Ancelotti amputiert Chelsea – mit Torres

Letzte Chance… vorbei! Im direkten Duell hätte Chelsea bei Manchester United mit einem Sieg die Tabellenführung übernommen. Letztlich gewann United aber hochverdient mit 2:1 und ist praktisch Meister. Auch, weil Ancelotti mit der Einwechslung von Torres sein Team massiv schwächte!

Manchester Utd - Chelsea FC 2:1

Wie üblich in den letzten Wochen, und wie durchaus erfolgreich im Viertelfinale der Champions League eben gegen Chelsea, stellte sich United im 4-4-1-1 auf. Valencia bekam den Vorzug vor Nani, ansonsten spielte bei Manchester das beste, was das Lazarett hergab – also wiederum das sehr gut funktionierende Mittelfeld-Duo Carrick und Giggs, und vorne Hernández. Der gleich nach einer halben Minute die Tatsache ausnützte, dass Terry und David Luiz zu weit auseinander standen, und prompt stand’s 1:0 für United.

Was für Chelsea natürlich die reinste Katastrophe war, sclhießlich war das ja das Spiel der letzten Chance im Kampf um den Titel. Ancelotti kam mit einem 4-3-3 daher, ließ dabei Torres zunächst auf der Bank und flankierte Drogba mit Malouda links und Kalou rechts. Die Blues spielten sehr eng, versuchten das zentrale Dreieck von United mit einem eigenen (Mikel, Essien und Lampard) zu neutralisieren und die Flügel zogen früh nach innen, um sich so den Umklammerung der Außenverteidiger zu entziehen.

Fehlende Breite

Das erforderte natürlich von Ashley Cole und Branislav Ivanovic viel Arbeit nach vorne, genau dabei haperte es aber. Denn Cole wurde sehr viel von Valencia beschäftigt, der recht konsequent die Linie hielt und sich mangels eines zweiten Gegenspielers im Mittelfeld auch immer wieder hervorragend für Anspiele anbot. Auf der anderen Seite war Ivanovic ganz schlicht und einfach schlecht – Park Ji-Sung konnte den Serben unbehelligt lassen und selbst ins Halbfeld ziehen und sich mit Rooney verbinden, ohne dass Ivanovic wirklich ins Spiel kam. Im Gegenteil, oft musste sogar David Luiz aus dem Zentrum raus und die Löcher stopfen, die Ivanovic hinterließ.

Mit der frühen Führung im Rücken hatte United natürlich nicht mehr den unbedingten Drang nach vorne, aber dennoch waren es in einer flotten Partie die Hausherren, die einen besseren Eindruck hinterließen. Vor allem die langen Anspiele auf Valencia streckten das Spiel sehr gut, Chelsea vermochte es oftmals nicht, wirklich Druck auf den Ballführenden auszuüben und so kam das 2:0 für Manchester, wenn auch aus einem Eckball gefallen, durchaus nicht unverdient.

United leht sich ein wenig zurück

Da Chelsea nun schon drei Tore brauchte, um den Titel weiterhin aus halbwegs eigener Kraft zu erringen, zogen die Blues natürlich etwas an, auch wurde ihnen nun immer mehr Ballbesitz überlassen, aber ein Anschlusstreffer gelang ihnen zumindest bis zur Pause nicht. Beim Team von Sir Alex hatte man aber trotzdem nie den Eindruck, dass ihnen die Partie wirklich aus den Händen gleitet.

Ancelotti nahm zur Pause zwei Wechsel vor – Alex für David Luiz in der IV und Ramies für Mikel. Essien übernahm nun den Part auf der Sechs und Ramires im rechten Halbfeld, wirklich Unterschied machte das aber nicht. Ja, Ramires zeigte etwas mehr Präsenz als Essien auf dieser Position, aber wirkliche Änderung brachte erst die Maßnahme von Ancelotti, nach einer Stunde den glücklosen Kalou für Torres aus dem Spiel zu nehmen.

Die alte Leier mit Drogba & Torres

Es ist ja nichts Neues: Mit beiden Stoßstürmern auf dem Feld fehlt Chelsea einfach das kreative Moment aus dem Mittelfeld, weil Ancelotti mit den beiden fast gezwungen ist, auf ein 4-4-2 umzustellen – und hier fehlt es im Kader von Chelsea nun mal an einem Spieler, der aus dem Mittelfeld die beiden sinnvoll bedienen kann. Im vorliegenden Fall ging Ramires auf die rechte und Malouda auf die linke Seite, mit Lampard und Essien im Zentrum – und vorne zwei Immobilien. Ja, Lampard gelang wenige Minute später der Anschlusstreffer, aber mit der Umstellung hatte das wenig zu tun.

Das Problem mit Torres ist, dass er absolut nichts dazu beiträgt, ein 4-4-2 funktionstüchtig zu machen. Das braucht nun mal zwei Stürmer, die ständig in Bewegung sind, sich anbieten, die gegnerische Spieleröffnung zu stören, und auch mal ein paar Schritte mit dem Ball am Fuß in Kauf nehmen. Torres macht nichts davon: Verglichen mit dem Spanier spulte sogar Toni Polster wahre Marathondistanzen ab. Mangelnde Fitness ist ein Jahr nach der Verletzung keine Ausrede mehr, mangelnde Spielpraxis auch nicht. Immer mehr drängt sich einem der Eindruck auf, bei Torres fehlt es am Willen.

United ohne echte Probleme

So fügte Ancelotti mit der Hereinnahme von Torres seiner Mannschaft letztlich mehr Schaden zu, als er wirklich geholfen hätte. United erkannte daher bald: Um die beiden Stürmer braucht man sich keine Sorgen machen, die haben Vidic und Ferdinand locker im Griff, und letztlich brauchte es auch keine übertriebene Angst vor dem Mittelfeld von Chelsea zu haben, da aus dem Zentrum nichts kam und die Außen ziemlich abgemeldet waren.

So hatte Manchester nicht nur keine Probleme, den Sieg über die Zeit zu bringen, sondern kann sich sogar noch ärgern, nicht eine der zahllosen guten Chancen in der Schlussphase genützt zu haben, ein drittes oder gar viertes Tor zu erzielen.

Fazit: Manchester ist ein verdienter Meister

Es braucht sich niemand mehr etwas vormachen: Manchester United ist zum 19. Mal englischer Meister, die sechs Punkte Vorsprung gibt das Team von Sir Alex in den letzten beiden Spielen nicht mehr ab. Nach dem schnellen Rückstand fehlten Chelsea die Mittel, einem cleveren und kompakten Gegner noch zwei Tore zu schießen, und mit der Hereinnahme des inferioren Torres nahmen sich die Blues den letzten Funken Hoffnung.

So ist United zweiffellos ein verdienter Meister, wiewohl es sicherlich nicht der glanzvollste von Sir Alex‘ Titeln ist. Nein, Manchester war alles andere als glanzvoll und den Vergleich mit diversen früheren Meister-Teams von Old Trafford – jene von 2008 etwa – hält die aktuelle Mannschaft eher nicht stand. Aber das Meister-Team von 2011 zeigte die wenigsten Schwächen und war ohne jeden Zweifel die konstanteste der Saison.

Dabei hat auch sicher geholfen, dass Ferguson nicht mitten im Jahr einen 60 Millionen teuren, aber absolut willenlosen Stürmer in die Mannschaft gepflanzt bekam…

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.