Die Teufel im Käfig

Wenige Chancen, keine Tore. Die Zuseher im „Stadium of Light“ sahen ein phasenweise schnelles Spiel mit wenig Chancen und einer Marschrichtung. Manchester United darf sich über ein 0:0 freuen und Sunderland über den ineffizenten Angriff ärgern.

Sunderland - Man United 0:0

Die Black Cats zeigten von Beginn an die Krallen, es galt den Großklub aus Nordengland gar nicht erst ins Spiel kommen zu lassen. Man United Trainer Sir Alex Ferguson hatte indessen von den mäßigen Leistungen der letzten Woche die Nase voll und rotierte kräftig. Gleich fünf Spieler standen überhaupt zum ersten Mal in dieser Saison in der Liga-Startformation. Die bisherigen Wechseljoker Macheda und Owen formierten den runderneuerten Sturm, Wayne Rooney nahm trotz Protest wieder nur als Zuseher teil. Anderson rückte ins linke Mittelfeld, Rafael startete als rechter Aussenverteidiger.  Komplettiert wurde die Runde der Startneulinge schließlich von Rio Ferdinand in der Innenverteidigung.

Die Partie begann also flott und mit viel Bemühen seitens der Gastgeber, die auf ein schnelles Tor drängten. Die Red Devils hingegen fielen erstmal durch gröbere Unsicherheiten und Abspielfehler im Mittelfeld auf. Selbiges war die ersten zehn Minuten ohnehin kaum existent, weil das Gastteam fast ausschließlich rund um den Strafraum agieren konnte. Kaum hatte ein United-Kicker einmal mehr Platz, schon klebte ein Gegner wie eine Klette an ihm. Insbesondere Henderson und Malbranque provozierten so einige Ballverluste.

Ein paar Mal versuchte man Scholes mit weiten Bällen über die Flanke zu schicken, jedoch waren die weiten Bälle stets zu unpräzise und als Unterstützung hätte der Routinier lediglich Nani zur Verfügung gehabt, der lange Zeit die einzige Gefahr für Sunderland darstellte.

Satte 13 Minuten brauchten die Devils um zur ersten echten Offensivaktion zu gelangen. Die – eine Flanke von Nani – aber nichts einbrachte.

Bis dato hatte Sunderland aus der klaren Feldüberlegenheit aber selbst nichts anderes machen können als Distanzschuss-Versuche und Flanken, nach einer Viertelstunde brannte es aber plötzlich gewaltig im Man United Strafraum. Über Zenden lief der Ball  zu Bent, der sich in dieser Situation etwas zurückfallen ließ und Malbranque perfekt bediente, den wiederum Ferdinand übersehen hatte. Hier zeigte der gbald 40 Jahre alte Torwartroutinier Edwin van der Sar wieder seine Klasse und gewann aus kurzer Distanz das 1v1.

Rechts die Autobahn, links der Feldweg

Die Marschrichtung der Teams hatte sich mittlerweile herauskristallisiert. Manchester griff – wenn überhaupt – ausschließlich über die rechte Seite an, wo Sunderland noch verhältnismässig viel Platz ließ. Das Heimteam machte sich ebenfalls auf rechts und in der Mitte breit, wusste aber manchmal die linke Seite als Entlastung einzusetzen. Den roten Teufeln hingegen gelangen auf Links im gesamten Spiel exakt zwei Vorstöße von unterirdischer Gefährlichkeit.

Eine halbe Stunde nach Anpfiff hatte sich das Mittelfeld der Gäste halbwegs gefangen und verlor nun wesentlich weniger – aber immer noch deutlich zuviele – Bälle. Fletcher und Anderson kamen offensiv etwas mehr zur Geltung, während Scholes etwas verblasste.

Das blieb Steve Bruce, dem Sunderland Coach, freilich nicht verborgen und so stellte seine Mannschaft in den folgenden Minuten das Spiel um. Statt direkt über die Mitte anzugrifen wurden jetzt Elmohamady und Zenden mehr eingesetzt um die Angriffe von Aussen erst vor dem Strafraum nach Innen zu ziehen. Und das fruchtete. Überfordert vom Kombinationsspiel über die Aussenbahnen ließ die Manchester-Defensive ihren Gegnern in der Mitte nun deutlich mehr Platz.

In Minute 37 rächte sich das. Wenig bedrängt traf Zenden die Stange und ließ das Gehäuse von van der Sar scheppern . Kurz vor dem Pausenpfiff schickte Bent Elmohamady in den Strafraum, der aus langem Winkel klar verfehlte. Dazwischen lieferte United noch seine zwei gefährlichsten Szenen dieser Halbzeit. Ein von Anderson geschickt herausgeholter Freistoß wurde von Nani knapp neben das Torwarteck gesetzt und eine Flanke des vorgerückten Rafael senkte sich beinahe ins Tor. Insgesamt verbrachte Sunderlands Schlussmann Mignolet eine ruhige Halbzeit.

Ferguson reagiert

Die Probleme seiner Elf blieben freilich auch Alex Ferguson nicht verborgen. Der völlig abgemeldete Owen – der die meiste Zeit ohne jeglicher Anbindung auf halblinks herumgegurkt war – wurde durch Dimitar Berbatow ersetzt. Der sich vorne zwar etwas besser einschaltete, aber trotzdem null Effekt auf den Verlauf des Spiels nahm. Weiters versetzte der Gästecoach sein Mittelfeld um einige Meter nach hinten um die Anbindung zur Defensive zu verbessern.

Diese Maßnahme zeigte wesentlich mehr Erfolg als der Pausentausch. Sunderland gelang es nun kaum noch, bei Pässen auf den Strafraum hineinzuspritzen. Das frühe Forechecking brachte kurzfristig sogar Oberwasser für United, die im vorderen Mittelfeld nun mehr Raum hatten. Die Reaktion von Bruce: Auch er beorderte seine offensiven, zentralen Mittelfeldleute etwas nach hinten und brachte den Puffer damit wieder an die richtige Stelle. Manchester United kam nun oft bis vor das letzte Drittel, vermochte dort aber nichts auszurichten.

Die große Überforderung

Es trat eine kurze Phase der Pattstellung und des Taktierens ein, ehe Sunderland die Aussenbahnläufer Elmohamady und Zenden weiter in die Mitte zog und so einen variablen 2-3-Trapez Block im Mittelfeld baute. Der Raumgewinn nach Vorne verlor so jeglichen Nutzen für die Gäste, da damit lediglich der Ball nicht mehr so nah am eigenen Tor verloren wurde. Sobald Sunderland das Leder hatten, setzte in der immer noch nicht sattelfesten und eher statischen United-Zentrale die große Überforderung ein.

Die Folge: Mal wieder Belagerungszustand. Sieben Minuten lang, von der 68. bis zur 75. spielte sich Sunderland um den Strafraum herum und probierte sich mit Schüssen von und nahe der Strafraumgrenze, die es aber nicht bis zum Tor schafften. Am ehesten dran war noch Bent, der einen Querpass als Resultat eins Abprallers wohl nur dank Vidics Bein nicht im Netz unterbringen konnte. Kurz darauf war ein Überraschungsschuss von Nani aus gut 30 Metern das erste Offensiv-Lebenszeichen der Red Devils in dieser Hälfte. Der zehn Minuten davor für Macheda eingewechselte Hernandez vermochte dafür nicht zu sorgen, auch das Geheimtalent Bébé, das zehn Minuten vor Schluss auflief, setzte keine neuen Akzente.

In Minute 82 ersetzte Asamoah Gyan den müde gewordenen Zenden und rückte weiter auf. Zwei Minuten danach fuhr Alex Ferguson wohl noch einmal der Schreck durch alle Glieder, als ein Seitfallzieher von selbigem nur durch van der Sars Blitzreaktion nicht zum Führungstreffer gereichte. Zu aller Überraschung versuchte sich United noch an einer Schlussoffensive, die aber bis auf einen Nani-Schuss der Marke „nicht so übel“ verpuffte. Sunderland brachte den Ball ebenfalls noch ein paar Mal in den gegnerischen Sechzehner, vermochte aber auch keine Entscheidung mehr herbeizuführen.

Fazit

Die Gründe für die heutige Aufstellung werden wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben. Dass Manchester heuer noch überhaupt nie in dieser Formation gespielt hatte, war von der ersten bis zur letzten Minute zu spüren. Die gleich auf drei Positionen neu eingestellte Defensive fand lange keine Verbindung zum Mittelfeld und war auch im Strafraum öfters nicht souverän. Die grassierende Unsicherheit und ein Haufen individueller Fehler auf Seiten von United sicherte Sunderland die fast durchgehende Überlegenheit im Mittelfeld. Aus der Dominanz konnten die Cats jedoch nur wenige Großchancen erarbeiten – und die wurden ausgelassen. So brachte sich das Team von Steve Bruce um einen verdienten Sieg.

Bei den Red Devils muss Alex Ferguson schleunigst eine Stammelf herausarbeiten und ein Mittel gegen die spielerische Krise der letzten Wochen finden  – sonst droht der Punkteabstand zum gefährlichsten Titelkonkurrenten Chelsea gefährlich groß zu werden. (gepi)

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Über Georg Pichler

Journalist und zumindest digitaler Superkicker. In echt hütet er meistens das Kastl und das recht gut. Zukünftiger ÖFB-Präsident. Kein Fan, mag aber Sturm Graz.