Zum Verbleib von Sebastian Prödl beim SK Sturm Graz: Es ist schade, dass er sich den Durchbruch im Ausland noch nicht zugetraut hat. Für seine persönliche Entwicklung wäre der Sprung ziemlich sicher ein guter gewesen. Und ob man nicht auch als sporadisch eingesetzter Bankerldrücker in Deutschland, Italien oder Englands Topp-Ligen gut genug für das österreichische Euro-Team wäre, sei dahingestellt. Prödl geht den vermeintlich sicheren Weg. Und er wird es schon noch schaffen, meint die optimistische Hälfte der Fußball-Nation. Dazu gehöre ich zwar prinzipiell auch, für wirklich klug halte ich die Entscheidung aber nicht.
Das Interesse an Prödl aus dem Ausland richtigen Fußball ist im letzten Sommer ohne Frage vor allem durch die tolle U20-Weltmeisterschaft gekommen. Schon damals hatte er zahlreiche Angebote, und schon da hätte ich intuitiv gesagt, dass er zusehen soll, dass er aus diesem katastrophalen heimischen Sumpf sofort rauskommt. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nicht besonders viel Erfahrung im Profi-Bereich (weil man in Österreich bekanntermaßen prinzipiell drei Jahre länger „zu jung“ dafür ist) und man konnte verstehen, dass er seine Form noch festigen wollte. Es kam so gut es ging. Sturm überzeugte alle, Prödl spielte eine hervorragende Herbstsaison.
Darum wollen ihn auch jetzt noch viele Klubs haben, von denen man als junger Kicker träumt. Allein bei einem Angebot aus Bremen würde ich selbst wahrscheinlich keine zwei Sekunden zögern und mit dem Kofferpacken beginnen. Ach was! Scheiss auf die Koffer! Wo ist die Zahnbürste? Dass angeblich auch Milan und englische Klubs ihre Augen auf Prödl richten, klasse! Milan wäre da wohl noch die schlechteste (weil sicher schwerste und ligamäßig in meinen Augen halt unattraktivste) Variante. Aber auch ein Jährchen in Trondheim und damit ein fast sicherer Auftritt in der Champions League (mit sehr guten Chancen, sich durchzusetzen) wäre nichts, was mir prinzipiell unfein erscheint.
Aber Angebote an mich bitte später schicken, hier jetzt zurück zu Prödl: Die große Leistung, mit welcher der Steirer das Saatgut für den Ruhm gestreut hat, ist mittlerweile über ein halbes Jahr her. Und mit jedem Monat rücken die nächsten Juniorenbewerbe näher, wo sich wieder hungrige Teams von Nachwuchskickern am großen europäischen Fußball anbiedern werden. Auch Werder Bremen, der scheinbar hartnäckigste Kandidat und die vermeintlich beste Station um sich weiter zu entwickeln, wird dort dann wieder hinschauen. Im Sommer, und ich glaube das weiß er auch, muss Prödl zusehen, dass er bei den Blackies Leine zieht. Mit Wehmut und von mir aus auch einer der üblichen Rückfahrkarten kurz vor der Fußballpension, aber doch.
Bis zum Sommer hat er jetzt das erhöhte Risiko und einen Haufen an Dingen, die gut laufen müssen, damit der Absprung auch klappt. Und nur eines davon hat er wirklich selbst und allein in der Hand.
Schon einmal einen guten Vertrag in der deutschen, englischen oder italienischen Liga in der Tasche zu haben, wäre für die Zukunft weit sicherer gewesen, als die vermeintliche Sicherheitsvariante, die Prödl gewählt hat.