Die dezimierten Japaner mussten sich nicht nur gegen das gut spielende Team aus Katar durchsetzen, sondern auch gegen ein inferiores Schiri-Gespann. Und die Usbeken versuchten, Jordanien mit einem eigenwilligen System zu überraschen. Einem 3-2-4-1. Oder sowas Ähnlichem.
Japan – Katar 3:2 (1:1)
Die zentrale Frage, die sich Katars Teamchef Bruno Metsu vor dem Viertelfinale gegen Japan – bis dahin eindeutig die beste Mannschaft der Turnier – stellen musste, war: Wie sollen wir mit den extrem schnellen, flexiblen und passgenauen Offensivspielern der Japaner umgehen? Die Syrer hatten es in ihrem Gruppenspiel mit einem defensiv interpretierten 4-1-4-1 versucht und waren gescheitert. Metsu wählte einen anderen Zugang. Und er tat gut daran.
Das Konzept des Gastgebers gegen Honda, Kagawa und Co.: Konsequentes Doppeln des Ballführenden, ohne aber die Grundformation des 4-4-2 aufzulösen. Das hieß gleichzeitig, dass im Grunde auch alle vier Mittelfeldspieler vermehrt mit Defensivaufgaben zu tun hatten, nach vorne sollt es über Konter gehen. Yusuf Ahmed und vor allem der in diesem Spiel brutal starke Sebastian Soria waren willige Adressaten für lange Flachpässe in die Spitze.
Die Japaner kamen mit dem geschickten Defensivspiel der Kataris überhaupt nicht zurecht. Es gelang ihnen nie auch nur im Ansatz, ihr Kurzpassspiel aufzuziehen, weil sie am Ball kaum Zeit bekamen und Anspielstationen sehr gut verstellt waren. Was zu Folge hatte, dass sich Innenverteidiger Yasuyuki Konno alsbald sehr aktiv nach vorne mit einschaltete. Doch nicht nur, dass das vorne nichts brachte, nein, es brachte vor allem die japanische Hintermannschaft zum wackeln. Denn die recht sorglose Spielanlage von Konno hätten die Kataris schon in der 8. bzw. 9. Minute beinahe zu jener Führung genützt, die in der 13. Minute dann tatsächlich fiel: Langer Flachpass auf Soria, der steht nicht im Abseits, lässt noch Yoshida aussteigen und verwandelt zum 1:0 für den gastgebenden Außenseiter.
Was das Team aus Katar natürlich bestärkte, genau so weiter zu spielen. Die Japaner fingen (nachdem ihnen nach einem Foul von Burhan an Okazaki ein klarer Elfmeter verweigert worden war – die erste von einigen groben Fehlentscheidungen vom überforderten malayischen Referee) an, ein wenig zu probieren und sie machten schnell die Abseitsfalle des Gegners als möglichen Schwachpunkt aus. Vor allem, nachdem Honda mit einem sensationellen Chip in den Strafraum den haarscharf nicht im Abseits stehenden Okazaki bediente, dessen Schuss Kagawa zum 1:1-Ausgleich ins Tor köpfte.
Immer wieder flogen nun Bälle aus dem Halbfeld auf die hart an der Abseitslinie stehenden Maeda und Okazaki, doch nun ließ sich die Viererkette der Kataris nicht mehr überlisten. So versuchte dann auch Honda immer mehr, sich weit fallen zu lassen, um neben Hasebe für die Spieleröffnung zu sorgen, und sich ein wenig aus der Umklammerung zu lösen, welche die Kataris immer wieder ansetzten, sobald Honda am Ball war. So war das Spiel vor der Pause nicht besonders schön und auch alles andere als spektakulär, aber durchaus interessant.
Ehe sich in der zweiten Halbzeit das schreckliche Schiedsrichtergespann immer mehr in den Vordergrund spielte. Die zentralen Szenen des Spiels fanden um die 60. Minute statt, und die Initialzündung war ein vermeintliches Foul von Japans Innenverteidiger Maya Yoshida. Der spielte zwar einen Meter neben dem Schiri-Assistenten mehr als eindeutig den Ball, wurde aber dennoch mit Gelb-Rot des Feldes verwiesen – und als der nur Augenblicke zuvor eingewechselte Fábio César den fälligen Freistoß zum 2:1 für Katar verwandelte (wobei Goalie Kawashima alles andere als gut aussah), war es mehr eine Frage des Willens. Umso wichtiger war es für die Japaner, dass Kagawa, der für einmal an den Verteidigern vorbei kam (weil Al-Hamad ausgerutscht war) einen alles andere als leichten Ball nur wenige Minuten nach dem Ausschluss und dem Rückstand zum 2:2 verwandelte.
Zaccheroni nahm Solospitze Maeda raus und füllte mit Iwamasa die Innenverteidigung auf, und seine Mannschaft agierte nun in einem 4-2-3; wobei aus der Offensivkette immer wieder Okazaki und (zumeist) Honda in die Spitze aufrückten, wenn die Japaner im Ballbesitz waren. Die zurück liegenden Favoriten waren natürlich auch mit zehn Mann gefordert, das Spiel in die Hand zu nehmen, und zu diesem Zweck rückte auch die Abwehrkette oftmals kollektiv bis zur Mittellinie auf – die Außenverteidiger Inoha und Nagatomo, sonst ja verkappte Außenstürmer, hielten sich aber eher zurück.
Was vor allem an Sebastian Soria lag. Der Uruguayer in Diensten der Kataris war extrem viel unterwegs, immer anspielbar, trickreich und somit brandgefährlich. Und was den Japanern das leben mindestens ebenso schwer machte, war weiterhin das Referee-Gespann. Denn nach einem nicht gegebenen Elfmeter und dem an den Haaren herbeigezogenen Ausschluss wurden sie nun auch zweimal wegen vermeintlichen Abseits zurückgepfiffen – beide Male falsch, einmal davon sogar um zwei Meter. Es hatte beinahe den Anschein, als sollte Katar um jeden Preis ins Semifinale gehievt werden.
Die gerechte Strafe folgte dann aber in der 89. Minute: Erneut setzte sich der extrem starke Kagawa durch, wurde im Strafraum umgesäbelt, doch der Ball kam zu Inoha – und dieser setzte zum 3:2 für Japan ein. Es war letztlich die Entscheidung, denn trotz fünf Minuten Nachspielzeit (wofür?) wusste Katar keine Antwort mehr.
Fazit: Ein Spiel, dass eindeutig von der Spannung und der Dramaturgie lebte. Und das von einem inferioren Schiedsrichter-Gespann beinahe entschieden worden wäre! Was schade ist, denn die Mannschaft aus Katar zeigte eine wohl durchdachte, sehr konzentrierte und absolut taugliche Leistung und lieferte sicherlich ihr bestes Spiel bei diesem Heimturnier ab. Dass es am Ende trotzdem nicht für das Semifinale gelangt hat, liegt an der individuellen Klasse der Japaner die – untypisch für dieses Turnier – eiskalt mit ihren wenigen Torchancen umgingen und sich auch von widrigsten Bedingungen nicht aus der Ruhe bringen ließ.
So hat die beste Mannschaft des Turniers auch einmal mehr gezeigt (wie schon gegen Jordanien im Auftaktspiel), dass man ohne Zweifel auch jene mit den besten Nerven ist. Und wenn auch solche Spiele gewonnen werden…
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Usbekistan – Jordanien 2:1 (0:0)
Wer ein jordanisches Team erwartet hat, das abwartet und den Gegner kommen lässt; und wer ein usbekisches Team erwartet hat, dass das Mittelfeld unter Kontrolle hat aber kaum Torgefahr erzeugen kann, der hatte Recht. Genau so stellte sich dieses Viertelfinale nämlich dar! Die Jordanier, in einem 4-4-1-1 angetreten, zeigten zwar weder aggressives Pressing noch eine allzu harte Gangart in der Defensive, schafften es aber ohne größere Probleme, die Usbeken aus dem eigenen Strafraum herauszuhalten.
Selbst wurde das Team von Adnan Hamad in erster Linie über schnelle Konter gefährlich (und hier vor allem über Hassan Abdel-Fattah, der Spielgestalter, mit Abstand der beste Fußballer seiner Mannschaft) und über Standardsiauationen. Die beiden Außenspieler im Mittelfeld, Amer Deeb und Abdelhalim, rückten ein und deckten die Sechser Haidarov und Kapadze, wenn die Usbeken von hinten einen neuen Angriff einleiten wollten. So wurden diese über die Außen gezwungen, wo Al-Salman (gegen den in der Gruppenphase so schwungvollen Kasanov) und Al-Dmeiri (gegen Tursunov) alles im Griff.
Vor dem Tor nahm der usbekische Teamchef Vadim Abramov vor dem Spiel einige bemerkenswerte Änderungen vor: Zu allererste jene im System, das sich in diesem Spiel als eine Art 3-2-4-1 darstellte. Hinten spielte mit Achmedov nur ein echter Innenverteidiger, die gelernten AV Jurajev und Mulladjanov rückten bei Gefahr in die Mitte (was in der ersten Hälfte aber sehr selten war). Davor wie gehabt die beiden Sechser, plus Djeparov etwas vorgerückt, und ganz vorne eigentlich eine Viererkette ohne echten Stürmer.
Abramov hatte Maxim Shatskich, der keine gute Vorrunde abgeliefert hatte, nicht aufgeboten und zog dafür Alexander Geinrich von der Spitze ins zentrale offensive Mittelfeld zurück. Der Glatzkopf ist kampfstark, giftig und zeigt immer vollen Einsatz, ist für einen Stürmer vor dem Tor aber viel zu harmlos. So nahm Ulugbek Bakajev, der statt Shatskich in die Mannschaft gerückt war, den Platz ganz vorne ein – oder, was es eher trifft, er war derjenige, der am Ehesten in die Spitze ging.
Weil die Jordanier sich aber sehr gut auf dieses Sytem einstellen konnten, blieb es bis zur Pause beim 0:0. Nach Wiederanpfiff ging’s dafür schnell: Freistoß von Djeparov, Kopfballtor Bakajev (46.); und drei Minuten später konnte Kasanov für einmal Al-Salman abschütteln und flanken, erneut war in der Mitte Bakajev zur Stelle. Doch wer geglaubt hat, das 0:2 würde Jordanien aus der Bahn werfen, sah sich getäuscht.
Sie haben die Zeichen der Zeit nämlich erkannt und rückten nun wesentlich aktive nach (was zuvor nur sehr zögerlich geschehen war) und versuchten es auch über die unterbesetzten usbekischen Außen. Sofort kam es zu einigen gefährlichen Torchancen und der Anschlusstreffer in der 58. Minute war schon durchaus verdient – Innenverteidiger Bashar Bani-Yasin, der in der ersten Hälfte während eines Tackling das Knie von Tursunov ins Gesicht bekam und dadurch einen Schneidezahn eingebüßt hatte, traf per Kopf nach einer Ecke.
Abramov reagierte, indem er den weitgehend abgemeldeten Kasanov vom Platz nahm und mit Andrejev einen etwas defensiveren Spieler brachte, der in den Spielen zuvor als Linksverteidiger agiert hatte. Das brachte aber wenig, weshalb zehn Minuten später der angeschlagene Geinrich für einen Innenverteidiger, nämlich Ismailov, weichen musste. Mit der damit einhergehenden Umstellung zurück auf das gewohnte 4-2-3-1 konnten die Usbeken das Spiel merklich beruhigen.
So hat der usbekische Teamchef einmal mehr, wie schon gegen die Kuwait mit einem guten Wechsel ein Spiel gerettet, das aus der Hand zu gleiten drohte. Denn die Jordanier schafften es gegen die nun deutlich massiertere Defensive, die kaum mehr Löcher hergab – vor allem auf den Seiten nicht – kaum noch, vor das Tor zu kommen. So waren die Usbeken mit einigen (allerdings allesamt stümperhaft abgeschlossenen) Kontern dem 3:1 sogar noch näher.
Fazit: Mit ihrem eigenwilligen System konnten die Usbeken das vor allem defensiv sehr spielintelligente Team aus Jordanien nicht aus dem Konzept bringen, der zusätzliche Mann im Mittelfeld brachte keine merkliche Verbesserung. Zudem zeigten sich die Usbeken, wie schon im gesamten Turnier, nicht gerade versiert im Herausspielen von Torchancen. Umso erstaunlicher, dass sie in vier Spielen nun schon acht Tore erzielt haben – darunter aber zwei Tausenguldenschüsse, ein abgefälschter Roller, ein haarsträubender Fehler der gegnerischen Abwehr, ein Eckball und „nur“ drei herausgespielte Tore.
Die Jordanier sollten sich nicht grämen – sie haben mit dem Viertelfinaleinzug schon deutlich mehr erreicht, als zu erwarten gewesen wäre. Und auch in diesem Spiel haben sie alles andere als eine schlechte Figur gemacht: Sehr disziplinierte Defensive in der ersten Hälfte und durchaus mutig nach vorne, als es nach dem Doppelschlag nötig war. Letztlich fehlte aber die Klasse vor dem gegnerischen Tor, um die Sensation zu schaffen, die ein Seminfinaleinzug zweifellos gewesen wäre.
(phe)