Leichtsinn rächt sich

6:0 schoss Arsenal den SC Braga am ersten Spieltag aus dem Emirates. Und heute hätte den Briten ein Unentschieden genügt, um das Achtelfinalticket zu lösen. Doch statt diese lösbare Aufgabe zu meistern, könnten die Londoner auch noch in der Europa League landen.

Braga - Arsenal 2:0 (bis Min. 70)

Die Vorzeichen waren mehr als gut. Mit 9 Punkten und dem zweiten Gruppenplatz begaben sich die Gunners nach Portugal. Ihr Gegner, Braga, der Ex-Verein von Roland Linz, konnte bislang nur gegen den Tabellenletzten und Punktelieferanten aus Belgrad siegen. Und fünf Minuten lang sah es auch so aus, als würde die Situation am Papier aufs Spielfeld übertragen werden.

Kurze Druckeinlage

Braga kam kaum aus dem eigenen Drittel, Arsenal schob den Ball nach gefallen hin und her und schnürte die Gäste erstmal ein. Wilshere und Walcott kristalliesierten sich schnell als die treibenden Kräfte im Mittelfeld heraus. Braga, eigentlich gar nicht auf reines Konterspiel eingestellt, blieb vorerst wenig Wahl. Erst in Minute 9, als sich der Klammergriff der Gunners langsam zu lösen begann, brachte ein Freistoss erste Gefahr vor den Kasten von Fabianski. Moises Kopfball ging jedoch drüber.

Dem Druck über beide Seiten konnten die Hausherren trotzdem kaum etwas entgegensetzen Obwohl Arsenal nicht mit der A-Elf aufkreutze, waren sie trotzdem vom Spiel im nur dritthöchsten Gang überfordert. Arsenal spielte das bereits bekannte und sehr variable 4-4-1-1, das in der frühen Angriffsphase eher einem 4-6-0 mit nach Bedarf herausstechenden Spitzen entsprach. Ein 4-2-3-1 wählte Braga-Coach Domingo Paciencia, und damit bewusst eine eher offensive Variante. Dass man gegen Arsenal nicht so einfach ein Offensivfeuerwerk aufziehen kann, war ihm bewusst, wie er aber auch wusste, dass Braga nur durch einen Sieg im Rennen um den ohnehin schon sehr unwahrscheinlichen Aufstieg gehalten werden konnte. Solange Arsenal schnürte, eben die ersten 5-10 Minuten, präsentierte sich die Formation der Minhotos daher als 4-5-1 mit dicht geschartem Mittelfeldblock vor der Abwehr.

Findungsphase

Nun ließen die Londoner die Zügel aber etwas lockerer, und begnügten sich damit, das Mittelfeld zu kontrollieren und Löcher in des Gegners Abwehr ausfindig zu machen. Sie fanden die Achse Rodriguez-Elderson, die nicht immer harmonierte. Weil Elderson aufgrund seines Offensivdrangs die Gegner schon weiter vorne stoppen musste und dann nicht selten kurz mit zwei Gegnern konfrontiert waren. Mehr als einen Hauch Gefahr wollten die Angriffe der in Gelb spielenden Engländer aber nicht versprühen.  Salino half hinten gut aus, und im Strafraum stand die Abwehr prinzipiell gut.

Wirkliche Gefahr drohte eher, wenn Wilshere, Fabregas und Bendtner in der Mitte zugange waren. Nicht umsonst kam Arsenal zu zwei Freistössen vor dem Strafraum in mittiger Position, die beide – von einer Ecke abgesehen – nichts einbrachten.

Kein Weg nach vorne

Auf der Gegenseite sah es nicht gefährlicher aus. Auf Links kam man nicht an Eboue, Squillaci und Denilson vorbei, in der Mitte arbeitete Wilshere gut nach hinten, Djourou agierte souverän und Gibbs kam wenn nötig zur Unterstützung. Erschwert wurde dies durch zahlreiche Fehlpässe, die Braga in der Spielbescheunigung unterliefen und Arsenal ungenutzte Chancne für Gegenstösse eröffnete.

Blieb noch die rechte Seite, wo es wegen Gibbs Ausflüge in die Zentrale etwas leichter war,  durchzukommen. Arsenal löste das Problem durch ein Ausweichen von Salino auf die Seite sowie sporadische Betätigung von Djourou als Aussenverteidiger. Ein Schuss des etwas zu freien Lima aus der Mitte und 25 Metern war das Gefährlichste, was Brage in der ersten Hälfte bieten konnte. Nach 35 Minuten.

So spielten sich beide Teams in die Pause. Arsenal als kontrollierende, aber nicht übermässig motivierte Mannschaft. Braga bemüht, aber ohne Mittel.

Deja-vu mit Folgen

Arsene Wenger war wohl etwas genervt von der Nicht-Leistung seines nominell so überlegenen Teams. Und so drängten die Gunners direkt nach Wiederanpfiff  auf ein Tor. Rosicky pendelte nun manchmal in die Zentrale und verhalf dem Mittelfeld so als zusätzlicher Raumöffner mehr Schwung. Trotzdem blieb die magere Ausbeute aus dieser – wieder – 10-minütigen Drangphase ein Walcott-Freistoss knapp über das Tor von Felipe.

Nicht nur, dass sich Arsenals Eigenfehlerquote nach einer Stunde merkbar erhöhte – nein – Braga hatte erkannt, das an diesem Abend mehr drin war. Das Mittelfeld rückte um circa 10 Meter auf, Vandino  zog sogar noch weiter nach vor und betätigte sich als Ballverteiler. Aguilar stand nun näher am einzigen Stürmer Lima und Matheus wich von der Seite mehr Richtung Strafraumeck. Aus dieser Position wurde er nach einer Unaufmerksamkeit von Eboue und Squillaci auch schn bedient, verfehlte aber aus spitzem Winkel das Tor.

Sekunden darauf landete eine per Kopf abgewehrte Flanke vor Aguiars Füssen, der so gut wie ungedeckt aus 20 Metern ebenso vorbeischoss. In den folgenen Minuten gelang es Braga, Arsenal ein wenig unter Druck zu stellen, ohne dabei zwingende Chancen herauszuholen. Ein Grund der Gäste-Misere war Cesc Fabregas. Der hatte sich bei einem Zweikampf angeschlagen und wirkte nicht mehr fit. Wenger ersetzte ihn nach 69 Minuten mit Samir Nasri.

Die Rückeroberung der Zentrale

Mit ihm ging es für Arsenal nun wieder vorwärts, man übernahm nach einer kurzen Neuausrichtungsphase wieder die Kontrolle im Mittelfeld. Während die Portugiesen nun wieder zurückrüclen mussten, entsandte Walcott den freigeistmässig in die Mitte gelaufenen Rosicky rechts inden 16er zu schicken. Zur Erleichterung des Heimteams war aber eine Verteidiger schneller und grätschte die Kugel weg.

Für den insgesamt deutlich unter seinen Möglichkeiten gebliebenen Bendtner lief nun Stammstürmer Chamakh ein. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass Wenger endlich Tore sehen wollte. Nach einem schönen Sololauf von Gibbs – der unbelohnt blieb – nutzte Wenger seinen dritten Tausch und schickte Vela für den müde werdenden Walcott auf den Rasen des Estadio AXA.

Die Rache des Leichtsinns

Nun brachen für Arsenal die bittersten Minuten des Spiels an. Der eben Eingewechselte übernahm ein schön per Kopf weitergeleitetes Zuspiel und wurde gelegt. Der Schiedsrichter war nicht weit weg, der Torrichter hätte auch gute Sicht haben müssen, doch statt des zwingenden Elfmeters sah der Umgeräumte den gelben Karton für eine Schwalbe. Und als wäre der Gunners-Coach nicht schon frustriert genug, blieb Eboue nach einem Braga-Foulspiel verletzt liegen (80′).

Und zu allerletzt gesellte sich das 1:0 für Braga dazu. Abgelenkt von den eben erfolgten Einwechslungen auf Seite der Gastgeber (80′ Madris für Aguiar ,  81′ Elton für Lima) und dem entstandenen Powerplay , enteilte Elton der aufgerückten Arsenaldefensive. Er wurde zwar noch gestoppt, doch den im Zweikampf wegspringenden Ball ergatterte Matheus. Er wurde nicht mehr eingeholt, und bezwang den bis zu dieser Minute fast arbeitslosen Fabianski (83′).

Mittlerweile war klar, dass die Londoner das Spiel zu zehnt beenden mussten. Während Wenger alles auf eine Karte setzte, um zumindest den einen, erlösenden Punkt mitzunehmen, beorderte Paciencia sein Team nach hinten. Dicht geballt im eigenen Strafraum ließ man die Gegner nun anrennen, während man aus dem eigenen Ballbesitze nur noch halbherzige Vorstöße machte. Der Zeitvorteil – man beachte die Ausgangssituation – hatte sich umgekehrt.

SC Braga - Arsenal (83'-93')

Todesstoss aus dichter Deckung

Die Bemühungen erwiesen sich aber als fruchtlos. An den Seiten gelangte man bis vor die Strafraumgrenze, wo spätestens dann Schluss war. Einen Rosicky-Freistoss von ebendort konnte der herauseilende Felipe wegfausten. Und mehr war dann auch schon nicht. Braga kam nicht aus dem letzten Drittel, Arsenal kam kaum hinein.

Und als Arsenal gegen Ende der Nachspielzeit schon verzweifelt hohe Bälle schlug, setzte es auch noch das 2:0 fürs Heimteam (93′). Beinahe wie eine Kopie des Führungstreffers: Ein weiter Ball, zwei unachtsame Defensivspieler, die eben noch mit Offensivaufgaben beschäftigt waren … und Matheus. Der nahm den Ball dankend mit, spielte die zweu zurückgeeilten Gunners schwindlig und hämmerte das Leder via Kreuzecklatte ins kurze Eck. Zwei Großchancen, zwei Tore. Und der Schlusspfiff.

Fazit

Arsenal kann auch diesem Spiel nur die Erkenntnis mitnehmen, dass man mit Leichtsinn jeden Gegner stark machen kann. Da Partizan Belgrad dem SC Braga aber erwartungesgemäss keine Schützenhilfe geben konnte (0:3 daheim gegen Donetzk), müsste schon Braga bei den Russen punkten, während Arsenal im Emirates gegen die längst ausgeschiedenen 0-Punkte-Serben verlieren müsste. DAs 0:2 in Portugal bleibt damit, zum Glück für die Gunners, eine deutliche Warnung ohne groben Folge.

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Über Georg Pichler

Journalist und zumindest digitaler Superkicker. In echt hütet er meistens das Kastl und das recht gut. Zukünftiger ÖFB-Präsident. Kein Fan, mag aber Sturm Graz.