen und nahmen somit die PSG-Flügel Jallet (komplett) und Nene (weitgehend) aus dem Spiel. Außerdem hinterliefen sie gut ihre Vordermänner.
Diese hatte Ricardo Moniz entgegen ihren üblichen Gewohnheiten aufgestellt – also Jakob Jantscher rechts und Gonzalo Zárate links. Die beiden rückten ein und machten so dem defensiven Mittelfeld der Franzosen zusätzliche Arbeit, während auf den Flanken die Außenverteidiger für Breite sorgten. In der Mitte war Leonardo ein gern gesehener Anspielpartner.
Defensiv am ehesten ein Schwachpunkt war Jefferson. Der Brasilianer agierte forsch nach vorne, aber wenn er in der Rückwärtsbewegung unter Druck gesetzt wurde, fand er oft keinen Mitspieler und er spielte auch nicht die Sicherheitsvariante ins Seitenaus, sondern drosch den Ball aus der Drehung blind nach vorne. Nicht selten zu einem Gegenspieler, was wiederum zusätzliche Arbeit für Leitgeb und Svento bedeutete.
Das defensive Mittelfeld
Dennoch hatten die Bullen die Flanken gut im Griff – und weil mit Svento und Leitgeb zwei grundsätzlich eher kreative Spieler das defensive Mittelfeld besetzten, die gut aufgelegt waren, ging auch aus der Zentrale einiges an Initiative hervor. Die beiden versuchten, schnell nach vorne zu kommen und wechselten sich darin ab, wer aufrückte und wer absicherte. Außerdem schafften es die beiden, wie auch die anderen Spieler aus der Offensiv-Abteilung, den Franzosen die Zeit am Ball durch ansehnliches Pressing zu nehmen.
Das klappte auch deshalb, weil die beiden – keiner von ihnen ist ein klassischer Ballgewinner – defensiv wenig zu tun bekamen. Bodmer, der Pastore auf der Zehn ersetzte, stand oftmals zu hoch und er bekam kaum Bälle, die er wirklich verarbeiten konnte. So hatte Salzburg das Spiel im Griff und ging nach 20 Minuten auch durchaus nicht unverdient mit 1:0 in Führung: Jantscher bediente den aufrückenden Leitgeb und stahl sich selbst in den Rücken der Abwehr und verwertete Leitgebs Flanke dann am langen Pfosten.
PSG keine Einheit
Maierhofer hatte, wie auch in anderen Situationen, Gegenspieler gebunden und machte so durch seine schiere Präsenz Räume frei. Kam der Lange aber selbst an den Ball, war die Gefahr überschaubar. Salzburg machte es aber immer wieder gut, das auszunützen und präsentierte sich tatsächlich als halbwegs funktionierende Mannschaft. Ganz anders als die Gäste aus Paris: Ohne die individuelle Klasse von Pastore auf der Zehn, ohne die Spieleröffnung von Matuidi auf der Sechs, ohne die Power von Ménez auf dem rechten Flügel und ohne die Sicherheit von Sakho in der Innenverteidigung fehlte der etwas zusammengewürfelten Truppe die Einheit.
So gab es viele Fehlpässe, weil die Laufwege nicht stimmten. So klappte das Übergeben von Maierhofer nicht, weil zwischen Camara und Bisevac die Abstimmung nicht gegeben war. So entstand kaum ein geregeltes Spiel nach vorne, weil PSG mit dem Pressing der Salzburger kaum zurecht kam. Ja, es gab schon die eine oder andere Torchance, aber generell zeigten die Franzosen nicht annähernd, was sie eigentlich zeigen können müssten.
Kein Herausrücken mehr
Das alles wurde nach der Pause deutlich besser, aber vor allem deshalb, weil die Bullen den Gegner nun viel mehr gewähren ließen. Es gab kaum mehr ein Flügelspiel – Hierländer und Jefferson schlugen schon aus relativ tiefen Positionen die langen Bälle nach vorne, und konnte dort doch einmal ein Ball behauptet werden – was nicht mehr allzu oft vorkam – gab es kein nennenswertes Aufrücken. Vorne waren die Offensivkräfte auf sich alleine gestellt, Torchancen konnten keine mehr kreiert werden.
Anders bei PSG: Chantôme und Sissoko rückten mehr auf, sodass Leitgeb und Svento beschäftigt waren, und die Zurückhaltung seitens der Bullen spielte dem deutlich aktiveren Zugang der Pariser in die Hände. Das verstärkte sich noch, als mit Gameiro eine neue hängende Spitze kam (statt Chantôme) und Bodmer in seine angestammte Position auf der Acht zurück gehen konnte.
Kein Kapital aus Übergewicht
Moniz hatte bereits reagiert, indem er mit Cziommer einen gelernten zentralen Mittelfeldspieler brachte (für Jantscher), dafür Svento auf seine linke Seite gehen konnte, Leonardo auf die rechte auswich und Zárate vermehrtdie Mitte besetzte. So konnten die Bullen das Zentrum einigermaßen beruhigen und Gameiro isolieren, nach vorne ging aber weiterhin nichts.
Genauso wie PSG aus dem deutlichen Übergewicht, das sich die Mannschaft erarbeiten konnte, kein Kapital zu schlagen verstand. Je näher es dem Ende entgegen ging, desto mehr hatte man aber seltsamerweise den Eindruck, dass die Salzburger mit dem 1:0 zufrieden waren, obwohl ihnen ein so knapper Sieg eigentlich nur begrenzt weiterhalf, ein 2:0 dafür alles in ihre Hände spielen würde.
So war es am Ende ein Gewaltakt, mehr Zufall als geplante Aktion, die in der 94. Minute doch noch zum 2:0 durch Dusan Svento führte. Teigl (der in den Schlussminuten die rechte Seite übernahm) hatte eine Ecke herausgeholt, danach aber Zeit geschunden und die Ausführung verzögert. Wirklich mit aller Macht auf das zweite Tor hatten es die Bullen also wohl nicht angelegt…
Fazit: Geschwächtes PSG bestraft
…und dennoch ist der Sieg nicht ganz unverdient. Weil man bei den Bullen, ganz anders als in den letzten Wochen, das Gefühl hatte, dass eine Mannschaft auf dem Platz stand, in der einer für den anderen rennt. Zumindest eine Halbzeit lang: Denn nach dem Seitenwechsel kehrte wieder jene Passivität zurück, die (über einen kürzeren Zeitraum) zur jüngsten sportlichen Krise und (über einen längeren Zeitraum) die Zuschauer in Salzburg so verscheucht hatten, dass zu diesem entscheidenden Europacup-Spiel gegen einen attraktiven Gegner nur noch magere 8.000 Leute ins Stadion gekommen waren.
Bei PSG nahm man das Spiel offenbar nicht so richtig ernst, es fehlte der Nachdruck und die Kompaktheit vor allem in der ersten Hälfte und an Durchschlagskraft und Flexibilität (das System wurde mehr oder weniger unverändert gelassen) im zweiten Spielabschnitt. Die aufgestellte Mannschaft konnte jene Eigenschaften, welche die fehlenden Akteure sonst einbringen, nicht ersetzen.
Schlecht für die Pariser und deren Trainer Antoine Kombouaré. Gut für die Bullen, die mit einem Sieg in Bratislava am letzten Spieltag alles klar machen können.
(phe)