Schlechte Abwehrreihen, viele Ungenauigkeiten, aber dadurch viele Tore und einige Spannung prägten das fußballerisch eher maue, aber dennoch recht unterhaltsame Finale des Gold-Cups. In dem sich die höhere Klasse der schnellen „Tri“ aus Mexiko verdient durchsetzte.
95.000 Fans bei einem Fußballspiel in den Staaten – ja, das geht. Im der rappelvollen Rose Bowl ging zwar Mexiko nach den gezeigten Leistungen im Turnier als leichter Favorit, aber die Amerikaner gingen nach einem Eckball früh in Führung: Bradley war Castro entwischt, und schon stand’s 1:0.
Die Mexikaner waren aber dennoch von Anfang an bemüht, das Spiel zu gestalten und versuchten das vor allem über die rechte Seite. Weil Giovani dos Santos statt einer hängenden Spitze einen fast klassischen Rechtsaußen gab und hinter ihm Barrera und Juarez fleißig nach vorne marschierten, ging fast alles für diese Flanke: Dempsey kam so offensiv gar nicht zur Geltung und LV Eric Lichaj war heillos überfordert. Er war schnell von den Mexikanern als Schwachstelle ausgemacht worden und wurde entsprechend bearbeitet.
Dennoch hatte die Tri Schwierigkeiten Javier Hernández in der Mitte zu bedienen. Der Shooting-Star von Manchester United bewegte sich gegen die recht statische amerikanische Innenverteidigung sehr viel, aber Bocanegra und Goodson konnten es halbwegs verhindern, dass Hernández an den Ball kam. Die linke Seite der Mexikaner hingegen fiel völlig ab: Carlos Salcído, vor einem Jahr bei der WM noch der beste Linksverteidiger des Tunriers, machte eine schreckliche Partie und wurde nach einer halben Stunde folgerichtig ausgetauscht.
Systematisch waren beide Teams sehr ähnlich aufgestellt, die Flankentendenz von Giovani war der einzige echte Unterschied. Beide spielten mit 4-4-2-Varianten. Bei beiden spielte ein zentraler Mittelfeldmann tief (Bradley bzw. Torrado), bei beiden lief das Spiel am anderen ziemlich vorbei (am völlig unsichtbaren Jones, der wie ein kompletter Fremdkörper in der Mannschaft wirkt, allerdings mehr als an Israel Castro). Somit wurde bei beiden Teams versucht, das Mittelfeld schnell zu überbrücken, nicht selten mit langen Bällen.
Amerikaner doppeln nach, werden aber geschwächt
Keine gute Figur machte aber auch die Innenverteidigung der Mexikaner in der 21. Minute, als mit einer Serie von schnellen, kurzen Pässen Márquez und Moreno ausgehebelt waren und Landon Donovan (der für ihn ungewohnt als Sturmspitze spielen musste) mühelos zum 2:0 einschieben konnte. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits Rechtsverteidiger Steven Cherundolo verletzungsbedingt aus dem Spiel – Bornstein ging auf die linke Seite, dafür ging Lichaj nach rechts. Was für Guardado und den statt Salcído eingewechselten Torres-Nilo eine Einladung erster Güte war.
Zudem begann nun die recht statische US-Innenverteidigung, vom schnellen Hernández ein ums andere Mal überrumpelt zu werden, viel besser ging es Bornstein mit Giovani und Barrera auch nicht. So fiel, nachdem schon Hernández den Pfosten getroffen hatte, Barrera nach einem schnell ausgeführten Freistoß zum Anschlusstreffer und Guardado nützte ein Komplett-Blackout noch vor der Pause zum verdienten 2:2-Ausgleich.
Mexiko bleibt dran
Nach der Pause wurde das von vielen ungenauen Pässen und wenig konkreten Aktionen geprägte Spiel zwar nicht besser, aber die Mexikaner blieben konsequenter. Gegen die Amerikaner, die in der Defensive weiterhin zu weit von den Gegenspielern wegblieben, konnte mit schnellen Kombinationen zum Erfolg gekommen werden. Und als Barrera eine dieser Aktionen, die nicht durch einen ungenauen Pass abgebrochen wurden, zum 3:2 abschloss, war die Tri endgülig auf der Siegerstraße.
US-Teamchef Bob Bradley reagierte auf das offene Mittelfeld, indem er auf ein 4-2-3-1 umstellte. Supertalent Juan Agudelo kam statt den unauffälligen Bedoya und ging in die Spitze, dahinter fädelten sich Donovan (links), Dempsey (zentral) und Adu (rechts) auf. Und tatsächlich gelang es mit dem zusätzlichen Mann im Mittelfeld nun besser, das Spiel etwas in die Hand zu nehmen, und beinahe wäre das auch belohnt worden. Doch Dempsey traf nur die Latte.
US-Defensive überfordert und langsam
Hernández und vor allem Giovani blieben aber ein ständiger Gefahrenherd, der für die überforderten Außen- und die langsamen Innenverteidiger nie wirklich unter Kontrolle gebracht werden konnte. So war es kein Wunder, dass nach einem völlig verunglückten Rettungsversuch aus der Ecke der Ball bei den Mexikanern landete, Tim Howard eher unmotiviert herauskam und Giovani mit einem sehenswerten Heber das 4:2 besorgte.
Was für Bob Bradley aber immer noch kein Anlass war, volles Risiko zu gehen: Anstatt alles nach vorne zu werden, ersetzte er Adu positionsgetreu mit Sacha Kljestan. Doch auch er konnte den mexikanischen Sieg nicht mehr gefährden.
Fazit: Mäßiges Niveau trotz vieler Tore, Bob Bradley vor dem Aus
Mexiko war über die ganze Spielzeit gesehen das klar bessere Team und darf sich zu Recht Goldcup-Sieger nennen, vor allem die quirlige Abteilung Attacke war der US-Defensive klar überlegen. Die Amerikaner schafften es aber auch zu lange nicht, das Mittelfeld unter Kontrolle zu bringen (wo war Jones?) und vorne fehlte es trotz der beiden frühen Tore an Durchschlagskraft – sowohl Donovan, eigentlich Flügelmann im Mittelfeld, als auch Adu, eigentlich eher hängende Spitze, sind eher Vorbereiter als Torjäger.
Generell sagt nicht nur das Finale, sondern das ganze Turnier mehr über das US-Team als über die Mexikaner aus. Bei der Tri weiß man spätestens seit dem Auftritt in Südafrika, dass es eine mit starken, jungen Spielern gespickte Mannschaft ist, die technisch stark ist und hohes Tempo gehen kann. Bei den Amerikanern aber stagniert die Mannschaft, es war ein ganz schwacher Goldcup für das Team aus den Staaten.
Schon in der Gruppe gab es ein peinliches 0:1 gegen Panama, mit einem Zittersieg gegen Guadelupe wurde erst im letzten Moment das Viertelfinale gesichert. Weil die MLS (die sportlich deutlich anzieht, in den letzten Jahren) nicht pausierte, konnte Bob Bradley nur auf einen einzigen seiner Stammspieler aus der heimischen Liga zurückgreigen (Donovan), die Mannschaft war nicht kompakt, es fehlt an der Abstimmung, es gibt – vor allem, wenn Donovan ganz vorne spielen muss – niemanden, der das Spiel in die Hand nimmt. Kurz: Das Team stagniert. Es wäre keine Überraschung, sollte der schon länger nicht mehr unumstrittene Bradley nun tatsächlich den Hut nehmen müssen.
(phe)