Nach einer tollen Aufholjagd noch in die Relegation gekommen – das galt sowohl für M’gladbach als auch für Bochum. Im Hinspiel zeigte die Borussia aber, dass sie der Bundesligist ist: Nur, weil gerade gegen Ende zu viele Chancen liegen gelassen wurden, ist für die in diesem Spiel zu umständlich agierenden Bochumer noch alles drin.
Was Bochum-Trainer Friedhelm Funkel unter „sicher stehen“ meinte, wurde relativ schnell klar: Mit Toski und Dabrowski hatten seine beiden zentralen Spieler der vorderen Viererreihe im 4-1-4-1 kaum eine andere Aufgabe, als die beiden Sechser von Gladbach, Neustädter und Nordtveit, aus dem Spiel zu nehmen: Die beiden Bochumer folgten den beiden Gladbachern fast auf Schritt und Tritt, übten dabei zwar keinen überharten Druck aus, ließen ihnen aber kaum Zeit am Ball und somit auch keine Bindung zum restlichen Spiel zu.
Interessant auch zu beobachten, dass durch die Fixierung auf das Gladbacher Zentral-Duo Toski und Dabrowski oft sogar deutlich höher standen als die beiden Flügelstürmer bei Bochum, Korkmaz und Freier. Die beiden arbeiteten sehr viel nach hinten: Jantschke und Daems kamen so zwar selten wirklich an ihren Gegenspielern vorbei und ins 1-gegen-1 mit den Außenverteidigern. Sie kamen aber im Gegenzug selbst defensiv kaum unter Druck, weil Bochum die eigenen Angriffe zumeist viel zu umständlich und langsam ausspielte, sodass sich die Gladbacher wieder stellen konnten.
Nur wenn sich Bochum locken ließ
Dennoch: Die Fohlen taten sich gegen das dichte Defensiv-Konzept der Bochumer schon einigermaßen schwer. Oft waren sie gezwungen, in der Verteidigung mit dem unsicheren Dante und dem deutlich stabileren Stranzl (der sich extrem stabilisiert hat, seit Lucien Favre Trainer wurde) hin und her zu spielen. Während sich der Brasilianer mit der auffälligen Frisur in der Spieleröffnung zumeist zurück hielt – was eine gute Idee war, wie seine teils haarsträubenden Fehlpässe deutlich zeigten – trug Stranzl den Ball oft bis zur Mittellinie, um Jantschke das Aufrücken zu erlauben. Erst in der zweiten Hälfte taute auch Dante auf.
Zu wirklicher Torgefahr kam es aber nur nach Standardsituationen, oder wenn es gelang, Bochum herauszulocken. Hier war die Marschroute klar erkennbar: Wenn die Gäste selbst eine Aktion nach vorne starteten oder eine Standardsituation vorfanden, zündete Gladbach nach Ballgewinn sofort den Turbo und kam so schnell wie möglich vor das Tor. Lobend erwähnt gehört an dieser Stelle vor allem Stürmer Mo Idrissou, der viel arbeitete, sich gut bewegte und immer wieder versuchte, vor allem mit Arango auf der linken Angriffsseite zusammen zu spielen.
Dennoch: Das Bochumer Konzept war durchaus nicht ohne jeden Erfolg, zwei tolle Chancen blieben ungenützt – einmal klärte Daems nach einer Ecke auf der Linie, dann verschluderte Maltritz einen schnellen Konter nach einer Gladbacher Ecke. Die reifere, nach vorne aktivere Mannschaft war aber ganz klar das Heimteam.
Offeneres Mittelfeld nach der Pause
Für die zweite Hälfte brachte Funkel statt des abgemeldeten Mirkan Aydin seinen nordkoreanischen WM-Stürmer Jong Tae-Se. Die eigentliche Änderung spielt sich aber in der Mittelfeldzentrale ab: Dort ließen Toski und Dabrowski nun etwas von ihren Gegenspielern ab, um sich vermehrt über ihre jeweiligen Seiten in das Angriffsspiel einschalten zu können. Das erlaubte vor allem Paul Freier, sich weiter nach vorne zu orientieren und auch Björn Kopplin, der Arango über die ganze Spielzeit recht sicher im Griff hatte, könnte ebenfalls aufrücken.
Was allerdings nichts daran änderte, dass die Angriffsbemühungen von Bochum weiterhin zu umständlich waren und wenig Torgefahr erzeugten – auch nicht, als Federico für den schwachen Korkmaz eingewechselt wurde. Üüüüümit machte zwar gegen Reus einen guten Job, versuchte nach vorne aber zu oft zu offensichtlich, Freistöße zu schinden und nur eine einzige seiner Flanken kam halbwegs genau vor das Tor.
Gladbach kommt nun zu Chancen
Lucien Favre brachte nach etwa einer Stunde mit Igor de Camargo einen frischen Mann für die kräfteraubende Rolle des zweiten bzw. hängenden Stürmers statt Idrissou. Ein guter Wechsel, denn obwohl der Kameruner keine schlechte Partie abgeliefert hatte, brauchte es nun doch einen frischen Mann, der die immer müder werdende Bochumer Defensive vor Probleme stellen konnte. Und tatsächlich häuften sich nun die wirklich guten Torchancen der Gladbacher – Hanke nach Arango-Flanke (68.), Dante nach Eckbällen (74., 84.) und erneut Hanke (87.) hätten allesamt für die längst überfällige Führung sorgen müssen.
Bei Bochum war recht schnell nach Spielbeginn klar, dass man aus Sicht der Gäste mit einem Remis durchaus leben konnte und im Grunde änderte sich daran bis zum Schluss nichts. Nach zwei direkten Wechseln (Jong für Aydin vorne, Federico für Korkmaz links) war der dritte kurz vor Schluss, als Spielgestalter Azaouagh für den in seiner Rolle eher defensiven Toski kam, eher nur Alibi – denn der Deutsch-Marokkaner reihte sich nahtlos und unauffällig in die offensive Viererkette ein.
Und just als sich die Bochumer aus der Umklammerung etwas befreien konnten, durch einen Dabrowski-Weitschuss (90.) sogar noch zu einer Chance kamen und das 0:0 fix schien, fiel doch noch das verdiente Gladbacher Siegtor. Typisch für das Spiel: Erst hielt Luthe großartig, dann verstoplerte der schwache Hanke kläglich – und De Camargo stand richtig und versenkte den Ball im Netz…
Fazit: Späte Belohnung für das bessere Team
Taktisch war diese Partie nicht übermäßig interessant – sie lebte von der Spannung und der Tatsache, dass so eine Relegation eben eine Alles-oder-Nichts-Situation ist. Mönchengladbach war hierbei aber die deutlich zielstrebigere, ballsicherere und auch reifere Mannschaft, die einen verdienten, aber über die 90 Minuten wohl nicht ausreichend hohen Sieg einfahren konnten.
Bochum legte es von Anfang an sehr defensiv aus und wäre mit dem 0:0 sicherlich zufrieden gewesen, wiewohl auch der Zweitligist durchaus die eine oder andere Torchance vorgefunden hat. Im Endeffekt wurde man für die vorsichtige Spielweise und vor allem das viel zu umständliche Spiel nach vorne noch bestraft.
Dennoch lässt das Resultat von 1:0 für Mönchengladbach für das Rückspiel alle Möglichkeiten offen. Eine Entscheidung in der Frage, wer den letzten verbleibenden Platz in der nächstjährigen Bundesliga-Saison erhält, hat dieses Hinspiel beileibe noch nicht gebracht.
(phe)