Österreichs Fußball-Frauen zeigen im Testspiel gegen Europameister Holland eine stabile Defensivleistung, dazu gab es insgesamt drei Stangen- bzw. Lattenschüsse. Der „Nebel-Test“ von St. Pölten, welcher nach zwei Gegentoren aus Standards mit einer 0:2-Niederlage endete, bestätigte die bei der EM gezeigte, grundsätzliche Stärke des Teams.
Rein von der Systemgestaltung spielte Österreich wie bei der EM: Ein 4-1-4-1 im Ballbesitz und ein 5-4-1 mit Puntigam in der Abwehr, wenn der Europameister aus den Niederlanden den Ball hatte – und zuweilen, das war neu, auch eine Sechserkette hinten. „Um die Flügelspielerinnen besser kontrollieren zu können“, wie ÖFB-Teamchef Thalhammer erklärte. Diese Variante kam situativ vor allem in der Anfangsphase des Spiels zum Einsatz.
In Grundzügen war es jene Spielweise, die auch schon im EM-Viertelfinale Spanien nicht knacken konnte. Im Hinblick auf das WM-Quali-Spiel gegen Spanien in Palma de Mallorca in einem Monat war es also eine Schärfung der Stärken.
Der Nebel beeinträchtigte vor allem die Beobachtung des Spiels, aber auch auf dem Feld war er durchaus ein Thema, wie Jackie Groenen nach dem Match bestätigte: „Wenn der Ball normal im Spiel war, ging’s, aber wenn die hohen Bälle kamen, war das diffus blendende Flutlicht schon ein Problem, weil man den Ball nicht auf sich zukommen sah!“
Da das Spiel grundsätzlich der gewohnten Grund-Strategie folgte, hier einige Detail-Betrachtungen.
Gegner auf Vertikalspiel limitiert
Der Europameister verzichtete auf Flügelrakete Van de Sanden (verletzt, statt ihr spielte Beerensteyn) und zunächst auch auf Sturmspitze Miedema (angeschlagen). Jill Rood spielte als nominelle Center-Stürmerin in einem 4-3-3, aber tatsächlich rückte die gelernte Mittelfelspielerin in ihr gewohntes Umfeld zurück, agierte als Falsche Neun.
Vermutlich erhoffte sich Bondscoach Sarina Wiegman dadurch einen numerischen Vorteil im Raum zwischen Fünfer-Abwehr und Vierer-Mittelfeld bei Österreich, aber der Effekt verpuffte – Österreich kontrollierte den Zwischenlinienraum wieder sehr gut und limitierte Holland (ähnlich wie Spanien im EM-Viertelfinale) auf Querpässe zwischen Mittelinie und österrechischen Sechserraum.
Räume für Ballführende gut eng gemacht
Früher oder später war Holland gezwungen, mal einen Risikoball zu spielen. Dieser Pass kam auch immer wieder an, aber Österreich schaffte es durch schnelles Doppeln sehr gut, den Raum für die Ballführende eng zu machen, sie in einen Zweikampf zu verwickeln und den Schwung aus dem gegnerischen Angriff zu nehmen. Sehr selten gelang es Holland, sich in den Strafraum der Österreicherinnen zu spielen. Es gab längere Ballbesitzphasen, aber wenige Lösungen. Fast folgerichtig fielen beide Tore zum 2:0-Sieg der Europameisterinnen aus Standards (erst Freistoß, dann Ecke).
Holland wirkte auch deswegen so statisch, weil mit der bulligen Beerensteyn statt der Sprinterin Van de Sanden auf dem rechten Flügel ein wichtiges Element im Spiel der Oranje Leeuwinnen fehlte. Van de Sanden kann mir ihrem Tempo seht gut Abwehrreihen auseinander ziehen und Unordnung in den Gegner bringen. Ohne Van de Sanden gelang es Holland nie, Tempo ins Spiel zu bringen.
Ganz anders war es noch bei Österreichs Test in Holland im Juni: Da waren den ÖFB-Frauen die holländischen Tempo-Gegenstöße nur so um die Ohren geflogen, wenn sie gefühlt auch nur zwei Meter aufgerückt waren.
Hohes Aufrücken in Ballbesitzphasen
Wenn Österreich den Ball erkämpft hatte, ging es im Umschalten sehr schnell in die vertikale Richtung. Dabei fehlte zwar oft die Präzision und es war auch oft ein wenig Kopf-durch-die-Wand, dennoch gelang es immer, sich halbwegs im Angriffsdrittel festzusetzen.
Wenn die ÖFB-Frauen in Ballbesitz waren und sie den Ball in der gegnerischen Hälfte fixiert waren, trauten sie sich, hoch aufzurücken – und zwar mit der Abwehr-Kette an die Mittellinie. Das mahnte Carina Wenninger auf dem Feld auch selbst ein. „Dennoch: Es geht gegen Holland immer auch um die Konterverhinderung“ meinte Dominik Thalhammer nach dem Spiel.
Schiechtl gegen Martens
Die lange, wegen ihrer Größe etwas starksig wirkende Katharina Schiechtl gegen die kommende Weltfußballerin, die trickreiche und flinke Lieke Martens – ein übles Mis-Match? Auf den ersten Blick schon – aber dennoch kam Martens nicht annähernd so zur Entfaltung, wie es aufgrund ihrer Klasse zu befürchten gewesen wäre. Dabei hätte Holland ihre Ideen angesichts des eigenen, relativ statischen Spiels gut brauchen können.
Schiechtl aber ließ Martens selten zur Geltung kommen. Einmal tanzte sich die Barcelona-Spielerin die halbe Abwehr aus – es war ihre einzige wirkliche Torchance. Da und dort packte sie ihre Tricks aus, aber zumeist stand ihr Schiechtl auf den Zehen und ließ Martens nicht gewähren.
Fazit: Bestätigung des EM-Niveaus
Verglichen mit dem Lehrgeld-Test im Juni war es deutlich besser – auch, weil man das Spiel anders anlegte. „Damals wollten Österreich uns niederpressen und wir haben sie zweimal schnell ausgekontert“, erinnerte sich Bondscoach Sarina Wiegman, „daraus haben sie viel gelernt – das hat man auch bei der EM gesehen. Diese Aggressivität im Mittelfeld und ihre sichere Abwehr haben es uns heute extrem schwer gemacht.“
Für die ÖFB-Frauen war es das erste Spiel seit der EM gegen einen wirklich starken Gegner – das lockere 4:0 in Serbien fällt eher in die Kategorie „Pflichtaufgabe“. Dieser Test bestätigte aus österreichischer Sicht, dass man gegen starke Teams wenig zulassen kann. An der Präzision im Umschaltspiel fehlte es aber, wie auch schon im EM-Viertelfinale gegen Spanien und dem EM-Halbfinale gegen Dänemark.
Insgesamt war es trotz der Niederlage ein feiner Test gegen die derzeit vermutlich stärkste Mannschaft Europas (wiewohl diese nicht in kompletter Bestebesetzung angetreten ist), der gezeigt hat, dass die Leistungen bei der EM kein Zufall waren.
Seitenblick Dänemark
Das Team aus Dänemark, welches bei der EM im Halbfinale Österreich im Elferschießen besiegte und im Finale dann Holland unterlag, ist hingegen nicht aus sportlichen Gründen im Gespräch. Die Spielerinnen streiken, um zu erreichen, dass sie für sich und die U-21-Burschen ein professionelleres Umfeld erhalten (also ein Staff wie bei den Herren) und für die Zeit ihres Dienstes beim Nationalteam vom Verband versichert werden (was in Österreich der Fall ist). Derzeit fungiert die DBU juristisch als Reiseveranstalter – womit er naturgemäß im Fall der Fälle Kosten spart.
Das erste Quali-Spiel im September (in Ungarn) wurde im letzten Moment gerettet, weil man sich auf nach dem Spiel vertagen konnte. Nun, vor den Spielen in Schweden und Kroatien, spielte die DBU wieder auf Zeit. Hintergrund: Bei den letzten Verhandlungen mit den Herren gab der Verband nach einer Streikdrohung des Teams klein bei und fühlte sich danach über den Tisch gezogen. Nächstes Jahr stehen wieder Verhandlungen mit den Herren an – da will der dänische Verband keinen Präzedenzfall schaffen. Lieber versenkt man also die Frauen, die amtierender Vize-Europameister sind, als dass man den Herren nächstes Jahr wieder etwas mehr zahlen muss.
Das Spiel in Schweden wurde abgesagt (und wird vermutlich mit 3:0 für Schweden gewertet) – womit der Gruppensieg praktisch definitiv kein Thema mehr ist. Platzt auch das Spiel in Kroatien (am Dienstag), kann sich Dänemark auch das Playoff der vier besten Gruppenzweiten aufmalen. Es besteht sogar die Gefahr, dass Dänemark ausgeschlossen wird.
UPDATE: Man hat sich nun doch wieder auf einen temporären Deal geeinigt, der zumindest das Spiel in Kroatien sichert. Ausgestanden ist die Thematik damit aber sicher noch nicht.
Seitenblick England
Auch in England sind es spannende Zeiten. Mark Sampson, der die Lionesses als Teamchef in die Halbfinals von WM 2015 und EM 2017 geführt hat, hatte dunkelhäutige Spielerinnen mit rassistischen Sprüchen beleidigt – die langjährige Nationalspielerin Eni Aluko hatte die Sache intern angesprochen, woraufhin sie sofort suspendiert wurde. Es gab zwei Untersuchungen, die aber nur den Zweck hatten, Sampson reinzuwaschen: Mit den betroffenen Spielerinnen wurde nicht einmal gesprochen.
Als nun öffentlich wurde, dass sich Sampson bei seinem früheren Verein schon ungebührlich auch gegenüber Minderjährigen verhalten haben soll (was laut Insidern ein offenes Geheimnis in der Szene war), war Sampson aber nicht mehr zu halten und wurde wenige Tage nach dem 6:0 über Russland zum Start in die WM-Qualifikation entlassen. U-19-Teamchefin Mo Marley übernahm das Team vorerst interimistisch.
Eine dritte, unabhängige Untersuchung hat nun auch die Rassismus-Vorwürfe gegenüber Sampson bestättigt. Nun steht die Verbands-Spitze um den FA-Vorsitzenden Greg Clake unter Beschuss. Als Clarke vor zwei Jahren via E-Mail von den Vorwürfen der Spielerin erfahren hat, bestand seine Antwort auf die Spielervereinigung nur aus zwei Sätzen, deren Inhalt sinngemäß war: „Und warum genau sollte mich das interessieren?“
Clarke und FA-Geschäftsführer Martin Glenn mussten sogar vor dem Parlamentarischen Kommitee aussagen. Sie dürfen ihre Jobs behalten, aber die von Guardian aufgedeckte und auch von der BBC breit gespielte Affäre hat ihre Positionen sicher nicht gestärkt.