Rapid stand im zweiten Gruppenspiel der Europa League nach einer Erstrundenniederlage in Porto zuhause gegen Besiktas bereits unter Druck. Ein Sieg gegen die Türken sollte her. Am Ende wurde es eine Niederlage, die passieren darf, aber nicht muss.
Rapid startete mit einem 4-2-3-1 in die Partie. Eineinhalb Überraschung hatte Peter Pacult parat. Die Nominierung von Sonnleitner auf der Position des rechten Außenverteidigers, weil ihm die Alternativen jüngst gar nicht gefallen hatten war die größere. Der Vorzug für Nuhiu gegenüber Venegoor of Heselink und Salihi die zweite bemerkenswerte Position.
Besiktas setzte im ausverkauften Happelstadion ein 4-5-1/4-3-3 in die Welt. Das Mittelfeld hatte drei Spieler im Zentrum (Ernst, Guti, Aurelio), außen sollten Quaresma und Tabata vor allem offensiv arbeiten. Ekrem Dag fehlte verletzungsbedingt.
Rapid startete gut, kam immer wieder über die Flanken erfolgreich nach vorne, wenn dort kollektiv gearbeitet wurde. Vor allem die Achse Sonnleitner-Kulovits-Trimmel zeigte einige Male auf. Zur echten Torgefahr reichte es aber doch nicht. Besiktas konnte nach anfänglichem Rapid-Druck aber die Stärken in der Mittelfeldzentrale ausspielen und immer wieder mit Pässen auf Quaresma ordentlich für Wirbel sorgen. Sonnleitner hatte mit dem Portugiesen richtige Probleme. Als er in der 11. Minute von Ernst unter Druck gesetzt den Ball verlor, zeigte Quaresma mit einem Stangenschuss auch schon die gefährlichste Aktion bis zur Pause. Ansonsten hatten die Hütteldorfer die Istanbuler aber recht gut im Griff.
Dass Quaresma in der 30. Minute verletzt raus musste, war aber trotzdem kein Segen für Rapid. Zwar nutzte Sonnleitner in der Phase als Besiktas mit 10 Mann spielte die Gelegenheit, um auch mit nach vorne zu gehen, doch daraus wurde nichts und der dann eingewechselte Slowake Holosko sollte noch zum Albtraum der Grünen werden. Er wechselte vorerst nach rechts und der immer recht weit innen spielende Tabata nach links. Trainer Bernd Schuster könnte damit im Sinn gehabt haben, Tabata aus Kayhans hervorragender Deckung zu befreien.
Besiktas gelang es in der Folge bis zur Pause immer mehr Druck aufzubauen, weil Rapid überhaupt kein Offensivpressing betrieb. Immer wenn der Ball geklärt werden konnte, hatte Besiktas Zeit um in der eigenen Hälfte von Neuem zu beginnen und die Haut ungehindert und sofort wieder nach vorne zu spielen. Aber die Mauer von Rapid hielt.
Mein Pausenfazit kann auch als Bemerkung richtung Puls 4 Kommentator gewertet werden, der die Defensivarbeit von Rapid zur Pause lobte, aber die offensive bekritelte: Die Versäumnisse schon weiter vorne defensiv zu arbeiten und zu weit hinten zu stehen bedingten die offensive Harmlosigkeit stark mit.
Auf den zunehmenden Druck reagierte Peter Pacult zur Pause. Er erkannte die Notwendigkeit zu mehr Risiko, klappte das Visier hoch und beorderte seine Mannschaft weiter nach vorne. Alle rückten weiter auf, vor allem Pehlivan setzte nun deutlich weiter vorne Akzente. Und auch wenn die Anfälligkeit für Steilpässe und Konter sofort offensichtlich wurde, brachte dieser Mut die erhofften Früchte ein. Pehlivan spielte mit seiner zweiten Aktion Kavlak frei, der den Ball über die Innenstange ins Tor beförderte (52.). Eine ähnliche Aktion wie die von Quaresma zu Beginn, hier führte sie aber zum Erfolg.
Nur kurz währte die Freude über die Führung. Rapid blieb am Drücker und wurde dafür hart bestraft. Eine fehlgeschlagene Abseitsfalle, ein zu spät startender Sonnleitner, und ein Steilpass auf den verdammt schnellen Holosko rissen die hoch stehenden Hütteldorfer auf. Der nun doch links spielende Slowake hatte Glück das einerseits Hedl nicht konsequent genug zum Ball griff und andererseits der Schiedsrichter den Ball in der Situation (vertretbarerweise) als frei interpretierte – und er nutzte die Gunst für den Ausgleich.Holosko wurde in der Folge noch mehrmals ähnlich freigespielt, zeigte dabei aber keinen Killerinstinkt und Hedl konnte sich dort wiederum auszeichnen.
Pacult reagierte, indem er Kayhan rechts auf Holosko ansetzte und den überrumpelten Sonnleitner links zu Tabata stellte. Der Trainer ließ aber weiter auf Sieg und hochstehend spielen und so entstand auch das zweite Tor aus einer Kontersituation. Soma verlor den Ball an der Mittelfeldlinie, Tabta spielte den ansonsten sehr gut aus dem Spiel genommenen Stürmer Bobo frei und der ließ Hedl keine Chance – 1:2 (63.). Der bei den gelben Karten teilweise seltsam agierende, sonst aber hervorragende Schiedsrichter entschied mit Hilfe seiner Assistenten korrekterweise nicht auf Abseits von Bobo.
Bis dahin konnte man mit Rapid und Pacult recht zufrieden sein, auch wenn das Risiko sich nicht auszuzahlen schien und vielleicht ein wenig zu sehr aufs Sichern vergessen wurde. Dann schmiss der Rapid-Trainer allerdings die Nerven weg. Er gab den Kampf ums zentrale Mittelfeld auf, nahm Trimmel vom Platz und zog Hofmann nach rechts. Mit Venegoor of Hesselink wurde der zweite Turm nach vorne gesetzt. Das unsägliche Rapid 4-4-2 hatte einen besonderen Effekt: Mit viel Platz und Zeit im Zentrum hatte Besiktas nun erstmal alles im Griff.
Eher zufällig entstand aus der Konstellation dann doch einmal der gewünschte Effekt: Eine Kavlak-Flanke auf Venegoor of Hesselink wurde vom Niederländer leider nicht eingenetzt. Nachdem Pacult mit Salihi für den wohl müde gewordenen Pehlivan (80.) einen äußerst zweifelhaften rechten Flügel brachte (warum nicht Saurer bringen und Kavlak nach rechts beorden?), war die Partie endgültig gelaufen. Der Rapid-Trainer hoffte wohl auf Standardsituationen, davon entstanden allerdings zu wenige. Zwar meinte der Puls 4-Kommentator zu diesem Zeitpunkt „Mehr Offensive geht nicht“, von einer Offensive ist man ohne Spielaufbau und Mittelfeld aber erwartungsgemäß weit entfernt.
Fazit: Rapid begann die erste Hälfte gut, wurde dann allerdings zu passiv. Pacult reagierte auf das Problem zur Pause sehr gut, ließ seine Mannschaft auf Sieg spielen – die logischen Konter, vor allem aber zwei dumme Fehler machten ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung. Gegen Ende hin basierte das Rapid-Spiel vor allem auf Zufall, und der meinte es nicht gut mit den Hütteldorfern. Die Niederlage hätte nicht sein müssen, war schlussendlich aber doch gerecht.
(tsc)