Südafrika 2010 – Tag 1 | Südafrika legte beinahe zu spät die Nervosität ab und kam zu einem verdienten 1:1 gegen Mexiko, bei dem sogar noch mehr möglich war. Die Franzosen schafften es nicht, den eher biederen Urus einen einzuschenken. Die Analysen des ersten Tages!
Südafrika – Mexiko 1:1 (0:0)
12 Minuten und 30 Sekunden – so lange mussten die beiden Teams im Eröffnungsspiel blöd herumstehen, weil sich Sepp Blatter und Jacob Zuma noch wichtig machen mussten, ehe die beiden (langen) Hymnen gespielt wurde. Zwölfeinhalb Minuten, in denen vor allem die international unerfahrenen Südafrikaner Nachdenken konnten, um die Größe des Moments.
Was man dem Gastgeber auch prompt anmerkte. Übernervös agierten die Südafrikaner, geistig viel zu langsam, unglaublich viele Fehlpässe. Die Mexikaner waren wesentlich bissiger und selbstsicherer. Auch eine Zuteilung bei Standardsituationen war in der südafrikanischen Defensive von der ersten Minute an nicht zu erkennen. Größter Schwachpunkt: Linksverteidiger Lucas Thwala. Er stand vor allem gegenüber den permanenten Vorstößen von Paul Aguilar (der Rechtsverteidiger war heute im rechten Halbfeld aufgestellt) völlig hilflos gegenüber. Die Position von Twhala war wie ein Abfluss ohne Stoppel – Aguilar und Giovani rissen diese Seite immer wieder auf.
Das verdeckte allerdings auch, dass Gaxa, der letztes Jahr schon einen starken Confed-Cup gespielt hatte, auf der anderen Seite alles zumachte. Carlos Vela fand nicht statt. Bei Südafrika schaffte es nach 15, 20 Minuten Steven Pienaar, ein wenig Struktur ins viel zu tief stehende Mittelfeld zu bringen. Schnell wurde sichtbar: Sobald Pienaar und seine Nebenleute ins schnelle Passspiel kamen, schauten die Mexikaner hinten nur noch zu. Viel zu oft allerdings war null Vorwärtsdrang zu erkennen, das ging alles viel zu langsam. Dass es mit einem 0:0 in die Pause ging, hatten die Südafrikaner nur der schrecklichen mexikanischen Chanceverwertung zu verdanken.
Weil Bafana-Teamchef Parreira nicht blind ist, ließ er Thwala in der Pause natürlich in der Kabine. Tsepo Masilela stopfte das horrende Loch, Aguilar kam nun überhaupt nicht mehr zur Geltung. Zudem standen die Südafrikaner deutlich höher und sie profitierten auch davon, dass Tshabalala, der nun nicht mehr das Chaos von Thwala hinter ihm aufräumen musste, merklich aufblühte. Aguirre sah indes, dass über rechts kein Durchkommen mehr war und wollte Guardado bringen, um nun die linke Seite zu stärken – die Mexikaner wurden aber vorher kalt erwischt. Die Abwehr war viel zu weit aufgerückt, ein toller Pass von Dikgacoi hebelte alles aus, Tshabalala drückte ab und traf.
Was den Südafrikanern nun endgültig Sicherheit verlieh, die Mexikaner aber vollends aus dem Konzept brachte. Torrado konnte dem Spiel null seinen Stempel aufdrücken, Guardado kam auf links genausowenig durch, auf der anderen Seite war nun komplett zu. Auch die Einwechslung von Hernández für Zehner/Center Franco brachte genau Nichts – der Neuzugang von Manchester United fand keinerlei Bindung zu Spiel. Zudem stand die mexikanische Offensive oft 50 Meter vor der Defensive, ohne echtes Bindeglied. Spielerisch kann so natürlich nichts gehen, die hohen Bälle kamen (anders als vom sensationellen Khune im südafrikanischen Tor) nicht an. Aguirre bracht den bulligen, eher langsamen Blanco brachte, das schaffte natürlich keine Abhilfe.
Dass doch noch der Ausgleich gelang, war zwei Faktoren zu verdanken: Der immer noch schwammig ausgeführten Zuteilung der Südafrikaner bei Standards und die Tatsache, dass ausgerechnet Kapitän Mokoena die eigene Abseitsfalle aushebelte. Torschütze Márquez spielte übrigens nicht, wie in der offiziellen Einblendung, als Sechser, sondern in der Innenverteidigung. Dafür rückte Osorio nach rechts, und seine mangelnde Spielpraxis war deutlich sichtbar. Er war von Anfang an nie wirklich im Bilde und war vor allem nach der Pause ein ständige Unsicherheitsfaktor. Besser machte es aber auch Rodríguez nicht, was vor allem bei Mphelas Pfostenschuss kurz vor Schluss deutlich wurde.
Fazit: Erst Mexiko stark und Südafrika hypernervös; dann die Gastgeber sicherer und die Mexikaner hilflos. Korrekte Punkteteilung.
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Uruguay – Frankreich 0:0
Hinten dicht und vorne Forlán: Uruguay hat es von Beginn an auf ein torloses Remis angelegt. Ribéry als Linksaußen sah sich mit Victorino (gelernter Innenverteidiger) und Maxi Pereira (gelernter Rechtsverteidiger) immer sofort zwei Gegenspieler auf sich, kam so überhaupt nicht zur Geltung. Auch Govou auf der anderen Seite kam überhaupt nicht zur Geltung. Der Effekt: Anelka turnte hinten herum, auch viel rechts, erkämpfte sich zwar Bälle, fand aber vorne keinen Kollegen, den er anspielen hätte können.
Hinzu kam, dass Yoann Gourcuff im offensiven Mittelfeld ein unfassbar schlechtes Spiel abgeliefert hat. Abou Diaby, der mit viel Abstand beste Franzose an diesem Abend, erkannte das schnell und versuchte bald, die Rolle von Gourcuff zu übernehmen. Diese Bemühungen wurden allerdings von der massiverten Defensive der Urus und der mangelnden Durchsetzungskraft vor allem von Govou und Ribéry torpediert. In der ersten Halbzeit wurde in einigen Situationen deutlich, dass die defensive Zentrale der Urus mit hohen Bällen zu knacken gewesen wäre, jedoch fielen viele Zuspiele deutlich zu hoch aus.
Die Französischen Außenverteidiger waren dafür wirklich fleißig, vor allem gegen Ende des Spiels war Sagna ein echter Rechtsaußen; Evra indes zog immer wieder recht früh Richtung Mitte. Effekt: Viel Ballbesitz, wenig Gefährliches. Die Wechsel von Domenech waren außerdem einigermaßen rätselhaft: Gourcuff (75.) durfte eine halbe Stunde zu lange spielen, Henry kam nicht als Hilfe für Ribéry auf die Seite, sondern als Solo-Stoßstürmer, und mit Govou ging auf der rechten Seite ein potentieller Partner für Sagna – Henry und Gignac standen sich in der Mitte aber mehr im Weg. So stand am Ende Henry und Gignac im Zentrum; Malouda und Ribéry teilten sich mit Evra die halblinke/linke Seite auf, rechts war aber nur noch Sagna. Unwucht im wirkungslosen Angriffsspiel war die Folge. Dass Domenech nach dem Spiel davon sprach, froh zu sein, nicht verloren zu haben, darf den Beobachter durchaus nachdenklich stimmen.
Uruguay spielte von Beginn an defensiv. Jeweils beide Außenspieler verteidigten, Diego Pérez machte die Mitte zu. Offensiv machte Ignácio González überhaupt keinen Stich; erst nach einer Stunde reagierte Tabárez und brachte mit Lodeiro einen Spieler, der die Rolle etwas zwingender auslegt. Die Folge: Uruguay stellte auf den Tannenbaum um (4-3-2-1), mit Forlán zentral vorne und dem völlig wirkungslosen Suárez und dem 18 Minuten nach seiner Einwechslung (zu recht) ausgeschlossenen Lodeiro auf einer Höhe dahinter. Vor allem Forlán versuchte viel und profitierte von diversen schlampigen Fahrlässigkeiten (vor allem in den ersten und letzten 15 Minuten) des mitunter indisponierten William Gallas. Einmal kam er gefährlich zum Abschluss, da hatten die Franzosen Glück.
Fazit: Eine Kopie des 0:0 von Busan vor acht Jahren. Den Franzosen fehlte damals Zidane verletzt, heute ließ Gourcuff komplett aus. Uruguay bekam mit dem 0:0, was das Team wollte; die Franzosen, was das Team verdiente.
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PS: Wohltuend souveräne und praktisch fehlerfreie Schiedsrichterleitungen bisher. So darf’s weitergehen.
(phe)