Nein, schön war’s nicht. Und nein, als besonders unterhaltsam kann man das dritte Spiel der Clásico-Serie, diesmal das Hinspiel im CL-Semifinale, auch nicht bezeichnen. Real versuchte, sicher zu stehen und Barça zu provozieren – aber Pepes Ausschluss und Messis Doppelpack sprechen am Ende für Barcelona.
Ja, auf eine gewisse Art und Weise schafft es José Mourinho immer wieder, so manchen zu überraschen. Denn wer immer für dieses wohl wichtigste der vier Clásicos radikale Experimente vom Real-Coach erwartet hat, wurde widerlegt: Die Formation war dieselbe wie beim 1:0-Sieg nach Verlängerung im Cupfinale, also ein defensiv ausgerichtetes 4-3-3 ohne echten Stürmer, mit Cristiano Ronaldo als Falscher Neun. Das Personal ergab sich von selbst, da Khedira verletzt ist (statt ihm spielte Lassana Diarra) und Carvalho gesperrt war. Und die Spielanlage ähnelte nach zehn äußerst aggressiven Anfangsminuten ganz frappant dem ersten Spiel der Serie: Abwarten, Räume eng machen, Barcelona den Ball überlassen. In der ersten Hälfte sammelte Barcelona bis zu 80% Ballbesitz.
Da war die Aufstellung von Pep Guardiola beinahe interessanter: Der im Cupfinale nach Verletzung geschonte Kapitän Puyol kam wieder zurück, allerdings nicht ins Zentrum, sondern auf die linke Seite, weil weder Adriano Correia noch Maxwell (und schon gar nicht der erkrankte Abidal) zur Verfügung standen. Innen verteidigte wiederum Mascherano, Busquets spielte auf der Sechs, Keita ersetzte den wohl angeschlagenen Iniesta und auf den Flügeln spielte ungewohnterweise Pedro links und Villa rechts. Dass es ein offensives 4-3-3, wiederum mit Messi als Falscher Neun war, versteht sich von selbst.
Nach aggressivem Beginn regiert die Vorsicht
Real begann mit brutalem Forechecking und heftigem Pressing, sodass man ein ähnliches Spiel wie das Cupfinale erwarten hätte können. Die Königlichen gingen sofort auf den Ballführenden, vor allem Lassana Diarra und Pepe taten sich da im Mittelfeld hervor. Xavi und Mascherano sollte überhaupt keine Zeit zur Spieleröffnung gegeben werden. Das klappte gut: Barca musste in dieser Phase immer wieder auf lange Bälle zurückgreifen, bzw. in der Abwehr den Ball in Bedrängnis blind hinausdreschen.
Doch nach zehn Minuten war dieses Spiel wie abgerissen. Real zog sich zurück, überließ den Katalanen den Ball und verlegte sich darauf, mit guter Raumaufteilung den Gegner nicht zu nah vor das eigene Tor kommen zu lassen. Immer wieder gab es kurze Outbursts von Pressing, in denen überfallartig nach vorne gepresst wurde, aber Barça hatte das gut im Griff. Nach etwa 20 Minuten wechselten Cristiano Ronaldo und Özil die Plätze, wirklich geändert hat sich dadurch aber nichts.
Pedro und Villa blieben beide sehr weit Außen, um ihre Gegenspieler Arbeloa und Marcelo ebenfalls an die Seitenlinie zu ziehen und die Verteidigung so auseinander zu reißen. Allerdings schaffte es Barcelona nicht, auch wirklich Zugriff auf den Platz in der Abwehrzentrale der Madrilenen zu bekommen. Zum einen, weil dort eine Anspielstation fehlte – Keita ging immer wieder dorthin, sah aber in der Spitze keine Bälle – und Messi ist einfach nicht der Spielertyp dafür. Und im Mittelfeld machten Alonso, Pepe und Diarra einen guten Job, Barcelona zwar den Ball zu überlassen, aber ein Durchkommen praktisch unmöglich zu machen. Zudem blieben Dani Alves (gegen Di María) und Puyol (gegen Özil bzw. Ronaldo) recht weit hinten, sodass es auf den Flanken nicht gelang, Dreiecke zu etablieren.
So verging die erste Hälfte ohne nennenswerte einzelne Aktionen, und nur diverse Schauspieleinlagen vertrieben den immer unruhiger werdenden Fans in Madrid die Zeit. Sowohl bei Real (Di María) als auch bei Barcelona (Busquets) wurde immer wieder versucht, mehr aus (oftmals vermeintlichen) Fouls heraus zu holen, als wirklich da war. Der deutsche Referee Wolfgang Stark, der ja in der Bundesliga eine an seinen Maßstäben gemessen miserable Saison pfeift, machte hier eine blitzsaubere Partie.
Pepe stoppt den Vorwärtsgang
So ein wenig mehr Initiative zeigte Real zu Beginn der zweiten Hälfte dann schon, nicht nur, weil Adebayor für Özil gekommen war – dem filigranen Deutschen lag die rustikale Spielweise seiner Mannschaft nicht. Es war nun aber wieder der Versuch erkennbar, höher zu stehen und früher zu attackieren. Durchaus nicht ohne Effekt, denn es gelang tatsächlich, Barcelona nicht in das den Katalanen eigene Spiel zurückkommen zu lassen. Doch was sich nicht änderte, war die gehässige Note im Spiel. Die dem traurigen Höhepunkt des hässlichen Einsteigens von Pepe gegen Dani Alves: Der Portugiese rammte dem Brasilianer aus vollem Lauf den getreckten Fuß auf’s Schienbein und flog folgerichtig vom Platz.
Dass auch der meckernde Mourinho auf die Tribüne musste, hatte da deutlich weniger Einfluss auf das Spiel. Real wechselte nicht sondern spielte im 4-4-1 einfach ohne Pepe weiter, mit Lassana Diarra als pressenden Mann im Zentrum und Xabi Alonso eher als raumorientieren Aufpasser. Barcelona fand ohne den giftigen Pepe nun natürlich etwas mehr Räume vor, und als Guardiola dann Afellay für Pedro brachte, verstärkte sich dieser Effekt. Denn statt des wenig durchschlagskräftigen Pedro, der für die zweite Hälfte mit Villa Seiten getauscht hatte, war Marcelo mit den Holländer nun deutlich mehr beschäftigt.
Und dass die Maßnahme, Afellay zu bringen, die richtige war, bestätigte sich spätestens bei der starken Flanke, die Messi im Zentrum zum verdienten 1:0 verwertete. Der Pechvogel war dabei weniger der getunnelte Casillas, sondern eben Marcelo, der ausrutschte und so gegen Afellay das Nachsehen hatte.
Mit der Führung im Rücken und mit einem Mann mehr konnte es Barcelona nun etwas entspannter angehen und ging nicht mehr mit dem allerletzten Nachdruck auf das Tor, sondern konzentrierte sich darauf, den Ball zu halten, sicher zu stehen und keine Unkonzentriertheiten mehr zuzulassen. Und einer von Messis genialen Momenten sorgte kurz vor Schluss dann sogar noch für das 2:0 und damit für das fast sichere Aus von Real Madrid.
Fazit: Hätte gehen können, ging aber nicht
Das Konzept von Mourinho, tief zu stehen, Aggressivität zu zeigen und Barcelona zu provozieren, war durchaus legitim und es hätte auch genauso gut aufgehen können. Doch zwei Kleinigkeiten brachten den Plan zum Scheitern: Pepes zu ungestümes Einsteigen gegen Dani Alves und Marcelos kleiner Ausrutscher vorm 0:1. So steht am Ende eine 0:2-Heimniederlage, die Real schon so gut wie sicher aus dem Bewerb nimmt. Und so ist Mourinhos Taktik am Ende nicht aufgegangen. Weswegen er sich nun sicherlich Vorwürfe anhören muss, er wäre zu vorsichtig in die Partie gegangen, zumal nach dem Pokalsieg das Momentum eigentlich auf seiner Seite war.
Barcelona ist sich zwar zeitweise auf die Gehässigkeiten eingegangen und wollte sicherlich auch aus einigen Situationen deutlich mehr machen, als sie waren, letztlich behielten die Katalanen aber in den entscheidenden Phase eher die Ruhe als Real. Und was noch für Xavi und Co. spricht: Im Rückspiel muss Real ohne Pepe und den gelbgesperrten Ramos auskommen…
(phe)