Der Tabellendritte empfing den Sensations-Tabellenführer – die SV Ried gastierte in der Grazer UPC-Arena beim SK Sturm. Nach 90 Minuten hatten beide Teams die Tabellenplätze getauscht, und als Zuseher war man einmal mehr um die Erkenntnis reicher, das so ein „Spitzenspiel“ längst nicht spitze zu sein hat.
Blackies-Coach Franco Foda schickte seine Elf mit einem recht ordinären 4-4-2/4-4-1-1 auf den holprigen Rasen. Aus Verletzungsgründen hütete Silvije Cavlina an Stelle von Gratzei den Kasten der Heimmannschaft. Dazu gab es noch weitere Umstellungen im Vergleich zur Vorrundenpartie gegen Mattersburg. In der Innenverteidigung durfte Burgstaller statt Feldhofer ran, in der Zentrale stand Klem statt Kienzl in der Startelf und der wieder genesene Imre Szabics bekam das Vertrauen als Sturmspitze.
Lauerstellung
Von einem Eckball für Sturm abgesehen, gibt es aus den ersten 10 Minuten des Spiels nicht viel zu berichten. Warum? Beide Teams hatten die Vorsicht zu ihrem obersten Credo gemacht. Ried schien hauptsächlich auf eine Kontergelegenheit zu warten, Sturm hingegen zeigte sich bemüht, solche nicht entstehen zu lassen, und verlegte sich auf sehr „sanftes“ Offensivspiel. Das gelang über die Seiten auch relativ gut, kurz vor Strafraumhöhe gelang den Wikingern aber die Rückeroberung des Balles, ansonsten folgten hohe Bälle in den Strafraum oder der Retourgang. In der Mitte hingegen war kein Durchkommen, weil sich die Defensive der Gegner schnell und diszipliniert zusammenzog.
Die Richtung „vorwärts“ schien es für die Kicker von Paul Gludovatz nur selten zu existieren. Weniger selten hingegen zog sich die komplette Elf in die eigene Spielhälfte zurück, wenn die Blackies den Ball hatten. Erfolgreiche, nicht konterbasierte Vorstösse der Gäste waren eine Rarität. Dieser spielerisch wenig attraktiven Ausgangslage gesellte sich auch noch eine beachtliche Fehlpassquote beider Zentralen (mit Vorteilen für Ried) hinzu. Das Auswärtsteam baute darauf, dass Sturm sich unter Zugzwang sehen würde. Und Sturm baute darauf, das Ried irgendwann ein Fehler unterlaufen würde.
Kontern können, oder nicht
Die ersten 40 Minuten dieses Spiels lassen sich als „Stillstand auf niedrigem Niveau“ bezeichnen – lediglich unterbrochen von mehreren Sturm-Cornern, verstümperten Kontern und einer guten Gelegenheit für den Spanier Guillem. Ried hatte sich erfolgreich vor die rechte Strafraumseite der Blackies vorgearbeitet, Lexa sich durchgeschummelt und den Ball in die Mitte gebracht. Dort klärte Burgstaller artistisch vor die Füße von Guillem, der rund 12 Meter vor dem Tor zu überrascht war und über den Ball trat (25′).
Zu den Kontern: Obwohl das ja eigentlich das Konzept der Rieder gewesen wäre, brachten selbige sich mehrere Male mit wirklich schlechten Pässen in Gefahr. Die Gegenbewegungen der „Schowazen“ verliefen jedoch stets im Sand. Zum Einen, weil oft ein bis zwei Spieler allein auf weiter Flur gegen die hinten gebliebenen Rieder agieren mussten und der Rest zu behäbig nachrückte, zum Anderen, weil selbst dann die Raumaufteilung vorne und hinten nicht passte. Verlor man den Ball nicht bereits bei einem Fehlpass, hatte die wieder formierte Ried-Defensive leichtes Spiel,
Eine leichte Ahnung von Spannung kam immerhin in den letzten Minuten vor der Pause auf. Schildenfeld erreichte die mittlerweile 5. Ecke der Grazer per Kopf, setzte den Ball aber deutlich über das Gehäuse (42′). Eine Minute später spritzte Ried-Oldie Brenner in ein Abspiel der Blackies-Defensive, schoß dann aber überhastet am kurzen Eck vorbei.
Unmittelbar vor dem Abpfiff der ernüchternden, ersten Halbzeit, gelangte der Ball nach einem Sturm-Angriff von rechts auf Klem in der Mitte. Der vermochte mit einem Haken gleich zwei Gegner zu versetzen und ballerte dann – gleichfalls ein wenig übereilt – aus 18 Metern knapp am rechten Eck vorbei (45′). Schiri Thomas Einwallner ließ Gnade walten, und pfiff wenige Sekunden nach Ende der regulären Spielzeit zur Pause.
Die Tragödie der hohen Bälle
Immerhin, die Heimmannschaft hatte zumindest mehr Initiative gezeigt und dementsprechend mehr Anteil am Spiel gehabt. Genutzt hatte dies, ob der vorsichtigen Spielanlage und dem Vertrauen der Rieder in ihre defensiven Stärken, aber herzlich wenig.
Die zweite Dreiviertelstunde begann ein wenig schwungvoller. Das Mittelfeld der Grazer war nun ein paar Meter aufgerückt und das Bemühen da, die Breite des Spielfeldes etwas mehr zu nutzen. Belohnt wurde dies 20 Minuten lang aber nicht, ein Salmutter-Schuss aufs linke Eck nach Vorlage von Wolf blieb die einzige, nennenswerte Aktion fürs Erste. Schließlich hatte Franco Foda genug gesehen und nahm den heute kaum sichtbaren Imre Szabics vom Feld. Oldie-Joker Mario Haas kam anstatt seiner (63′).
Ähnlich unzufrieden war wohl Paul Gludovatz mit Stürmer Misut Guillem, der für den 21jährigen Markus Hammerer weichen musste (66′). Sturm versuchte mittlerweile, die Planlosigkeit vor dem gegnerischen Strafraum vermehrt mit weiten Bällen in selbigen zu überbrücken. Ein Konzept, das beide Teams relativ ausgiebig und absolut erfolglos praktizierten.
Super-Mario, der ewige Held
Viel hatte sich letztlich am Spiel nicht geändert, trotzdem durfte nach 67 Minuten das Heimteam jubeln. Hervorgeganen war der Treffer aus einem Eckball für Sturm. Den erreichte der aufgerückte Burgstaller per Kopf, und überhob damit Hesl. Schrammel konnte den Ball noch von der Linie bugsieren, lieferte dabei versehentlich aber eine halbhohe Vorlage für Haas. „Super Mario“, wie er von Sturm-Anhängern liebevoll getauft wurde, zog einmal ordentlich durch, und das Leder zappelte endlich im Netz. Auf seiner kleinen Jubelrunde entledigte der erfolgreiche Schütze sich dann seines Trikots, um das darunter liegende T-Shirt (das vom weltberühmten Klempner und Spitznamenvetter geziert wird) den Fans vorzuführen. Und fing sich die regelkonforme gelbe Karte dafür ein.
Damit musste in Umbruch im System der Rieder her, deren offensichtlicher Plan nun gescheitert war. Gludovatz nahm Lexa heraus und brachte Nacho. Ein defensiv ausgerichteter Mittelfeldmann wich einem offensiven, der hinter Hammerer für mehr Druck sorgen sollte. Ried kam in Folge etwas auf. Sturm hingegen zog sich langsam zurück und ließ den zusätzlichen Platz vor der Rieder Abwehr ungenutzt. Die Zeit verstrich, die Gäste legten an Ballbesitz zu, nicht aber an Torgefährlichkeit.
Nach 78 Spielminuten beendete Franco Foda den Arbeitstag des etwas müde gewordenen Hölzl, und beorderte dafür Kienzl von der Bank ins hintere Mittelfeld. Gludovatz erneuerte ebenfalls die Kräfte im Zentrum und brachte Hadzic für Carril Regueiro. Die Oberösterreicher lösten hatten vorher bereits ihre Formation aufgelöst und begannen, alles außer der Abwehr-Dreierkette nach vorne zu werfen. Das dies ungefähr das Gegenteil der üblichen Spielweise der Wikinger ist, war daran ersichtlich, dass die folgenden Vorstösse ziemlich planlos und unkoordiniert wirkten. Fehlpässe inklusive.
Ehrenreich durfte für die Nachspielzeit noch aufs Feld, für ihn ging Wolf. Der geballten Defensive von Sturm konnten die Rieder nur noch einen Freistoss abringen (92′), der nichts einbrachte.
Fazit
Vorsicht ist nicht nur die Mutter der Porzellankiste, sondern manchmal auch wenig attraktiver Fußballspiele. Hier hatten zwei Meisterschaftsanwärter mehr Angst vor einer Niederlage als Mut zum Sieg, und neutralisierten sich in Folge auf niedrigem Level. Dass die einzigen Großchancen der Partie Zufällen oder unprovozierten Eigenfehlern zu verdanken waren, spricht eine klare Sprache. Genauso wie die Tatsache, dass zahlreichen Eckbällen extrem wenig Torschüssen entgegen stehen. Während beide Abwehrsektionen ziemlich ordentlich und sauber arbeiteten, plagten sich ihre Offensivpendants mit Ideenlosigkeit und mangelnder Präzision. Den Unterschied machte am Ende ein Golden Oldie, der im richtigen Moment die Nerven behielt und einfach abdrückte.